Solarenergie zu teuer, Herr Rösler und Herr Großmann?
Eines ist so sicher wie der Sonnenaufgang morgen früh: Der Siegeszug einer Energiebranche, die in Zukunft weder Uran noch Kohle braucht. Seit einigen Wochen ist Solarstrom in Deutschland auch noch billiger als der Haushaltstrom aus der Steckdose.
Und ausgerechnet jetzt sagen in den letzten Tagen Wirtschaftsminister Philipp Rösler, RWE-Chef Jürgen Großmann und der „Spiegel“ in einer spektakulär aufgemachten Story übereinstimmend: Solarstrom sei zu teuer, das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) sollte abgeschafft werden.
Rösler will die Solarförderung radikal kürzen und deckeln – sie ist ihm einfach zu erfolgreich. Großmann hat erkannt, dass Solarenergie „in Deutschland etwa so ist wie Ananas in Alaska anbauen.“ Und der „Spiegel“ titelte: „Hohe Kosten, kaum Leistung“.
Ganz überrascht und zutiefst erschrocken, haben die Spiegel-Kollegen auch schon gemerkt, dass in Wintermonaten hierzulande weniger Sonne scheint als in den Sommermonaten.
Bei so viel geballter Ignoranz gepaart mit Lobbyisten-Arbeit der Atomfreunde feiert auch der größte politische und publizistische Unsinn Hochkonjunktur.
Erstens: Nie waren Solarmodule preiswerter als heute – dank des EEG. Von einem Euro pro Kilowattstunde Solarstrom im Jahr 1988 sind wir inzwischen bei 20 bis 24 Cent Ende 2011. In wenigen Jahren ist Solarstrom die billigste Energiequelle weltweit.
Und ausgerechnet jetzt – mitten in einer beispiellosen Erfolgsgeschichte, die in wenigen Jahren 120.000 neue, zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen hat – will der für die Wirtschaft zuständige Minister die Erfolgsgeschichte der Solarenergie ausbremsen. Kein Wunder, dass diese Rösler-FDP eine Zwei-Prozent-Partei wurde.
Zweitens: Der Solarstrom zerstört natürlich ein lieb gewordenes Geschäftsmodell der alten Stromwirtschaft. Mittags, wenn in Deutschland am meisten Strom gebraucht wird, wird zugleich am meisten Solarstrom erzeugt. Dadurch drücken die vielen Solarzellen den Strompreis an der Leipziger Strombörse, was die Kunden freut, aber die Atomstrombosse ärgert. Sie verdienen weniger.
Drittens: Zum Glück hat sich Umweltminister Norbert Röttgen von seinem inkompetenten Kollegen Rösler nicht kirre machen lassen. Das EEG, die privilegierte Einspeisung der Erneuerbaren und die langfristige Vergütung bleiben bestehen, wenn auch reduziert. Das ist vertretbar, denn durch Massenproduktion werden die Anlagen immer preiswerter.
Ein Fortschritt ist, dass die Absenkungen der Einspeise-Vergütung nicht mehr in wenigen großen Sprüngen, sondern künftig in kleinen Schritten und monatlich erfolgen werden. Das ist vernünftig und für die Solarbranche einfacher und berechenbarer zu verkraften. Absenkungen in kürzeren Intervallen war auch ein Vorschlag von Hermann Scheer, den er in seinem letzten Gespräch Norbert Röttgen gab.
Das erfolgreiche deutsche EEG wurde inzwischen von 48 Regierungen übernommen. Selten war ein Gesetz so erfolgreich. Es abzuschaffen wäre töricht gewesen. Die Branche muss den Sonnenuntergang nicht befürchten.
Die Branche und die Wähler sollten freilich wachsam bleiben. Dies war nicht der letzte Versuch, das EEG zu killen. Es hat nur einen Nachteil für die alten Energieversorger und ihre politischen Handlanger: Seinen Erfolg.
Der ökonomisch unschlagbare Vorteil der künftigen ökologischen Energieversorgung ist: Die Sonne schickt uns keine Rechnung. Solarstrom wird langfristig der preiswerteste Strom auf der ganzen Welt. Das ist ein Naturgesetz.
Quelle
© Franz Alt 2012