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Das fossile Imperium schlägt zurück

Eine Buchempfehlung „Das fossile Imperium schlägt zurück – Warum wir die Energiewende jetzt verteidigen müssen“ von Wolf von Fabeck

Als friedfertige Wissenschaftlerin haben Sie nüchtern, aber bestimmt aufgezeigt, dass es aus Klimaschutzgründen und wegen der Atomgefahr keine Alternative mehr gibt als den schnellstmöglichen Umstieg auf die Erneuerbaren Energien. Sie zeigen aber auch, dass die Nutznießer der konventionellen Energiewirtschaft jede Gelegenheit nutzen, ihre Kraftwerke als Gelddruckmaschinen noch möglichst viele Stunden oder Tage länger zu betreiben, und dass sie zu diesem Zweck auch nicht vor wissenschaftlich unhaltbaren Falschbehauptungen und irreführenden Studien zurückschrecken.

Nicht einmal die apokalyptischen Gefahren des Klimawandels halten sie von der Fortsetzung ihres menschheitsgefährdenden Treibens ab.

Die „Aufklärung“, die Befreiung des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit (Kant), auf die wir so stolz waren, gerät in Gefahr und das Vertrauen in die Verfahren der demokratischen Entscheidungsfindung wird untergraben, wenn zunehmend die Regeln der fairen Diskussion verletzt werden. Gerade in einem so komplexen Themengebiet wie Klimaschutz und Energiewende sind selbst Fachleute darauf angewiesen, dass ihnen korrekte Daten und Schlussfolgerungen geliefert werden, doch darauf ist schon seit Jahren kein Verlass mehr.

Wie soll man in der polemischen Auseinandersetzung um Klimaschutz oder Klimaverderb noch Freund und Feind voneinander unterscheiden? Feinde sabotieren den Umstieg auf die Erneuerbaren Energien absichtlich mit „vergifteten Vorschlägen“. Doch auch Freunde können zuweilen irren.

Den entscheidenden Unterschied haben Sie, Frau Kemfert, mit der Konfuzius-Weisheit deutlich gemacht: „Wer einen Fehler begangen hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen weiteren Fehler.“

Wer also in der engagierten Diskussion über das weitere Vorgehen noch die Ehrlichkeit aufbringt, zu sagen „Ich habe mich geirrt“, mit dem kann man getrost weiter diskutieren.

Sie selbst geben dafür ein gutes Beispiel: Sie schreiben auf Seite 62: „Anders als früher angenommen, brauchen wir keinen weiteren Ausbau der Netze. Auch ich (C. KEMFERT) war davon ausgegangen, dass der Netzausbau Priorität haben muss, wenn die Energiewende gelingen soll…aber die heutigen Kapazitäten reichen schon jetzt aus.“

Für diesen Satz dürfen Ihnen Zehntausende dankbar sein, denn der Kampf gegen den unsinnigen Nord-Süd-Netzausbau hat wie kein anderes Thema die energiepolitische Stimmung im Land vergiftet. Hunderttausende fühlten sich – insbesondere von den Vertretern der Grünen, wie Robert Habeck oder Franz Untersteller und vielen Weiteren – im Stich gelassen und verweigern jetzt den Gang zur Wahlurne.

Die Gegner der Energiewende allerdings z.B. die AGORA Energiewende (Patrik Graichen und Reiner Baake) beharren entgegen aller energiewirtschaftlichen Vernunft darauf, man könne viel Geld sparen, indem man die massenhafte Einführung von Stromspeichern auf die fernere Zukunft verschiebt und statt dessen die Fernübertragungsnetze von Nord- nach Süddeutschland ausbaut.

Damit das überhaupt geschieht, bieten sie den Netzbetreibern Renditen von über 6% auf das eingesetzte Eigenkapital an. Geld sparen sieht anders aus. Ihnen geht es einzig um Fernleitungen für Kohle- und Atomstrom und um die Verhinderung des Speicherbaus. Wenn Sonne und Wind schwächeln, sollen Fossilkraftwerke unentbehrlich bleiben.

Wer Ihr Buch gelesen hat, fällt auf solche Irreführung nicht mehr so leicht herein. Er ist darauf vorbereitet, das Treiben der Akteure auch daraufhin zu bewerten, ob es den fossilen- und atomaren Energien zu einem zeitweiligen Vorteil gereicht.

