Photovoltaik ist nicht das Problem – fehlende Flexibilität bremst die Energiewende
Die aktuellen politischen Angriffe auf private Investitionen in Photovoltaik verfehlen die eigentlichen Herausforderungen im Energiesystem.
Statt die Einspeisevergütung für PV-Dachanlagen zu streichen, wie von Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche ins Spiel gebracht, braucht es dringend Maßnahmen, um den Solarstrom volkswirtschaftlich optimal zu nutzen. Das Bündnis Bürgerenergie warnt: Nicht zu viel Photovoltaik ist das Problem, sondern zu wenig Flexibilität im Stromsystem.
Falsche Debatte zur falschen Zeit: Photovoltaik ist nicht das Problem – fehlende Flexibilität bremst die Energiewende
Katherina Reiches politische Angriffe auf private Investitionen in Photovoltaik gehen an den eigentlichen Herausforderungen im Energiesystem vorbei. In einem Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen“ am Wochenende drohte die Bundeswirtschaftsministerin damit, die Einspeisevergütung für PV-Aufdachanlagen zu streichen. Statt die Stromerzeugung aus Sonnenenergie auszubremsen, müssen endl ich die Voraussetzungen geschaffen werden, um diese volkswirtschaftlich optimal zu nutzen. Es gibt nicht zu viel Photovoltaik, sondern zu wenig Flexibilität im Stromnetz. PV-Anlagen produzieren heute Strom zu extrem niedrigen Gestehungskosten. Das Problem liegt nicht in der Menge. Entscheidend ist die fehlende Infrastruktur. Zudem fehlen geeignete Steuerungs- und Marktmechanismen, um diesen Strom effizient in das Energiesystem zu integrieren.
Ausgerechnet bei PV-Dachanlagen setzt Energieministerin Reiche den Rotstift an. Statt auf private Investitionen in dezentrale Solaranlagen zu setzen, und damit Strom aus Bürger*innenhand, will sie fossiles Gas, teure Mini-AKW und den klimapolitisch fragwürdigen blauen Wasserstoff fördern und damit den Strompreis erhöhen. Das ist energiepolitisch ein Rückschritt, und wirtschaftlich und sozial unsinnig.
“Wer heute Dach-PV und Energy Sharing bremst, bremst Innovation, Teilhabe und Klimaschutz – und setzt stattdessen auf fossile Irrwege“, kritisiert Valérie Lange, Leitung Energiepolitik und Regulierung beim BBEn.
Dezentraler Solarstrom ist die Lösung, nicht das Problem
Photovoltaik auf privaten und kommunalen Dächern liefert sauberen, günstigen Strom direkt vor Ort: Das reduziert teure fossile Energieimporte, hält Wertschöpfung in der Region, macht uns unabhängiger von Krisen an den Rohstoffmärkten und schont Klima und Umwelt. Gerade in Verbindung mit lokaler Nutzung für Wärme, Mobilität und Industrie ist Dach-PV ein strategischer Standortvorteil für unser Land. Wenn Reiche künftig Großprojekte stärken und Bürgerprojekte ausbremsen will, hat das Folgen: Das Potential der Dächer für PV-Anlagen wird verschenkt, die Kommunen erreichen ihre Klimaziele langsamer, die Wertschöpfung fließt in andere Länder ab, die uns von fossiler Energie weiter abhängig machen und die Versorgungssicherheit in Deutschland ist langfristig gefährdet.
„Jede verzögerte Kilowattstunde Solarstrom kostet uns dreifach– in Euro, Sicherheit und CO₂. Jetzt ist der Zeitpunkt für mehr Dach-PV, nicht für weniger.“, so Lange weiter.
Bürgerenergieprojekte bringen nicht nur Kapital und Know-how aus der Mitte der Gesellschaft mit, sondern auch gesellschaftlichen Rückhalt für die Energiewende. Energy Sharing – der gemeinsame Verbrauch selbst erzeugter Energie innerhalb einer Nachbarschaft oder Kommune – macht die Energiewende erlebbar und senkt die Stromkosten vor Ort. Allein die Ankündigung von Kürzungen und Zusatzabgaben verunsichert Bürger*innen, Kommunen und Investor*innen. Sie treibt die Finanzierungskosten nach oben und lässt dringend benötigte Projekte scheitern. Wir brauchen jetzt klare, verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und mehr Spielraum für flexible, gemeinschaftliche Nutzung erneuerbarer Energie.
Notwendige Reformen statt Bremsmanöver
Statt über Einschnitte zu sprechen, braucht es klare Anreize und technische Voraussetzungen für systemdienliches Verhalten wie den zügigen Rollout von Smart Metern, variable Netzentgelte und schnelle Netzanschlussverfahren.
Die aktuelle Diskussion über die private Photovoltaik basiert auf falschen Prämissen und führt zu falschen Schlussfolgerungen. Statt Bürger*innen-Solar zu schwächen, muss die Politik Flexibilitäten im Stromsystem stärken, um den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien optimal zu nutzen. Daher fordern wir: Mehr statt weniger Dach-PV-Ausbau. Energy Sharing statt Energiewende-Stopp. Zubau von Flexibilitäten und Speichern. Die Digitalisierung der Netzinfrastruktur nach vorne bringen, anstatt eine Rolle rückwärts in der Energiewende zu machen. Nur so kann die Energiewende mit gesellschaftlichem Rückhalt gelingen.