CO2-Steuer kann Energiewende retten
Durch wirtschaftliche Zwänge und einseitige politische Interessen sind die Emissionen aus Kohlekraftwerken und die Luftbelastung durch Feinstaub wieder gestiegen – ein Rückfall in alte, längst überwunden geglaubte Zeiten mit fatalen Folgen für den Klimaschutz und großen Gefahren für die Energiewende. Nur durch die Einführung einer Kohlendioxidsteuer lässt sich das Marktgleichgewicht wieder herstellen. Von Eicke R. Weber
Die Energiewende ist auf einem guten Weg, möchte man meinen. Doch bei der Umsetzung gibt es auch einige Schattenseiten, vor allem ausgelöst durch wirtschaftliche Zwänge und einseitige politische Interessen. Die ehrgeizigen Pläne, Deutschland bei der Energiewende weiterhin eine weltweite Vorreiterrolle spielen zu lassen, sind dadurch in Gefahr geraten. Denn ausgerechnet die Stromgewinnung durch schmutzige Kohlekraftwerke steigt bei uns wieder an.
Die Fakten erschrecken: Im ersten Quartal 2013 hat die Erzeugung von Strom aus Steinkohle im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sieben Milliarden Kilowattstunden zugenommen, bei Braunkohle lag der Zuwachs bei zwei Milliarden Kilowattstunden. Nötig sind diese hohen Strommengen nicht, ein großer Teil davon fließt in den Export. Und bedenklich stimmt auch, dass der Kohlestrom die Gaskraftwerke verdrängt
Diese werden jedoch für die Energiewende benötigt, da sie eine Eigenschaft mitbringen, die den oftmals veralteten Kohlekraftwerken abgeht: Flexibilität.
Und Flexibilität ist notwendig, um ungünstige Wetterlagen auszugleichen oder auch nachts die Stromversorgung zu gewährleisten. Gaskraftwerke haben den Vorteil, dass sie minutenschnell reagieren können. Steinkohlekraftwerke dagegen sind viel langsamer regulierbar, bei Braunkohlekraftwerken sieht es noch schlechter aus. Da diese umweltschädlichen Kohlekraftwerke also quasi durchlaufen, erzeugen sie so viel Strom, dass die Betriebsstunden der Gaskraftwerke automatisch sinken und auch der Strom aus den erneuerbaren Energien abgeregelt wird.
Flächendeckende Umweltsteuer drängt Kohleverbrennung zurück
Als Folge dieser negativen Entwicklung sind die CO2-Emissionen in Deutschland erstmals seit der Wiedervereinigung wieder gestiegen. Für den Klimaschutz hat das fatale Folgen, denn giftige Emissionen aus Kohlekraftwerken und die Luftbelastung durch Feinstaub nehmen nun wieder zu. Ein Rückfall in alte, längst überwunden geglaubte Zeiten – und das im Jahr 2013.
Ich fordere daher die Einführung einer Kohlendioxidsteuer nach dem Vorbild Schwedens, wo es eine solche Steuer schon seit mehr als 20 Jahren gibt. Nur durch eine solche, möglichst flächendeckende Umweltsteuer können wir das Marktgleichgewicht wieder herstellen. Und nur so lassen sich die hohen globalen Belastungen durch die Verbrennung von Kohle deutlich vermindern.
Der zu diesem Zweck eingeführte Zertifikatehandel hat den anfangs erhofften Erfolg nicht erbringen können, da eine dringend notwendige Verknappung der Zertifikate politisch in vielen Ländern derzeit nicht gewünscht ist. So funktioniert dieses Instrument leider nicht. Ganz im Gegenteil: Kohlestrom hat durch die politische Steuerung, zuletzt durch das Europäische Parlament, sogar wieder an Attraktivität gewonnen – auf Kosten des Klimaschutzes und unser aller Gesundheit.
Eine Besteuerung von Kohlendioxid könnte sich dagegen direkt am Ausmaß der Verschmutzung orientieren, um das im Zertifikatehandel intendierte Ziel doch noch zu erreichen. Sie führt dazu, dass Kraftwerke sowie Unternehmen umweltfreundlicher produzieren. Dies wäre ein weiterer sinnvoller Schritt, unser Energiesystem langfristig auf eine Nutzung von 100 Prozent erneuerbarer Energien zu bringen. Wir sollten alles dafür tun, dass wir die ambitionierten Ziele der Energiewende nicht aus den Augen verlieren.
Deutschland besitzt dabei die einmalige Chance, diese epochale Aufgabe beispielhaft für andere Nationen anzugehen. Nur gemeinsam können Wirtschaft, Politik und Wissenschaft das schaffen, was andere Branchen hierzulande bereits erfolgreich vorgemacht haben: Neue Technologien zu einer Marktreife zu bringen, die dann in der ganzen Welt nachgefragt werden. Und Kohlekraftwerke gehören hier gewiss nicht mehr dazu.
Quelle
Eicke R. Weber 2013Der Autor ist Direktor des Fraunhofer- Instituts für Solare EnergiesystemeErstveröffentlichung: KLIMARETTER.INFO 2013