„Nein zum postfaktischen Irrsinn, Ja zur Energiewende“ schreiben Sie.

In 10 Kapiteln rechnen Sie mit zehn gängigen Vorurteilen ab, die der Bevölkerung als angeblich unabänderliche Fakten von der Energiewirtschaft und ihren Helfershelfer eingetrichtert werden. In 10 „Faktenschecks“ stellen Sie diese Vorurteile richtig und erläutern, was die eigentlichen Ursachen sind. Diese Kapitel sollte jeder lesen!

Natürlich stimme ich Ihnen nicht in jedem der hundert Details exakt und vollständig zu, wer hätte das auch erwartet? So sehe ich z.B. die von uns erhofften zukünftigen deutschen Aktivitäten nicht nur als tonangebende zukünftige Beispiele für die übrige Welt, sondern ich sehe darüber hinaus auch noch die Chance, dass Deutschland – wenn bei uns die gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend geändert würden – die Speichertechnik sogar im nationalen Alleingang durch Markteinführungen und dezentrale Massenverwendung im eigenen Land in die Massennachfrage bringen könnte.

Es könnte dann ähnlich gehen, wie in den Jahren nach 2000, als die deutsche Massennachfrage nach Solarmodulen zu einer weltweiten Massenproduktion geführt hat, die die damaligen Produktionskosten weltweit auf fast ein Zehntel senkte, so dass auch in anderen Ländern die PV-Technik konkurrenzfähig wurde. Die beste Entwicklungshilfe, die Deutschland je geleistet hat!

Ihre kritischen Überlegungen zur EEG-Umlage möchte ich noch ergänzen

Bei der derzeitigen Berechnung der EEG-Umlage liegt neben den von Ihnen genannten Fehlern noch ein gravierender Ansatzfehler vor, der anscheinend niemandem aufgefallen ist. Am Spotmarkt werden die

Angebots- und Nachfragepreise miteinander in Beziehung gesetzt. Das Verfahren ist allgemein bekannt. Allerdings ist nicht beachtet worden, dass Preise aus verschiedenen Spannungsebenen miteinander in Beziehung gesetzt werden. Die Preise für Strom aus Großkraftwerken sind auf die

Hoch- oder Höchstspannungsebene bezogen. Sie liegen dort im Bereich von wenigen 3 oder 4 Cent pro kWh. Die Preise für Wind- und Solarstrom beziehen sich dagegen auf die Verteilnetzebene, d.h. auf die Ebene, in die der Wind – oder Solarstrom eingespeist wird. Auf der Verteilnetzebene hat der Kohle- oder Atomstrom aber einen erheblich höheren Preis (etwa 14 Cent/kWh), weil die Übertragung vom

Hochspannungs- zum Verteilnetz zusätzliche Kosten verursacht. Dies habe ich genauer in einem Internetbeitrag dargestellt (Fünf Ansatzfehler im Wälzungsverfahren korrigieren, würde die EEG-Umlage entscheidend vermindern – Der fünfte Ansatzfehler ist bisher kaum bekannt). 

Noch eine kleine Differenz. Sie betonen anfangs mehrfach, man müsse in die Zukunft planen. Unter „Planen“ verstehe ich eine verbindliche Zielvorgabe für die Akteure. 

Das erscheint mir mit den bekannten Nachteilen der Planwirtschaft belastet. Ich neige eher der Auffassung zu, man müsse nur dafür sorgen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen die richtigen Gewinnanreize bieten und das energiewendegerechte Verhalten der Bürger anregen. Es muss sich also finanziell für jeden Bürger lohnen, PV-Anlagen, Stromspeicher und Windanlagen zu errichten. Bürokratische Hindernisse müssen ausgeräumt werden. Wenn das gelingt, kann man sich getrost von der Entwicklung überraschen lassen.

Aber vielleicht haben Sie das auch so gemeint. Wie auch immer: Dieses Buch zu lesen, lohnt sich! Und über den sinnentstellenden Fehler mitten auf Seite 123 schmunzelt man eher. Herzlichen Glückwunsch und herzlichen Dank! Ihr Wolf von Fabeck

 

Roland Horn | Claudia KemfertMurmann Publishers GmbHMurmann Publishers GmbH
Quelle

Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.(SFV) | Wolf von Fabeck 2017

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