EEG-Entwurf: Wesentliche Kritik auf den Punkt gebracht
Solarenergie-Förderverein-Grundsatzkritik am EEG-Referentenentwurf.
Referentenentwurf: „Die Novelle des EEG soll den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung – als Zwischenziel auf dem Weg der Transformation der Energieversorgung – bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigern.“
SFV zur Einführung von Obergrenzen: Während die bisherigen Versionen der EEGs Mindestziele ohne Obergrenzen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien nannten, nennt der neue EEG 2014 Referentenentwurf für die Jahre 2025 und 2035 eine Unter- und eine nur um 5 Prozentpunkte darüber liegende Obergrenze. Erstmals wird damit in einem EEG eine Obergrenze des Ausbaus genannt.
Referentenentwurf: „Um diese Ausbauziele kosteneffizient zu erreichen, soll sich der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien auf die kostengünstigen Technologien konzentrieren.
Zu diesem Zweck wird mit diesem Gesetz die technologiespezifische Förderung stärker gesteuert, und die Kosteneffizienz wird durch den Abbau von Überförderungen, die Streichung von Boni und eine ambitionierte, stärker an dem tatsächlichen Zubau ausgerichtete Degression der Fördersätze verbessert.“
SFV zur ambitionierten Degression der Fördersätze: „Ambitionierte Degression der Fördersätze“ ist ein Euphemismus eigener Art! Ambitioniert bedeutet ehrgeizig oder mutig. Aber nicht der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll mutig vorangetrieben werden, sondern die Kosteneffizienz soll mutig verbessert werden. Es wird der Eindruck erweckt, als müssten den unersättlichen Erneuerbaren Energien die Überförderungen mutig wieder abgenommen werden.
SFV zum Missbrauch des Begriffs „Kosteneffizienz“: Natürlich steigt die Kosteneffizienz, wenn weniger Geld ausgegeben wird. Am höchsten ist die Kosteneffizienz, wenn gar kein Geld mehr ausgegeben wird und dennoch einige wenige Wind- und Solaranlagen entstehen. Denn Effizienz ist Erfolg dividiert durch Aufwand. Wer einen winzigen Erfolg durch einen Null-Aufwand dividiert, treibt die Effizienz gegen Unendlich. Trotzdem bleibt aber der Erfolg erbärmlich und es gehört wohl eher Mut dazu, die Entscheidung vor den nachfolgenden Generationen zu vertreten, die unter den Folgen weiterer Kohleverbrennung, dem sich verstärkenden Klimawandel und der Zunahme nicht entsorgungsfähiger radioaktiv strahlender Abfälle immer stärker leiden wird. Das ursprüngliche Ziel der Energiewende jedenfalls wird auf diese Weise aufgegeben.
SFV zur Einführung des Begriffs „Fördersätze“: Tief blicken lässt auch die erstmals in einem EEG verwendete neue Bezeichnung „Fördersätze“. Bisher erhielten Solaranlagenbetreiber genauso wie Atomkraftwerksbetreiber und jeder andere Stromerzeuger eine „Vergütung“ für den gelieferten Strom. Solaranlagenbetreiber sollen offenbar zukünftig „Fördersätze“ bekommen, die dann ambitioniert gekürzt werden können. Wie schön wäre es, wenn demnächst auch die „Fördersätze“ für Atomstrom entsprechend der anwachsenden Mengen an radioaktiven Abfällen entsprechend gekürzt würden!
SFV zum atmenden Deckel: Kommen wir zur nächsten versteckten Schlinge, die in diesem Gesetzesentwurf für die Erneuerbaren Energien ausgelegt wurde: Für viele arglose Leser ist die heimtückische Wirkungsweise einer „am tatsächlichen Zubau ausgerichteten Degression der Fördersätze“ nicht sofort erkennbar. Auf Deutsch: je mehr Solaranlagen gebaut werden, desto schneller erfolgt die Absenkung der Einspeisevergütung (Pardon, der Fördersätze). Diese spezielle Unterdrückungsmaßnahme betrifft ausschließlich die Solarenergie.
Die Folgen treffen weniger die Solaranlagenbetreiber, sondern (was immer wieder übersehen wird) insbesondere die Hersteller von Solarmodulen, Wechselrichtern und anderen solartypischen Komponenten. Das hat die Erfahrung der letzten Jahre mit dem sogenannten „atmenden Deckel“ bereits in erschreckender Weise gezeigt. Die Wirkungsweise kann man sich wie folgt vorstellen: Die Errichtung einer neuen Solarfabrik führt natürlich dazu, dass mehr Solarmodule auf den Markt kommen, diese werden nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage etwas billiger und das führt dazu, dass etwas mehr Solaranlagen gebaut werden. Der tatsächliche Zubau hat also zugenommen.
