Jahrbuch Ökologie 2016
Gesucht: Weltumweltpolitik – Herausforderungen im Anthropozän. Von Professor Udo E. Simonis
Große Ereignisse stehen an: Vereinbarungen über die globale Entwicklungsfinanzierung, über universelle Entwicklungsziele und einen neuen internationalen Klimavertrag. Anlässe genug, eine Bestandsaufnahme der globalen Umweltpolitik vorzunehmen. Und die zeigt: Mehrere planetare Grenzen sind überschritten, Biodiversität geht verloren, eine +4°C-Welt rückt näher, Klimaflüchtlinge sind unterwegs, das ‚Anthropozän‘, das vom Menschen dominierte Erdzeitalter, kann zur weitgehenden Zerstörung der Lebensgrundlagen des Menschen führen.
Die bisherige globale Umweltpolitik hat darauf nicht hinreichend reagiert und keine ökologische Umkehr erbracht. Sie ist fragmentiert, ist sektoral und nicht holistisch konzipiert, ist reaktiv und nicht pro-aktiv ausgerichtet. Ein wichtiger Grund für den insgesamt höchst unbefriedigenden Status der globalen Umweltpolitik liegt auch in ihrer viel zu schwachen Institutionalisierung im System der Vereinten Nationen.
Jahrbuch Ökologie 2016
Das soeben erschienene Jahrbuch Ökologie 2016 plädiert deshalb für eine globale umweltpolitische Wende – für einen Paradigmenwechsel hin zu einer zukunftsorientierten, wirkungsvollen „Weltumweltpolitik“. Es ist das 25. Jahrbuch in Serie.
Das Themenspektrum des Jahrbuchs umfasst:
- Grenzerreichung – Grenzüberschreitung
- Globale umweltpolitische Aktionsfelder
- Globale ökologische Wende
- Vordenker und Vorreiter
- Umweltinstitutionen
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Inhalt „Jahrbuch Ökologie 2016“
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Vorwort von Professor Udo E. Simonis
Mehrere planetare Grenzen sind überschritten, Biodiversität geht verloren, eine +4°C-Welt rückt näher, Klimaflüchtlinge sind unterwegs, das ‚Anthropozän‘, das vom Menschen dominierte Erdzeitalter, kann zur weitgehenden Zerstörung der Lebensgrundlagen des Menschen führen. Das neue „Jahrbuch Ökologie“ plädiert deshalb für eine globale umweltpolitische Wende – für einen Paradigmenwechsel hin zu einer zukunftsorientierten, wirkungsvollen „Weltumweltpolitik“.
Auf der Suche nach einer Weltumweltpolitik
Bei drei großen Ereignissen habe die Weltgemeinschaft im Jahr 2015 die Gelegenheit, so sagte Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, gute Ergebnisse zu erreichen: Im Juli werde in Addis Abeba über die globale Entwicklungsfinanzierung verhandelt, im September verabschiedet die UN-Generalversammlung die globalen Entwicklungsziele (sustainable development goals) für die Zeit nach 2015 und im Dezember findet in Paris die nächste internationale Klimakonferenz statt. Anlässe genug für das „Jahrbuch Ökologie“, diesmal die Globale Umweltpolitik in den Blick zu nehmen.
Es gab aber auch noch einen zweiten, ganz anderen Anlass: In einem furiosen Essay mit dem Titel „Warum die Sache schiefgeht“ hatte Karen Duve (in 2014) die These zu belegen versucht, dass „Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft“ brächten. Nun, Wissenschaftler würden solche Worte nie benutzen, aber vielleicht der These selbst zustimmen mögen – wenn nicht in Bezug auf alle globalen Umweltprobleme, so doch und besonders auf das Klimaproblem. Das aber wollten die Herausgeber sorgfältig untersucht wissen. So stellten sie sich und den eingeladenen Autorinnen und Autoren drei Aufgaben: Gibt es Grenzerreichungen und Grenzüberschreitungen, wie steht es um die globalen ökologischen Trends? Was lässt sich sagen zu den Erfolgen und Misserfolgen der bisherigen globalen Umweltpolitik, wie sieht die Bilanz aus? Und: Was müsste eigentlich in Zukunft geschehen? Kann man sich eine globale umweltpolitische Wende vorstellen? Und wenn ja, welche Transformationen wären dann nötig und womöglich erfolgreich?
