In den Topf geschaut
In Teufels Küche: Ein Restaurantkritiker packt aus
Billige Fertigprodukte statt Sterneküche, geschönte Bewertungen im Restaurantführer, Spitzenköche als Medienprofis – Jörg Zipprick schaut hinter die Fassade der Gourmetgastronomie. 20 Jahre lang arbeitete der Journalist als Restaurantkritiker. „In Teufels Küche“ ist sein spannender Erfahrungsbericht aus der Gastro-Branche.
Gewiss: Kommt der Autor in Fahrt, übertreibt er es bisweilen mit bildhaften Formulierungen. Wenn Köche zu – am besten noch „besternten“ – „Weißmützen“, Hummer zu „Krustenkriechern“ werden, dann ist Jörg Zipprick nicht weit von so mancher Speisekartenlyrik entfernt. Doch man mag ihm die Sprachverliebtheit verzeihen.
Der Journalist und Restaurantkritiker hat ein erkenntnisreiches Buch geschrieben. Zipprick gewährt einen interessanten Blick hinter die Kulissen einer an vielen Stellen korrumpierten Gastro-Branche. So blumig er sich ausdrückt, so unverblümt nennt er die Dinge beim Namen: Dass hinter den Sternen des Michelin, den Lobpreisungen des Gault Millau oder den Bewertungen einiger Branchenblätter keineswegs immer ein harter und kritischer Test – geschweige denn überhaupt ein Test – stehen müsse.
Wie Köche und Kritiker oft jede gebotene Distanz vermissen lassen. Oder wie selbst die Stars der Szene mit viel Lebensmitteltechnologie nachwürzen und ein zwei-Euro-teures Convenience-Dessert für 20 Euro ihren Gästen verkaufen.
Auch die foodwatch-Kritik an jenen Fernsehköchen, die sich nicht zu schade sind, Standard-Fertigprodukte von Escoffier, Unilever & Co. als Qualitätsware für gehobene Ansprüche zu bewerben, greift Zipprick auf.
Sein Buch ist anklagend – aber nicht nur. Der Autor nimmt den Leser mit zu persönlichen Begegnungen mit Stars wie Paul Bocuse oder Alain Ducasse. Und er verrät, wo wirklich noch Gourmet-Küche geboten wird. Sein Buch ist daher beides: abführend und appetitanregend zugleich.
Quelle
foodwatch 2012