Energiewende in Eigenregie: Unternehmen als Vorreiter
Deutsche Unternehmen und Konzerne nehmen die Energiewende zunehmend in Eigenregie in Angriff. Das belegen eine aktuelle Erhebung unter deutschen Vorreiterunternehmen der Nachhaltigkeit und die jüngste Geschäftsentwicklung großer deutscher Ökostromanbieter. Laut einer Umfrage des Ökohaus-Anbieters Baufritz unter den bisherigen Preisträgern des Deutschen Nachhaltigkeitspreises greift von denen bereits mehr als die Hälfte auf „grünen“ Strom zurück.
Einige der Unternehmen produzieren den „Grünstrom“ sogar selbst. Auch große deutsche Ökostrom-Anbieter konnten im vergangenen Jahr viele kleine und große Unternehmen neu in ihrem Kundenkreis begrüßen. Nachhaltigkeit, heißt es aus der Branche, habe in der deutschen Wirtschaft nach der Reaktorhavarie von Fukushima erheblich an Stellenwert gewonnen.
„Satte Zuwächse“ bei den Firmenkunden verzeichnet zum Beispiel der Hamburger Anbieter Greenpeace Energy. Die nach eigenen Angaben größte Energiegenossenschaft Deutschlands beliefert laut Sprecherin Kirsten Brodde deutschlandweit schon 8.000 Unternehmen mit „grünem“ Strom. Das Interesse der Wirtschaft an Ökostrom sei zuletzt deutlich gewachsen, sagt sie.
Das bestätigt auch die Geschäftsführung der Düsseldorfer Strom und Handelsgesellschaft Naturstrom, die rund 20.000 Gewerbekunden betreut, größtenteils kleinere Unternehmen. Beim Ökostromanbieter Elektrizitätswerke Schönau stieg der Anteil der Firmenkunden in den vergangenen zwölf Monaten um zehn Prozent, wie das im Schwarzwald ansässige Unternehmen auf Anfrage mitteilte.
Der Branche zufolge stiegen vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen auf „Grünstrom“ um. Doch auch viele Großkonzerne nehmen die Energiewende in die eigene Hand. Das zeigt eine im Februar veröffentlichte Kurzumfrage des Ökohaus-Pioniers Baufritz unter den bisherigen Preisträgern des Deutschen Nachhaltigkeitspreises, an der sich 29 Unternehmen beteiligt haben.
Acht Unternehmen gaben demnach an, bereits eigenen Ökostrom zu produzieren oder zu 100 Prozent zertifizierten Ökostrom zu beziehen, darunter Branchenriesen wie der fränkische Sport- und Lifestylekonzern Puma, der Kölner Einzelhändler Rewe Group oder der Verbrauchsgüterhersteller Unilever Deutschland, Hamburg. Von allen befragten Unternehmen beziehen 16 Ökostrom. 15 bilanzieren außerdem die von ihnen ausgestoßenen CO2-Emissionen.
Die Chefin des schwäbischen Ökohaus-Herstellers Baufritz, Dagmar Fritz-Kramer, sagt, die Umfrageergebnisse belegten aus ihrer Sicht, dass „die Dringlichkeit einer Energiewende zumindest bei den nachhaltig denkenden Unternehmen angekommen ist“. Sie sehe aber auch, dass Industriebetriebe in Deutschland noch große Aufgaben zu bewältigen hätten, wollten sie atomstromfreie und klimaschützende Produkte herstellen.
Industrieunternehmen mit hohem Energiebedarf sind nach Angaben der deutschen Ökostromanbieter bislang noch nicht in großer Zahl zu „grünem“ Strom gewechselt. Aus der Branche heißt es, ein Grund seien ihre meist langfristig geltenden Lieferverträge mit konventionellen Energieversorgern. „Gerade Industrieunternehmen können oft nicht so, wie sie wollen“, so Sebastian Sladeck, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau.
Quelle
Rat für Nachhaltige Entwicklung 2012