Wie eine PV-Anlage wieder in Schwung kommt
Wer den Begriff Repowering aus der Windenergie kennt, denkt an ein neues Windrad an alter Stelle. In der Photovoltaik geht es eher um die alte Stärke: Anlagen mit Defekten oder übermäßiger Degradation sollen wieder ihre Nennleistung erreichen.
Dazu hat das Bremer Unternehmen Adler Solar ein strukturiertes Konzept entwickelt. Worum geht es rechtlich und technisch beim Repowering?
Repowering ist ein recht weiter Begriff, die meisten Betreiber und Dienstleister verstehen im PV-Bereich darunter zunächst schlicht das Tauschen von Solarmodulen, berichtet Sönke Jäger, CTO bei Adler Solar: „Altes Modul runter, neues drauf – das klingt trivial. Was es spannend macht, ist zum einen der rechtliche Rahmen, in dem ein Repowering stattfinden kann, und zum anderen der messtechnische Nachweis, der immer erbracht werden muss, wenn Module ersetzt werden sollen.“ Grundsätzlich besteht beim Modultausch, der ja Leistung und Ertrag der Anlage aufpeppen soll, eine Nachweispflicht dem Netzbetreiber gegenüber – nur so kann die Vergütung in gewohnter Höhe für den Rest der Laufzeit gesichert werden.
Fehlerdetektion im Detail
Lange Zeit genügten nach Jägers Erfahrung Stichproben im Modulfeld, sie überzeugten Netzbetreiber davon, dass die verbauten Module bestimmte Defekte aufweisen oder beschleunigt degradieren. Mit dem neuen EEG habe der Gesetzgeber aber klargemacht, dass rechtlich das einzelne Modul als Generator zu betrachten ist – nicht der String oder das komplette Modulfeld. Der Nachweis eines Defekts ist somit immer häufiger über die dokumentierte Messung des einzelnen Moduls zu führen: „Das macht es komplex!“ Neben den offenbaren Schäden wie Glasbruch oder defekten Anschlussdosen geht es vor allem um Leistungswerte, die unterhalb des vom Hersteller garantierten Niveaus liegen. Da hat sich gezeigt, dass viele Hersteller die Lernkurve nicht ohne Schlingern und Ausweichmanöver durchfahren haben – nicht selten wurden schlechte Zellen und Materialien verarbeitet, als die Nachfrage die gebotene Sorgfalt mitunter vergessen ließ. Betroffene Betreiber können trotzdem nicht pauschal ihre Module tauschen. Der Messprozess am einzelnen Modul muss nicht nur präzise und zeitsparend, sondern auch rechtssicher sein – eine vorherige Abstimmung mit dem Netzbetreiber hält Adler Solar unbedingt für geboten.
Mehr Leistung, keine Mehrleistung
Für jedes PV-Repowering gilt: Kein Kilowatt über der ursprünglich gemeldeten Nennleistung ist nach dem alten Satz vergütungsfähig, die repowerte Anlage darf maximal die alte Leistung treffen. Wenn aber nun durch den Einsatz deutlich effizienterer Module Dachfläche frei wird, kann zusätzlich installierte Leistung als Neuanlage angemeldet werden. Nicht unwahrscheinlich also, dass im Rahmen des Repowering auch ein Ausbau von Dachanlagen stattfindet – günstige Modulpreise und die Weiternutzung von Gestellen und Netzanschlusspunkt sprechen jedenfalls dafür. Bei Freiflächenanlagen habe das Repowering hingegen einen bedauerlichen Aspekt, berichtet Jäger: Die Ergänzung neuer Leistung auf freiwerdenden Gestellen ist nach dem EEG oft nur über die Ausschreibung und bei den dort ausgeschlossenen landwirtschaftlichen Flächen gar nicht möglich. Freibleibende Gestellreihen symbolisieren so im Freiland verlorenes Potenzial für einen kostengünstigen PV-Zubau.
