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pixabay.com | Simon | Bürger haben unterschiedliche Erwartungen an die Kommunikation von Energieprojekten.

© pixabay.com | Simon | Bürger haben unterschiedliche Erwartungen an die Kommunikation von Energieprojekten.

Energieprojekte: Bürger wollen Informationen – aber nicht nach „Schema F“

Kommunikation von Energiethemen: Forscher der Universität Hohenheim haben bei den Bürgern vier Erwartungstypen identifiziert, die unterschiedlich informiert werden wollen.

Die Mehrzahl der Menschen in Baden-Württemberg interessiert sich sehr für Energiethemen. Besonders gefragt: das Thema erneuerbare Energien und die Energiewende, die von den meisten auch grundsätzlich mitgetragen wird. „Doch wenn es um ein konkretes Projekt geht, etwa ein Windrad oder ein Pumpspeicherwerk vor Ort, dann ist die Akzeptanz nicht mehr selbstverständlich“, berichtet Prof. Dr. Claudia Mast, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Hohenheim.

Die Sichtweise der Bürger ist eine andere als die der Fachexperten. Dieser Gegensatz kann ganze Projekte lähmen. Oft wird dann der Ruf nach mehr Information, Kommunikation und Beteiligung laut. Was genau die Menschen dabei erwarten, haben die Wissenschaftler um Prof. Dr. Mast nun untersucht – und sind auf sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen gestoßen.

Erwartungen an die Kommunikation klaffen auseinander

Für ihre Studie haben die Forscher in einem ersten Schritt zunächst 227 Bürger in ganz Baden-Württemberg nach ihren Erwartungen an die Kommunikation zu Energieprojekten befragt. „Die Teilnehmer wünschen sich eine neutrale, transparente und verständliche Kommunikation“, fasst Projektkoordinatorin Dr. Helena Stehle zusammen, „doch darüber hinaus klaffen die Erwartungen an das ‚Wie‘ der Kommunikation weit auseinander.“

Insgesamt haben Forscher vier verschiedene Erwartungstypen identifiziert:

  • Typ 1 – Anspruchsvoller Informationstyp: Will anspruchsvoll informiert werden, verhält sich aber passiv und hat eine Präferenz für lokalen Bezug bei Informationen,
  • Typ 2 – Aktiver Dialogtyp: Informiert sich aktiv und will sich einbringen sowie sich über viele Kanäle mit anderen austauschen,
  • Typ 3 – Nutzenorientierter Gesprächstyp: Steht einer Beteiligung offen gegenüber, aber andere sollen auf ihn zugehen. Er präferiert die persönliche Kommunikation, legt aber wenig Wert auf Informationen mit lokalem Bezug,
  • Typ 4 – Verschlossener heimatverbundener Typ: Ist ein detailgenauer und eher scheuer Beobachter, der informiert, aber nicht direkt involviert werden will. Direkten Austausch lehnt er ab.

Erwartungstypen nicht gleichmäßig verteilt

Diese Erwartungstypen sind in Baden-Württemberg sehr unterschiedlich verteilt, wie eine repräsentative Bevölkerungsumfrage, die in einem zweiten Schritt durchgeführt wurde, ergab. Hierzu befragten die Forscher 1.225 Bürger in Baden-Württemberg und werteten die Ergebnisse  für das Bundesland insgesamt sowie für seine vier Regierungsbezirke und zwölf IHK-Regionen – entsprechend den zwölf Industrie- und Handelskammern des Landes – aus.

Die Ergebnisse zeigen, dass in Baden-Württemberg der anspruchsvolle und der verschlossene Typ zu jeweils etwa 30 Prozent in der Bevölkerung vertreten sind, die anderen beiden zu je rund 20 Prozent. „In der Medienberichterstattung dominiert jedoch oftmals der aktive Typ, der dadurch mehr im Bewusstsein ist“, so Prof. Dr. Mast.

Auch auf Ebene der Regierungsbezirke sowie der IHK-Regionen im Land zeigen sich Unterschiede. „In Stuttgart dominiert beispielsweise der verschlossene Typ, in den Bezirken Karlsruhe, Tübingen und Freiburg ist dagegen der anspruchsvolle Informationstyp stark vertreten“, erläutert Dr. Stehle die Unterschiede. Auch die Größe des Wohnortes spiele eine Rolle: „Bei den zurückhaltenden Typen 3 und 4 kommen mehr Menschen aus Großstädten als bei den anderen Typen, beim aktiven Typ 2 dagegen verstärkt aus kleineren Ortschaften.“

Individuelle Ansprache statt Einheits-Kommunikation

„Die verschiedenen Erwartungstypen wollen individuell angesprochen werden. Die Kommunikationsangebote sollte man daher gezielt zuschneiden, damit sie zu den Menschen passen“, empfiehlt Prof. Dr. Mast. So können beispielsweise persönliche Angebote vor Ort für den aktiven Dialogtyp geschaffen und schriftliche Informationen für die zurückhaltenden Typen angeboten werden.

Um das zu schaffen, müssen die Verantwortlichen die Zusammensetzung der Bürger vor Ort näher analysieren. „Unternehmen und Politik entwickeln bei der Kommunikation von Energieprojekten gerne viele Maßnahmen für alle – aber eine einheitliche, undifferenzierte Kommunikationsstrategie funktioniert nicht“, warnt Dr. Stehle.

Claudia Mast & Helena Stehle „Energieprojekte im öffentlichen Diskurs. Erwartungen und Themeninteressen der Bevölkerung“

Quelle

Universität Hohenheim 2016

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