Dementsprechend werden in Teil I des Buches zunächst die globalen ökologischen Trends betrachtet, und es wird der Frage nachgegangen, ob es planetare Grenzen gibt und diese vielleicht schon überschritten sind. Dass die mittlere Erdtemperatur im Laufe dieses Jahrhunderts um 2° Celsius zunehmen wird, gilt als sicher. Was aber wäre, wenn es gar um eine +4°-Welt geht? Mit welchen Verlusten an Biodiversität haben wir es schon zu tun – und was kommt wohl noch hinzu? Die Welt hat in den letzten Jahren wegen politischer und ökonomischer Faktoren einen traurigen Höhepunkt an Flüchtlingszahlen erlebt. Was aber ist, wenn auch noch große Ströme von Klimaflüchtlingen entstehen? Dass wir in ein neues Erdzeitalter eingetreten sind und ein Nobelpreisträger dafür schon den passenden Begriff gefunden hat, ist das eine; was aber sind dann die neuen umweltpolitischen Herausforderungen des „Anthropozän“?
In Teil II werden die wichtigsten bisherigen Aktionsfelder dessen betrachtet, was man als Globale Umweltpolitik bezeichnen kann. Man muss wissen, was die Performance der bisherigen Politik war, wenn man eine neue, eine bessere Politik formulieren und umsetzen will. So zeichnen wir denn die Erfolge der Ozonpolitik und die Misserfolge der Klimapolitik nach. Was aber war mit der globalen Wasser-, der Wald- und der Chemikalienpolitik?
In Teil III, dem Hauptteil des Buches, geht es dann um die notwendigen Transformationen. Die Globale umweltpolitische Wende verlangt die Einfütterung von neuen Gedanken, die der weiteren Diskussion bedürfen. Das neue Paradigma der globalen Umweltpolitik sollte „Erdsystem-Governance“ heißen – so sagt einer der Autoren. Andere ergänzen diese Sicht der Dinge mit dem Ruf nach einer Weltbürgerbewegung für den Umweltschutz oder verweisen auf das durchaus vorhandene umweltpolitische Potenzial von Individuen. Nicht nur die internationale Klimapolitik muss gewendet werden – mit dem „Paris-Protokoll“ –, es bedarf auch der Ressourcenwende. Es muss aber auch aufgeräumt werden. Die Ozeane sind in einem gewaltigen Maße vermüllt – und dann ist da der Atommüll, der uns vor das schier unlösbare Endlager-Dilemma stellt. Mit der Begründung eines Weltaktionsprogramms Bildung endet die Betrachtung des Reformbedarfs und der möglichen Fortentwicklung der Globalen Umweltpolitik.
Drei Teile des Buches sind diesem Schwerpunkt gewidmet. Daneben gibt es noch die üblichen Rubriken: die der Vordenker und Vorreiter (Teil IV) und dreier Institutionen (Teil V), in denen das Thema Umweltpolitik ein wichtiger Bezugspunkt ist. Dann aber wollten wir auch noch wissen, wie bedeutsam Globale Umweltpolitik für zwei deutsche Bundesbehörden und eine große Stiftung ist (Teil VI).
Das „Jahrbuch Ökologie“ erscheint hiermit zum 25. Mal. Es hat in diesen Jahren vieles beklagt, manches begrüßt und einiges angestoßen. Das Lob für die Arbeit war verhalten, aber von Grund auf vorhanden. Die Herausgeber danken und wünschen dem vorliegenden Band erneut viele Leserinnen und Leser; die Autorinnen und Autoren garantieren wieder einmal spannende und zugleich erhellende Lektüre.
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Quelle
Udo E. Simonis 2015 ist Professor Emeritus für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und Redakteur des Jahrbuch Ökologie