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Kohlekraftwerke sind künftig nicht mehr rentabel

Eicke R. Weber ist für die Einführung einer weltweiten Besteuerung des CO2-Ausstoßes.

Die starke Belastung des selbst verbrauchten Solarstroms mit 50 Prozent der EEG-Umlage enthält erhebliche Gefahren für den Zubau der Photovoltaik (PV) in Deutschland, der sich ja bereits im Vergleich zu 2012 halbiert hat. Bei nur noch circa zehn Cent pro Kilowattstunde Gestehungskosten von PV-Strom aus größeren Anlagen entsprechen diese etwa drei Cent pro Kilowattstunde einer 30-Prozent-Belastung. Eine derart hohe Steuer müssen selbst Luxusgüter nicht tragen. Von Eicke R. Weber

Sehr viel vernünftiger ist die vom Bundesrat vorgeschlagene Alternative einer nur 15-Prozent-Belastung, also circa ein Cent pro Kilowattstunde, die für alle verwendet werden sollte. Die Einspeisung erneuerbaren Stroms führt zur Senkung der Preise an der Leipziger Strombörse, die gerade der energieintensiven Industrie in Deutschland zugutekommt. Daher gibt es keinen Grund, die 15 Prozent EEG-Umlage nicht auf alle Stromverbraucher auszudehnen, einschließlich der jetzt ausgenommenen energieintensiven Wirtschaft sowie des Eigenverbrauchs der Kraftwerke. Damit ließe sich Gerechtigkeit, die Solidarität der Stromverbraucher, tatsächlich erreichen. Die Abgeordneten des Bundestages sollten in dieser für die Weiterführung der Energiewende kritischen Frage vernünftig entscheiden. 

Ein zentrales Ziel der Energiewende ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes, und hier tut sich sehr wenig: Der Ausstoß Deutschlands an diesem extrem klimaschädlichen Gas steigt durch die Umstellung von den relativ CO2-gün- stigen, flexiblen Gaskraftwerken auf die für die Energiewirtschaft lukrativeren, schwer regelbaren Kohlekraftwerke weiter an. In der Lausitz sollen heute Dörfer enteignet und umgesiedelt werden, damit 2027 (!) mit dem Abbau der extrem klimaschädlichen Braunkohle begonnen werden kann – für Kraftwerke, die wir nach 2030 gar nicht mehr brauchen sollten. Der Grund dafür ist bekannt: Der Mechanismus zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist kaputt, der Zertifikatehandel wurde durch eine zu großzügige Ausgabe freier Zertifikate überlastet. Die jetzt gehandelten Zertifikate sind so billig, dass sie den finanziellen Vorteil von Kohlekraftwerken nicht kompensieren. Natürlich könnte man dies reparieren, indem wir uns in der EU auf einen Preiskorridor für den Preis der Zertifikate einigten. Damit würde allen Kraftwerksbetreibern klar, dass nach 2030 Kohlekraftwerke in Deutschland nicht mehr rentabel sind. 

Es gibt aber noch eine Alternative: eine direkte CO2-Steuer. Wenn wir selbst den bisher mit vielen Milliarden geförderten Solarstrom mit Abgaben belasten, warum nicht auch den CO2-Ausstoß? Eine derartige, jährlich planbar steigende Belastung wäre sehr viel leichter zu verwalten als der komplexe Zertifikatehandel, und sie ließe sich leichter auf andere Länder ausdehnen. Schweden hat bereits eine solche Steuer, und zur Akzeptanz bei der Einführung trug sicher bei, dass damit eine Senkung der Einkommensteuer verbunden wurde, die Steuer also keine zusätzliche Belastung darstellte. Auch bei uns gäbe es sicher zahlreiche Ideen, wie diese Milliardeneinnahmen zur Steuersenkung verwendet werden könnten. 

Im Herbst beginnen die Gespräche zur Vorbereitung der für die Klimazukunft der Welt entscheidenden Pariser Konferenz 2015. Seit dem Scheitern der Kopenhagener Klimakonferenz 2009 wurde vergeblich versucht, weltweit bindende Grenzen zum CO2-Ausstoß zu vereinbaren. Es ist nun an der Zeit Alternativen zu besprechen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Dazu gehört der Versuch, eine Koalition der Willigen für eine weltweite Abgabe auf den CO2-Ausstoß zu bilden. Beginnend mit der EU sollten zunächst die USA und Japan dazu eingeladen werden. Importe aus Nichtteilnehmerstaaten könnten mit Abgaben entsprechend dem CO2-Inhalt der Produkte belastet werden. 

Damit könnte ein mächtiger, langfristiger Prozess starten, der auch zum raschen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ganz ohne Subventionen beiträgt. Strom aus Sonne und Wind werden wachsende Kostenvorteile bieten. So lässt sich eine deutliche Reduzierung der weltweiten klimaschädlichen Emissionen erreichen, der Jahrhundertaufgabe unserer Generation, ohne die wir unseren wunderschönen blauen Planeten künftigen Generationen in einer miserablen Verfassung übergeben werden.

Quelle

Eicke R. Weber 2014 | Der Autor ist Direktor des Fraunhofer- Instituts für Solare Energiesysteme | Erstveröffentlichung „Badische Zeitung“ | 07.06.2014

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