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Öl ist nicht gleich Öl

Der Erdölverbrauch der Menschheit erreicht dieses Jahr die historische Marke von 100 Millionen Barrel. Täglich. Die Statistik der globalen Ölversorgung verschleiert allerdings die Lage auf dem Weltmarkt. Pseudo-Öle und Öl-Substitute verschönern die Bilanzen und beseitigen die Spuren der Endlichkeit. Von Manfred Kriener und Jörg Schindler

In diesem Jahr soll es so weit sein. Die aktuelle Prognose des Erdölverbrauchs der Menschheit erreicht eine historische Marke. Für das vierte Quartal 2018 sagt die Internationale Energieagentur IEA in Paris erstmals 100 Millionen Barrel voraus. Nicht im Jahr, sondern pro Tag. 100 Millionen Fass Öl: Das ist der berühmte Güterzug aneinander gekoppelter Ölwaggons, der von Süditalien bis zum Nordkap reicht. An jedem Tag.

Das ist eindrucksvoll, aber eigentlich eine Falschmeldung. Denn in dem Tausende Kilometer langen Güterzug befindet sich alles Mögliche, das per Definition eigentlich gar kein Öl ist, sondern eher Pseudo-Öl oder Öl-Ersatz.

Öl ist nämlich keine einheitliche Handelsware wie Eisen oder Kupfer, man muss schon etwas genauer hinsehen. Nicht alles, was in den Medien und auch in einschlägigen Statistiken als Öl auftaucht, ist unter dem Blickwinkel von Rohöl als geologischer Ressource auch tatsächlich Öl.

So befinden sich in den Waggons unseres Güterzugs auch „Biosprit“ und Ethanol oder die bei der Erdgasförderung gewonnenen flüssigen Kondensate, Natural Gas Liquids genannt. Obwohl Öl, Ölpreis und Ölförderung in der Öffentlichkeit ständig präsent sind, weiß kaum noch jemand, worüber wir eigentlich reden, wenn es um den wichtigsten fossilen Energieträger geht.

Denn Öl ist nach wie vor mengenmäßig die Nummer eins unter allen Energieträgern. Der Verkehr, das Rückgrat der modernen Industriegesellschaften, ist trotz des zarten Booms des Elektroautos noch immer zu mehr als 90 Prozent auf die immer wieder gern zitierten „Tränen des Teufels“ angewiesen, auf das Öl.

Hinter dem Begriff verbergen sich inzwischen aber höchst unterschiedliche Kohlenwasserstoffverbindungen mit stark abweichenden Energie- und Schwefelgehalten sowie unterschiedlicher Dichte, die zu ebenso unterschiedlichen Preisen gehandelt und verkauft und zudem für unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten aufbereitet werden.

Was wir gemeinhin mit den Begriffen Erdöl oder Rohöl assoziieren, ist „Crude Oil“, also konventionell gefördertes, „klassisches“ Rohöl mit einem hohen Energiegehalt, das in den weltweiten Raffinerien leicht zu verarbeiten ist. Davon gibt es aber immer weniger.

Steigende Mengen verbuchen dagegen die Natural Gas Liquids (NGL). Diese flüssigen Nebenprodukte der Erdgasförderung sind Kohlenwasserstoffe, die je nach Druckverhältnissen mal flüssig und mal gasförmig anfallen. NGL bilden gewissermaßen den gleitenden Übergang zwischen Gas und Öl.

„Öl“ mit niedrigem oder sogar negativem Energiegehalt

Doch ihr Energiegehalt liegt bei gleichem Volumen im Vergleich zu richtigem Öl nur bei 70 Prozent. An den Rohstoffbörsen werden NGL nicht als Rohöl verkauft. Ebenso wenig Biodiesel oder Ethanol, denn beides sind lediglich Substitute für Öl. Dennoch werden sie in vielen Öl-Statistiken als gleichwertiger Rohstoff geführt.

Hier können Sie den Hintergrund weiterlesen

IEA | iea.org | Ölnachfrage und Ölversorgung steigen und steigen.
Quelle

Der Hintergrund wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Von Manfred Kriener und Jörg Schindler) 2018 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden!   

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