Die Frage der Wirtschaftlichkeit
Es sind zwei Faktoren, die ein Repowering von der ökonomischen Seite sinnvoll erscheinen lassen: Erstens der Grad der Leistungsminderung, zweitens der Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Von letzterem hängt nicht nur die Höhe, sondern auch die Restlaufzeit der Einspeisevergütung ab. Je älter die Anlage, desto höher ist die Vergütung, je jünger die Anlage, desto länger währt der Zahlungsanspruch. „Diese beiden Aspekte treffen sich bei Anlagen, die vom Alter her auf zehn Jahre zusteuern“, betont Adler Solar-Geschäftsführer Gerhard Cunze. Das hat noch einen weiteren Grund, der mit der Frage zusammenhängt, wann eine geminderte Leistung als Mangel gilt. Hier spielen die lange Zeit üblichen gestuften Garantien eine wichtige Rolle. Viele Hersteller garantieren 90 % der Nennleistung über 10 und 80 % über 20 Jahre. Ein Modul mit einem Messwert von beispielsweise 83 % der Nennleistung ist also neun Jahre nach Lieferung als schadhaft einzustufen und kann getauscht werden. Hat es aber die 10 Jahre überschritten, kehrt es in Bereich der nicht zu beanstandenden Module zurück, und der Betreiber muss einstweilen auf den Austausch verzichten. Die Annäherung an ein Modulalter von 10 Jahren ist also ein guter Zeitpunkt, ein Repowering-Projekt in Erwägung zu ziehen.
Schritt für Schritt zu voller Leistung
Adler Solar sieht das Repowering als eine umfassende Dienstleistung und hat dafür einen mehrstufigen Prozess definiert. Er beginnt mit dem Soll-Ist-Vergleich auf Basis einer neuen Simulation der Anlage. Die hält Sönke Jäger schon deshalb für sinnvoll, weil in der Vergangenheit viele Ertragsprognosen zu konservativ erstellt wurden und nicht das reale Leistungsvermögen der Anlage zeigten – ein technisch bedingter Minderertrag fällt dann nicht oder zumindest weniger stark auf, das Potenzial des Repowerings wird unterschätzt.
Stellen die Fachleute eine Minderleistung fest, ist eine Wirtschaftlichkeitsentscheidung zu fällen: Das zu erreichende Ertragspotenzial steht den Kosten des Repowerings samt Finanzierung gegenüber. Dabei soll eine gute Sanierung nicht nur aus technischer Sicht die Erträge steigern, sondern auch aus kaufmännischer Sicht die Betriebskosten reduzieren. So können sich die Wartungskosten mit der Einführung eines besseren Monitorings senken lassen, oder die Reduktion des Modulfelds bei gleicher Leistung vereinfacht Wartung und Reinigung.
Ist die Entscheidung für ein Repowering klar, steht der messtechnische Nachweis für die Module an. Hier greift Adler Solar auf viel Erfahrung aus der Garantieabwicklung und aus Schadensgutachten zurück und setzt sowohl das Testcenter als auch mobile Messgeräte ein, um einen rechtssicheren, aber auch wirtschaftlichen Prozess zu gewährleisten. Die Frage nach Austausch oder Reparatur schadhafter Module hängt vom Schadensbild ab: Ist die Anschlussdose betroffen (Produktionsmängel, Überspannungsschaden), so kommt eine Reparatur in Frage. Auf rund ein Drittel beziffert Jäger den Anteil der erneuerten Module, die bei Adler Solar einen Reparaturprozess durchlaufen. Schäden am Dünnschichtgenerator oder an Zellen, Laminierung und Deckglas bedeuten hingegen den Austausch durch ein neues Modul.
Service rundum
Nach den Sanierungsarbeiten geht die repowerte PV-Anlage in den Testbetrieb, um das Erreichen ihres eigentlichen Leistungsniveaus zu dokumentieren. Adler Solar empfiehlt den Kunden für den weiteren Betrieb einen Wartungsvertrag und eine professionelle Betriebsführung mit Monitoring.Auch für ein wirtschaftlich eindeutiges Repowering-Projekt braucht es eine Finanzierung, und die Vermittlung von Partnern in diesem Bereich rundet den Service aus Sicht von Adler Solar ab. Mitunter geht es darum, den Betreiber mit einem für dieses Thema aufgeschlossenen Kreditgeber oder auch mit einem Investor zusammen zu bringen, der das Repowering stemmt und die Anlage weiterbetreibt.
Fazit: Jedes Repowering muss individuell konzipiert und kalkuliert werden, aber zwei Dinge sind klar: Spätestens ab Mindererträgen von 20 % muss der Betreiber etwas tun, um sein Investment zu sichern. Und wie schwerwiegend ein festgestelltes Leistungsdefizit auch sein mag: Von selbst wird es nicht besser. Meistens wird es schlimmer.
Quelle
SONNEWIND&WÄRME 2017 | Ralf Ossenbrink | Dieser Beitrag ist in SONNE WIND & WÄRME 09/2017 erschienen.