Fresach-Lesebuch zum Wachstum 2.0
Ergebnisse der Europäischen Toleranzgespräche 2023 in Buchform
Mit dem Wachstumsbegriff verhält es sich wie mit einem sechsseitigen Würfel. Man muss ihn von allen Seiten betrachten, um zu verstehen, wie er beschaffen ist. Genau das leisten die Beiträge der soeben veröffentlichten Anthologie „Wachstum am Ende: Was jetzt?“, an der über 20 Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben. Diese Essays bilden die Quintessenz der Europäischen Toleranzgespräche 2023 im Kärntner Bergdorf Fresach ab und sind ab sofort online und im Buchhandel erhältlich.
Die Wachstumsproblematik trifft – gerade im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Klimawandel – einen Nerv unserer Zeit, und sie fordert Politik und Gesellschaft in ihren Grundfesten heraus. Während sich der Westen den Luxus einer Degrowth-Diskussion leistet und den Klimaschutz zur alles entscheidenden Überlebensfrage erklärt, kämpfen viele Länder des globalen Südens um Teilhabe am Wohlstand und gegen die anhaltende Bevormundung.
Seit 2015 finden sich alljährlich zum Pfingstwochenende in der Kärntner Idylle Fresach Intellektuelle, Wissenschaftler und Künstler ein, um brisante Themen zu präsentieren und zu erörtern. Die Idylle ist eine historisch hart erkämpfte. Denn schon die verheerenden Dispute der christlichen Konfessionen sorgten einst für Sprengkraft. Mit dem Toleranzpatent von Kaiser Josef II. 1782 wurde ein unmissverständliches Zeichen gegen die Ausgrenzung gesetzt. Die Idee der Toleranz weist eine große Dimension auf, geht es ja nicht um gönnerhaften Elitarismus, sondern darum, jene Vielfalt abzubilden, die unsere Gesellschaft ausmacht und wechselweise zur Erosion sowie zum Wandel führt.
In der Publikation „Wachstum am Ende: Was jetzt?“ wird dieser Anspruch beispielhaft eingelöst. Wachstum qualitativ zu betrachten, kann bedeuten als Einzelner wie im Kollektiv zu wachsen. Dazu können religiöse Werte der Barmherzigkeit ebenso zählen wie humanistische der Empathie und der Aufklärung. Auch die Gaben der Naturwissenschaften und der Technik schaffen im Ideal Innovationen, um die Wirklichkeit so zu gestalten, wie es dem Leben guttut.
Denn wir befinden uns in der Situation, dass das Schicksal unserer Art engmaschig – wie kaum zuvor – mit allen Spezies verknüpft ist. Zur Erkenntnis gehört das Benennen der Probleme ebenso wie das Spiel mit den Lösungen und Antworten. Wenn wir an den Würfel denken, so nimmt er in vielen Kulturen den Rang eines Schicksalsentscheiders ein. An welchem Spiel sollen und können wir in Zukunft Anteil nehmen? Dazu animieren diese klugen Interventionen.
Die Bandbreite dieser Stoßrichtungen ermuntert zum vertieften Dialog der Disziplinen: Was verbindet Theologie mit Ökologie? Wo treffen sich Ökonomie und Philosophie? Aus welcher Gegensätzlichkeit lässt sich eine gesellschaftlich relevante Synthese ableiten? Antworten werden zum Gegenstand neuer Fragen. Die Ideen der Europäischen Toleranzgespräche zum Thema „Wachstum am Ende: Was jetzt?“ kulminieren in der Fresacher Wachstumscharta.
Die Publikation ist im Dezember 2023 in der Edition Denk.Raum.Fresach erschienen und hier bestellbar.
Mit Beiträgen von Wilfried Seywald, Hannes Swoboda, Nikolaus Schneider, Franz Alt, Barbara Rauchwarter, Marlene Streeruwitz, Werner Plumpe, Christine Ax, Dietmar Krug, Norbert Wohlgemuth, Hans Albrecht, Georg Brasseur, Alexander Peer, Egyd Gstättner, dem diesjährigen Toleranzpreisträger Michael Bünker, Helmut Steiner, Trisha Radda, Erini Kalta, Muhammed Dumanli, Esta-Maria Sackl und Manfred Saurer.
Über die Toleranzgespräche
Die Europäischen Toleranzgespräche finden seit 2015 alljährlich zu Pfingsten statt und behandeln gesellschaftliche Entwicklungen und politische Bildung rund um Fragen der sozialen Integration, Demokratie und Menschenrechte sowie Zivilgesellschaft und Religion. Die Gespräche haben ihren Ursprung in den Fresacher Schriftstellertagungen, die in den 1970er und 1980er Jahren – bis nach der Wende in Osteuropa – stattfanden.