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IG Windkraft | Arne Jungjohann

© IG Windkraft | Arne Jungjohann

Braunkohleausstieg muss kommen

Ende der Subventionen für fossile Kraftwerke und strenge Emissionsvorschriften notwendig.

Nirgendwo sonst auf der Welt wird so viel Braunkohle abgebaggert wie in Deutschland, ist dem aktuellen Bericht von Arne Jungjohann und Craig Morris zu entnehmen. 

Bei 60 GW Überkapazität in der Stromerzeugung, beinahe der dreifachen österreichischen Kraftwerksleistung, ist ein Abschaltplan für Kohlekraftwerke unumgänglich. „Hätte Deutschland so strenge Emissionsvorgaben wie die USA, dürften von 52 Kohlekraftwerken nur mehr 3 betrieben werden“, berichtet Arne Jungjohann, Berater für Klima- und Energiepolitik. Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft ergänzt: „Kohlekraftwerke behindern die Energiewende.“ 

Deutschland ist das Land der Energiewende. Es hat frühzeitig erkannt, dass eine klimafreundliche Stromerzeugung der Förderung des erneuerbaren Energieausbaus bedarf. Die deutsche Energiewende wurde bereits in rund 70 Ländern als Vorbild herangezogen. Selbst das Wort „Energiewende“ wurde mittlerweile in den englischen Sprachgebrauch aufgenommen. Andererseits findet in Deutschland der weltweit größte Braunkohleabbau statt. „Beides ist aber nicht unter einen Hut zu bringen“, erklärt Arne Jungjohann und setzt fort: „Ohne Eingreifen der Politik steht vor allem der dreckigen Braunkohle eine glänzende Zukunft bevor.“ 

Steigende Kohleverstromung hat nichts mit Atomausstieg zu tun

Wegen des oftmals zitierten Mythos, dass die Kohlestromerzeugung durch die Energiewende und den Atomausstieg motiviert wurde, beschäftigten sich Arne Jungjohann und Craig Morris mit diesem Thema in einem Bericht. Ganz klar wurde dabei ersichtlich, dass der Atomausstieg durch den Zubau der erneu-erbaren Energien mehr als kompensiert wurde. „Das heißt, zuletzt ans Netz genommene Kohlekraftwerke waren nicht erforderlich, um den Atomausstieg abzusichern“, ist in diesem Bericht zu lesen.

Stromexport rettet derzeit die Kohlekraftwerke in Deutschland

Je stärker die erneuerbaren Energien wachsen, desto weniger werden konventionelle Kraftwerke benötigt, um die Nachfrage nach Strom zu bedienen. Die Auslastung der konventionellen Kraftwerke sinkt somit stetig. Durch das Überangebot der Kohlekraftwerke wiederum sinken die Großhandelspreise an der Strombörse. Dies kurbelt die Nachfrage besonders in den Nachbarländern Deutschlands an. Der Stromexport hat sich dadurch auf 33,8 Milliarden Kilowattstunden verdoppelt. Der deutsche Exportüberhang an Strom entspricht etwa dem halben Stromverbrauch Österreichs. Deutschland exportiert so viel Strom wie nie zuvor. Der Exportrekord ist derzeit der Rettungsanker für die deutschen Kohlekraftwerke“, erklärt Jungjohann und ergänzt: „Der Stromverbrauch in Deutschland zwischen 2010 und 2013 hingegen, ist sogar um 15,5 Milliarden Kilowattstunden gesunken.“ 

Emissionshandel Mitschuld am Kohlehype in Deutschland

Ende der 1990er Jahre wurde der Strommarkt in Deutschland liberalisiert. 2005 wurde der europäische Emissionshandel eingeführt. Zu Beginn wurden den Unternehmen Gratiszertifikate ausgegeben. Trotz der kostenlosen Zuteilung wurden diese Zertifikate von den Unternehmen eingepreist, womit diese reicher wurden – es kam zu Windfallprofits in Milliardenhöhe. Damit erhöhte sich die Liquidität der großen Energieversorger stark und begünstigte massiv den Neubau von fossilen Kraftwerken. 

Gerechtfertigt wurde der Neubau mit dem Zweifel am prognostizierten Zubau der erneuerbaren Energien. „In erneuerbare Energien wurde deshalb nicht investiert, weil die Gewinnspanne von 5 bis 7% weit unter jener der Gewinnspanne der klassischen Energieversorger liegt“, so Jungjohann. 

Stilllegung nach dem Neubau

Laut Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ der deutschen Bundesregierung sind derzeit 60 GW Stromerzeugungsleistung zu viel am Stromnetz in Deutschland. Dies entspricht beinahe der dreifachen österreichischen Stromerzeugungskapazität. An einer Leistungsreduktion der konventionellen Kraftwerke, angesichts des erneuerbaren Energien-Ausbauziels bis 2035 von 55 bis 60%, führt daher kein Weg vorbei. „Die Braunkohle ist der Irrläufer der Energiewende, denn sie konterkariert die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung und gefährdet den internationalen Vorbildcharakter der Energiewende“, so Jungjohann. 

Politische Maßnahmen dringend gefordert

„Um die Energiewende nicht zu gefährden sind dringend Maßnahmen erforderlich um die konventionelle Kraftwerksüberkapazität abzubauen“, fordert Moidl und ergänzt: „Denn diese Kraftwerke erhöhen nicht nur den CO2-Aussstoß, sondern verzerren auch den Strommarkt sehr stark, und verhindern somit den wirtschaftlichen Betrieb von erneuerbaren Kraftwerken. Möglich wäre dies unter anderem durch strenge Emissionsvorgaben für fossile Kraftwerke. 

„Von heute betriebenen 52 Kohlekraftwerken in Deutschland würden 49 zum Beispiel die geltenden US-Quecksilber-Normen nicht erfüllen“, berichtet Jungjohann und fokussiert auf die Implementierung von vier zentralen Maßnahmen: • Reparatur des EU Emissionshandels • Energie- und CO2-Steuern etwa in Form von Carbon Floor Price für Stromerzeugungsanlagen wie in UK • CO2-Emissionsgrenzen für fossile Kraftwerke • Strenge Schadstoffgrenzwerte z.B. für Quecksilber

„Der Braunkohleausstieg muss kommen. Klimapolitisch führt kein Weg daran vorbei“, fordert Jungjohann abschließend. 

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Arne Jungjohann studierte Politikwissenschaft an der Philipps Universität in Marburg und der FU Berlin. Er war Leiter des Referats für Politische Planung und Grundsatzfragen in der Landes-regierung Baden-Württemberg. Zuvor war er damit beschäftigt den transatlantischen Dialog zu Klima-und Energiepolitik für die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung in Washington aufzubauen. Er ist heute Berater für Klima-und Energiepolitik und twittert zur deutschen Energiewende auf Englisch unter @EnergiewendeGER

IG Windkraft
Quelle

IG Windkraft 2014

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