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Das Robert Jungk-Jahr „Projekt Zukunft“

Und ein Buch zu seinem 100sten Geburtstag. Von Rupert Neudeck

2013 wird nach Meinung der Herausgeber des Buches und der Landeshauptfrau von Salzburg Gabi Burgstaller ein Robert Jungk-Jahr werden. Der 1994 gestorbene Zukunftsforscher hatte seit 1970 Salzburg zu seinem Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gewählt. 2013 wäre er hundert Jahre alt geworden. 14 Autoren begründen in ihren Beiträgen, weshalb für sie Robert Jungks Forschen, Denken, journalistisches und politisches Arbeiten von so gewaltiger und zukunftsträchtiger Bedeutung war.

Franz Alt erzählt, wie schwer es Robert Jungk fiel, Geduld und Beharrlichkeit zu beweisen. Bei der atomaren Abrüstung, der Abrüstung von Waffen überhaupt, der Einführung der erneuerbaren Energien. Jungk tat sich schwer mit der Geduld.

25 Jahre nach dem Erscheinen von Jungks epochalem Buch „Der Atomstaat“ passierte Tschernobyl, 25 Jahre später Fukushima. In der Sowjetunion musste erst Michail Gorbatschow kommen, um die atomare Abrüstung zu ermöglichen. Die Angst war ja groß noch zu Lebzeiten des großen Ökologen R. Jungk. Carl Friedrich von Weizsäcker hielt den Dritten Weltkrieg für wahrscheinlich. Und er sagte: „Man meint, man müsse die Menschen anbrüllen, damit sie aufwachen. Aber man weiß, dass sie den, der brüllt, für einen Narren halten!“

Vierzehn Mitkämpfer haben sich zusammengefunden, um die Bedeutung von Robert Jungk aufzuzeigen. Es geht in vier Teilen um die Aktualität dieses Denkens des „Zukunftsmenschen“ Robert Jungk. Der erste Teil widmet sich der Demokratisierung der Zukunft. Auch der Demokratisierung des politischen Europa. Horst Opaschowski entwirft gesellschaftliche Perspektiven des freiwilligen Engagements für die große Zahl von Menschen, die nach Ihrer Pensionierung noch ganz viel Lebenszeit haben, die sie nicht nur für das Überwintern in Mallorca verwenden wollen.

Der zweite Teil gilt der Gestaltung der zukünftigen Weltgesellschaft. Mathias Greffrath berichtet in einem sehr persönlich gehaltenen Aufsatz über seine Erinnerungen an die Avantgardisten der Anti-Atom-Bewegung. Ernst Ullrich von Weizsäcker zeigt in der Nachfolge von Jungk Wege auf, den Atomstaat und das Klimadesaster zu verhindern. Von Weizsäcker verweist auf den „sanften Preispfad“ und das japanische Beispiel. Unter dem Eindruck verheerender Umweltverschmutzung hat Japan nach 1973 den Energieverbrauch dramatisch verteuert. Viele fürchteten eine Deindustrialisierung. Doch das Gegenteil trat ein. „Ein Feuerwerk von Innovationen entstand: Von der Rauchgasentstickung bis zum Shinkansen, vom Fax bis zur Digitalkamera, von der ‚Fünften Computergeneration’ bis zur Hochtechnologiekeramik in tausend neuen Anwendungen.“ Japan wurde das wettbewerbsfähigste Land der Erde.

Das wichtigste Kapitel in diesem zweiten Teil: Wie kommen wir in der Zeit, in der unsere Rüstungsexporte fett den Etat des Bundes alimentieren, wieder zu einem neuen Anlauf in der pazifistischen Weltbewegung?

Und das in einer Zeit, in der die geborenen pazifistischen Institutionen wie die Kirchen und die Religionen zur staatlichen Militärseelsorge übergelaufen sind und heimlich, wenn nicht mehr offen, die Leopard Panzer segnen.

Sehr aktuell der dritte Teil, der sich der brandheißen Frage nähert, wie wir es noch schaffen, die jüngere Generation nicht nur zu besseren Markt-Konsumenten auszurüsten, sondern auch zu solchen, die dem Zeitgeist Widerstand entgegensetzen. Marianne Groenemeyer hat den Finger auf der Sprache, die unbewusst uns in unglaublich falsche Sätze taumeln lässt. Z,.B.

in den fatalen Satz, dass unsere Kinder „eine Investition in die Zukunft“ seien.

„Mich wundert es eigentlich nicht, dass die jungen Leute darüber gewalttätig werden und Autos anzünden oder lammfromm und tun, was von ihnen verlangt wird“. Beides sei verheerend.

Gute biographische Einblicke gewährt das Interview, das der eine Herausgeber des Buches Walter Spielmann mit dem Sohn von Robert Jungk, Peter Stephan Jungk, geführt hat. Das ist eine sehr gute Ergänzung der thematischen Beiträge. Robert Jungk war kein „religiöser Mensch“, wie sein Sohn erklärt, hatte aber seine Wurzeln im dialogischen Denken und der jüdischen Tradition von Martin Buber. Er war damals auch aktiv in der jüdischen Jugendbewegung. Die hatte ebenso wie die übrige Jugend Ihre Faszination in der Wandervogelbewegung. In dieser Jugendbewegung sind damals alle Freunde als Zionisten nach Israel gegangen. Robert Jungk war der einzige, der nicht dabei war beim Aufbau von Israel.

„Die Dialog-Lust sei ihm aber von seinen Eltern in die Wiege gelegt. Er war jemand, der sich immer im Gespräch gefunden und dem Gegenüber im Gespräch geholfen hat, zu sich zu finden“. Der Sohn berichtet begeistert von den ausgedehnten Wanderungen, bis fünf Tage, die der Vater mit dem Sohn gemacht hat. Man fuhr irgendwo in eine Landschaft, die beide nicht oder kaum kannten und sind dann aufs Geratewohl in die Ungewissheit aufgebrochen.

Mit Günter Anders gab es Schwierigkeiten, die der Sohn an den Tag bringt.

Günter Anders hat viele Ideen und Stoffe von Robert Jungk genommen oder geklaut. Die Beschäftigung mit Hiroshima und dem Piloten des Flugzeugs, das die Atombombe abwarf, hat Robert Jungk ausgelöst. Robert Jungk hat niemals irgendeine Form von Dankbarkeit bei Günter Anders bemerkt. Günther Anders habe das Thema in seinem „Mann auf der Brücke“ zwar literarisch perfekt bearbeitet, aber doch auf der Grundlage dessen, was Jungk ihm berichtet hatte.

Dem Sohn Peter Jungk hat Anders noch gesagt: Das Werk von Robert Jungk wird nicht überleben, weil es sprachlich nicht gut genug und tief genug formuliert wäre, denn Jungk sei im Gegensatz zu Anders kein Philosoph. Wenn wir, sagt der Sohn, heute sehen, wie bekannt Günter Anders im Vergleich zu Robert Jungk sei, dann hat Anders wohl recht gehabt. Zu dem Buch Atomstaat heißt es: es sei 1977, also neun Jahre vor Tschernobyl erschienen, und geradezu ein prophetisches Buch gewesen.

Das Projekt zu dem Sonnenbuch habe ihm sehr zugesetzt. Er habe auch ein anderes Buch noch geplant, eines gegen das Auto. Er hat nie ein Auto chauffiert. Und es sei für den Sohn eine Ironie des Schicksals, dass der Robert-Jungk-Platz in Salzburg ein Parkplatz sei. „Das ist ja ganz entsetzlich“!

Quelle

Rupert Neudeck 2013Grünhelme 2013

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