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Stadtwerke Haßfurt zeigen eindrucksvoll, wie man mit Power to Gas 100 Prozent Ökostrom meistert

So werden in Haßfurt bereits 9,5 MW Solaranlagen, 30,9 MW Windkraftanlagen, 2,35 MW Biogas und 3,0 MW KWK-Anlagen betrieben.

Immer noch beherrschen die Bedenkenträger mit den Argumenten der alten Energiewirtschaft sowohl die großen Medien, als auch die von Union, SPD und FDP dominierte Berliner und Brüsseler Politik. Zentrales Argument ist, man könne den Energiebedarf nicht mit Erneuerbaren Energien alleine decken. Der Ausgleich der Schwankungen von Solar- und Windenergie, sowie die Netzintegration sei nur mit Grundlast von Kohle und Atom machbar.

Vom kleinen Stadtwerk in der Stadt Haßfurt mit 14 000 Einwohnern in Unterfranken können alle Bedenkenträger unzählige Details lernen, wie man mit Erneuerbaren Energien und Speichern die Versorgung ökonomisch und technisch sicherstellen kann. Haßfurt wurde deshalb als Perle der Energiewende von der Heinrich-Böll-Stiftung ausgezeichnet.

Norbert Zösch erklärte, Geschäftsführer der Stadtwerke Haßfurt, zusammen mit dem Haßfurter Bürgermeister Günter Werner, mir und MdB Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) ausführlich, welche umfangreichen Maßnahmen in Haßfurt bereits ökonomisch und technisch auf dem Wege zu einer 100-prozentigen Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien umgesetzt wurden.

So werden in Haßfurt mit dem Investitionskapital von Stadtwerken, Unternehmen, Bürgern, Energiegemeinschaften, dem Landkreis oder anderen Akteuren bereits 9,5 MW Solaranlagen, 30,9 MW Windkraftanlagen, 2,35 MW Biogas und 3,0 MW KWK-Anlagen betrieben. Damit produzieren die Haßfurter bilanziell 195 Prozent ihres Strombedarfes selbst. Die Abwärme der Biogasanlage, Wärme aus Solarkollektoren und weiteren Erneuerbaren Energien-Anlagen wandern in die Nahwärmeversorgung und decken so bereits etwa 15 Prozent der benötigten Wärme im Stadtgebiet regenerativ. Ladestationen für E-Mobile sind seit vielen Jahren realisiert.

Intensiv und erfolgreich arbeiten die Stadtwerke Haßfurt auch am Ausgleich der Schwankungen und der Systemintegration der Erneuerbaren Energien in das Netz der Stadtwerke.

Zusammen mit Greenpeace Energie betreiben die Stadtwerke sogar ökonomisch erfolgreich eine Power to Gas-Anlage. Aus dem Überschuss von Windstrom wird über Elektrolyse Wasserstoff hergestellt. Dieser wird zu fünf Prozent in das Gasnetz der Stadtwerke eingespeist. Greenpeace Energy verkauft zusätzliches Windgas an die Kunden, die bei ihnen grünes Gas geordert haben. Der Effekt: die 13 Windräder der Stadtwerke müssen nur selten abgeregelt werden.

Auch für eine angebotsgerechte Stromnachfrage geben die Stadtwerke ihre Stromkunden hervorragende Anreize. Eine von Schülern des Haßfurter Gymnasiums entwickelte App gibt allen Haßfurter Stromkunden die Möglichkeit, den eigenen Strom-, Gas- und Wasserverbrauch zu kontrollieren und in den kostengünstigsten Tarifzeiten sogar zu steuern. Möglich macht dies ein in jedem Haushalt kostenlos installierter Smart Meter, der den Datenschutz berücksichtigt. So haben die Haßfurter die Möglichkeit, ihre Waschmaschine oder die Ladezeiten für das E-Auto zu den günstigen Stromtarifzeiten einzuschalten – natürlich mit dem Ökostrom der Stadtwerke. Über die Einbindung der Schüler konnten in Haßfurt zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: sie haben die Software der App viel günstiger als über renommierte Unternehmen erhalten und konnten gleichzeitig Schüler für die Energiewende begeistern.

Power to Gas und Smart Meter mit zugehöriger App sorgen also für gute Flexibilisierungsmöglichkeiten, um die Schwankungen von Solar und Windstrom ganz ohne Grundlast aus Kohle- und Atomkraft auszugleichen. Um im Verteilnetz auch die anderen Systemdienstleistungen zu schaffen, investieren die Stadtwerke jetzt in große Batteriespeicher, z.B. um die Frequenzhaltung zu garantieren.

Geschäftsführer Norbert Zösch hat noch viele weitere Ideen, wie die Umstellung auf eine 100-prozentige Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien über alle Energiesektoren hinweg verwirklicht werden kann. Aber auch er kritisiert die aktuellen politischen Rahmenbedingungen als sehr hinderlich: die Umstellung auf Ausschreibungen bei Windkraft, Biogas und PV-Freiflächen, die Erhebung der EEG-Umlage auf die Ökostromeigenerzeugung und auf den Strom bei der Speicherung in Power to Gas und Batterien. Diese in letzten Jahren eingeführten ökonomischen Daumenschrauben haben die Investitionen erschwert, aber bei ihm nicht zum Erliegen gebracht. Trotzdem ginge die Entwicklung hin zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien in ganz Deutschland wesentlich schneller, wenn die Daumenschrauben gelöst würden. So wie in Haßfurt könnten in Deutschland tausende neue Zellen auf dem Wege zur schnellen Verwirklichung von 100 Prozent Erneuerbaren Energien entstehen.

Im kleinen Haßfurt wird heute in der Praxis erfolgreich vollzogen, was die Energy Watch Group zusammen mit der Uni Lappeenranta für die ganze Welt simuliert hat: eine Vollversorgung mit 100 Prozent Ökostrom.

Wer noch Zweifel hat, dass dies überhaupt möglich ist, sollte nach Haßfurt fahren und sich belehren lassen, dass alle Techniken dafür auch ökonomisch rentabel bereits heute zur Verfügung stehen und nur auf die massenhafte Anwendung warten. Ich kann den großen Managern der Energiekonzerne und den vielen an der Verwirklichung von 100 Prozent Erneuerbaren Energien zweifelnden Politikern nur empfehlen, bei Herrn Norbert Zösch im kleinen Haßfurt in den Nachhilfeunterricht zu gehen.

Quelle

Hans-Josef Fell 2017 Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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