Doch jetzt setzt die am Zubau orientierte Degression der Fördersätze ein: Alle zukünftigen Solaranlagenbetreiber bekommen weniger Geld für den von ihnen gelieferten Strom. Die Folge: mit den von der neuen Solarfabrik gelieferten billigeren Solaranlagen kann man trotz des verringerten Preises kein Geld mehr verdienen. Die Solaranlagen müssen zukünftig also noch weit unter den kalkulierten Herstellungskosten verkauft werden und auch diese Solarfabrik in unserem Beispiel kann bereits im zweiten Betriebsjahr keinen Gewinn mehr erzielen. Es wäre nicht die erste von Insolvenz bedrohte Solarfabrik.
SFV zur fehlenden Planbarkeit: Dem Gesetzgeber ist durchaus bewusst, dass die am tatsächlichen Zubau ausgerichtete Degression der Fördersätze auch jede Planbarkeit erschwert. Darauf deutet ein Hinweis im Text des Referentenentwurfs vor dem § 32 hin, den wir hier wörtlich wiedergeben: „Hinweis: Die nachfolgenden Fördersätze bei PV sind Prognosewerte, weil aufgrund des geltenden atmenden Deckels noch nicht feststeht, wie hoch die Fördersätze im August 2014 sein werden…“ Wie unsicher werden die Prognosen dann wohl werden, wenn der atmende Deckel zukünftig auch noch ambitioniert eingesetzt werden wird?
Referentenentwurf: „Die Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt wird vorangetrieben, indem die Direktvermarktung grundsätzlich verpflichtend wird.“
SVF: Fehlende Voraussetzung für die Marktintegration
Wichtigste Voraussetzung für die Marktfähigkeit eines Produkts ist dessen Verfügbarkeit zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Wer kauft schon eine Megawattstunde Solarstrom oder Windstrom, wenn er nicht einmal weiß, wann sie geliefert wird. Die Marktfähigkeit von Solar- und Windstrom setzt deshalb die Speicherung dieser Energien voraus. Bekanntlich sind Stromspeicher noch teuer und ohne eine gezielte Markteinführung nicht finanzierbar. Bei aller Detailverliebtheit des Referentenentwurfs wurde dieser wichtige Punkt übersehen.
Die einzige Stelle, an der die Einspeisung von zwischengespeichertem EE-Strom ins Netz überhaupt behandelt wird, § 16 Abs. 4, bietet dem Betreiber eines Speichers keinerlei Vorteile oder Anreize. Die Fiktion, Solar- und Windstrom könnten sich durch Handel besser in das Stromversorgungssystem eingliedern lassen, ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit, denn Solar- oder Windstrom, der zu Zeiten entsteht, in denen ohnehin ein Überangebot von Strom im Netz vorliegt, lässt sich auch durch Handel nicht „integrieren“.
SFV zur Rolle des Vorrangs der Erneuerbaren Energien gegenüber dem Strom aus Grundlastkraftwerken: Zur Integration der Erneuerbaren Energien in den Strommarkt wird neben der Markteinführung von Zwischenspeichern in nicht allzu ferner Zeit die zügige Abschaltung von schlecht regelbaren Atom- und Braunkohlekraftwerken notwendig werden, um physikalisch Platz in den Hoch- und Höchstspannungsnetzen für Solar- und Windstrom zu schaffen. Diese Frage hätte in Artikel 2 des Referentenentwurfs (Dort werden Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes behandelt) geklärt werden müssen, doch findet sich dazu kein Hinweis.
SFV Mehrkosten durch Direktvermarktung: Die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie setzt die Verfügungsgewalt über die notwendigen Flächen voraus, insbesondere über die Dach- und Fassadenflächen von Gebäuden sowie über windgünstige Acker- Wiesen und Waldflächen. Deren Eigentümer gehen in der Regel einem Beruf nach. Die ihnen mit der Gesetzesnovelle auferlegte Aufgabe, den erzeugten Strom selbst auf dem Strommarkt anzubieten, kostet zusätzliche Arbeitszeit und Aufwand. Mit der weiter oben erwähnten Absicht zur Kosteneinsparung ist das nicht vereinbar.
SFV zur fehlenden Anwendungsfreundlichkeit: Abschließend eine Bewertung der Anwendungsfreundlichkeit der Gesetzesnovelle. Bei Gesetzen hängt die Anwendungsfreundlichkeit entscheidend davon ab, dass es möglichst wenige Ausnahmen gibt. Alte deutsche Gesetzgebungstradition war es, nur das Notwendige zu regeln. Diese Tradition wird hier in ihr Gegenteil pervertiert. Auf den 228(!) Seiten des Referentenentwurfs findet sich 40 mal das Wort „abweichend“.
Jedes „Abweichend“ bezeichnet eine Ausnahmeregelung. Ausnahmen können außerdem zu zweit oder dritt kombiniert auftreten. Die Kombinatorik besagt, dass die Zahl der Ausnahmen dann weit über die Zahl Tausend ansteigt. Eine solche Gesetzeshydra lässt sich nicht mehr vollständig prüfen, geschweige denn anwenden. Die Finanzierung sowohl von Produktionsanlagen, Montageanlagen und sogar von einzelnen Solar- und Windanlagen wird ein unwägbares Risiko für den Investor wie auch für die finanzierende Bank.
Quelle
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) 2014