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Blockheizkraftwerke – die effektiven Regulatoren

Die Energiewende ist beschlossen, aber wie schnell und wie effektiv sie umgesetzt werden wird, ist erst seit kurzem in der Diskussion. Das Erstaunlichste dieser Diskussion ist die Tatsache, dass der potenteste Regulator für Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt, nämlich die Kraft-Wärme-Kopplung, außen vor bleibt. Für viele ist die KWK nur eine Form der Energieeffizienz – sie ist aber viel mehr. Ein Bericht von Tino Merz.

„Bei Windstille gibt’s kein Strom“, sagte mir ein ganz Schlauer; und er hat recht; man kann ergänzen: Nachts scheint keine Sonne; in der Tat! Aber es ist absolut nichts Neues in der Stromwirtschaft, dass Angebot und Nachfrage kein harmonisches Ehepaar sind. Die derzeitige Diskussion spricht von starken Nord-Süd-Trassen und von zusätzlichen Gaskraftwerken (und natürlich kommt dann immer wieder der Hinweis auf die Kernkraft), nicht aber von der Kraft-Wärme-Kopplung.

Die KWK in Form von BHKW (Blockheizkraftwerke, „Block“ bezieht sich auf Wohnblock) ist genau die Technik, die die Notwendigkeit von Gaskraftwerken bei hohem Niveau von Ökostrom minimieren bis ganz zum Verschwinden bringen kann. Darin ist sie alternativlos.

Und was die Trassen angeht: BHKW-Strom in großen Mengen wird flächendeckend erzeugt. Die kleinen Ökostrommengen der Fläche können effektiver eingebunden werden. Die gering Rolle der KWK und der zu geringe Zubau – im Gegensatz zu Strom und Wind – ist ein konzeptionelles Defizit der Energiewende, wie sie derzeit diskutiert wird. Der Fehler liegt darin, dass Kraftwerksstrom und Wind/Solar-Strom nebeneinander stehen, die in der Tat nicht gut zusammenpassen. Grundlastkraftwerke sind schwerfällig und Spitzkraftwerke teuer.

Die KWK harmonisiert mit dem Bedarf: es ist Grundlast und Spitzenlast zugleich und passt auch besser zum Jahresgang: der Strombedarf im Winter ist etwa 50% höher als der im Sommer. Nahwärmeheizungen, die Strom auskoppeln, beseitigen diesen Winterberg, ja können ihn in das Gegenteil verkehren. Das harmonisiert auch mit dem Solarstrom, der im Sommer in höherem Maß zur Verfügung steht.

Die Flexibilität ergibt sich aus der Planung: es sollten in einem BHKW 6 – 10 Motoren (Diesel oder Gas) bereitstehen ihre Abwärme je nach Bedarf ins Nahwärmenetz abzugeben. So flexibel ist keine Heizung. Im Winter ergibt sich eine große Grundlast (8 Monate), wenn man sich vorstellt, dass die Heizung in den Städten hauptsächlich aus der Nahwärme stammt. Im Sommer ergibt sich eine geringe Grundlast aus Warmwasserbereitung und gewerblichen Niedertemperaturbedarf.

Stundenweiser Spitzenstrom kann jederzeit abgerufen werden – etwa jener in der Vormittagsstunden. Der dabei entstehende  Wärmeüberschuss erhöht die Netztemperatur ein wenig. Diese verlustfreie Anpassungsfähigkeit hat sonst kein System der Stromerzeugung.

Die Effektivität hängt von der Größe ab, drei Beispiele:

  • HKW Würzburg – großes Netz, drei Kessel – η: 50%
  • BHKW Flensburg – dichtes Netz                 – η: 75%
  • BHKW – groß, Diesel                                  – η: 85 %
  • BHKW – klein – mittel, Gas                         – η: 95%

Zum Vergleich:

Stromerzeugung mittels Dampfturbine        – η: 33%

Nur für die Dampfturbine gilt: je größer desto effektiver. Das begründet sicher die Denkblockade bei den Ingenieuren, also der Mehrheit der Fachleute. Ich erinnere mich an eine Diskussion im großen Hörsaal der THWR Aachen. Ich war als Referent des Ökoinstitutes geladen und habe die „Energiewende“ des Ökoinstitutes (1978) vorgestellt. In der Diskussion wurde nichts unter 1 GW ernst genommen. Einer hat ernsthaft Fernwärme aus den großen Braunkohleblöcken vorgeschlagen. Man bedenke: 7 GW elektrisch führt 14 GW Abwärme über die Kühltürme ab, Temperatur 40°C!

Diese GW-Grundlasten sind Teil unserer Energie- und CO2-Probleme. Die Kernkraft trägt zum CO2-Problem bei, indem sie den Strommarkt für die BHKW blockiert. Die Windkraft und die Solarfelder liegen im MW-Bereich, die BHKW auch. Der Energiebedarf entsteht flächendeckend und die Energiebereitstellung kann auch flächendeckend erzeugt werden.

Die großen Summen sind nur ein Problem des Kopfes. So zu denken führt nur zu falschen Konzepten und man erkennt nicht die Lösungen, die schon vorhanden sind. So findet sich immer wieder die Behauptung dezentrale KWK genüge nicht. Wozu nicht? Weshalb nicht? Wir fühlen uns nach wie vor sicher versorgt, weil große Blöcke mit Überkapazität zur Verfügung stehen. Diese haben aber die Probleme gerade geschaffen, die seit dem Club of Rome diskutiert werden.

Es gehört auch an diese Stelle, dass KWK-Strom wirtschaftlich ist und dass eine Umstellung der Städte auf Nahwärme viele Arbeitsplätze auf Jahrzehnte schafft, aber auch hier sticht immer das Vorurteil: Umwelt ist teuer und gefährdet Arbeitsplätze. Das ist nach genauer Systemanalyse eher selten der Fall.

Quelle

Dr. Tino Merz 2012

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