CO₂-Platz unter der Erde schrumpft
Unterirdische CO2-Speicher bieten bei Berücksichtigung von Risiken deutlich weniger Potenzial als angenommen, zeigt eine neue Studie. Auch in Deutschland gilt: Nur ein Bruchteil des technisch Möglichen ist wirklich vertretbar.
Wälder, Moore, Ozeane sind wichtige natürliche Senken für das Treibhausgas CO2. Wichtig, aber angesichts der fortschreitenden Erderwärmung auch zunehmend unzuverlässig.
Auf einer spärlich besuchten Pressekonferenz am Rande des Weltklimagipfels 2023 in Dubai mahnte ein internationales Konsortium namhafter Forschungsinstitute: Es sei gefährlich, sich zu sehr auf natürliche Kohlenstoffsenken zu verlassen. Die Zukunft dieser Senken sei „ungewiss“.
Sogenannte Negativemissionen werden heute zu fast 100 Prozent durch natürliche Senken generiert, etwa im Rahmen von Aufforstungsprojekten, Humusaufbau oder der Wiedervernässung von Mooren. Doch eine Aufforstungsfläche kann noch so viel CO2 speichern: Wenn ein Feuer darüber hinwegfegt, veränderte Regenmuster oder zu hohe Temperaturen das Ökosystem an die Belastungsgrenze führen, landet ein Großteil davon wieder in der Atmosphäre.
In der öffentlichen Debatte nehmen technologische Lösungen deshalb eine immer größere Rolle ein. Besonders prominent ist dabei die Speicherung von CO2 im Untergrund. Das Kohlendioxid kann dazu entweder aus den Abgasen einer Industrieanlage gefiltert oder direkt aus der Atmosphäre gesaugt werden. Die Abkürzungen CCS und DAC stehen für diese Varianten.
Obwohl beide Technologien noch in den Kinderschuhen stecken, beruhen die meisten Szenarien des Weltklimarates IPCC auf ihrem großflächigen Einsatz. Natürlich betonen die Wissenschaftler:innen – ob im IPCC-Bericht oder vor zwei Jahren in Dubai – gebetsmühlenartig: Negativemissionen seien eine Ergänzung, sie könnten „tiefgreifende und nachhaltige Emissionssenkungen nicht ersetzen“.
Und doch scheint sich das Bild von einer möglichen Entsorgung des Treibhausgases eingebrannt zu haben. CO2-Speicherung geistert durch Industrieprognosen und politische Eckpapiere als die Lösung für die Klimakrise mit nahezu grenzenlosem Potenzial.
„Reicht nicht mal für das Zwei-Grad-Ziel“
Die tatsächlichen Grenzen der geologischen Verpressung von CO2 hat nun erstmals eine Studie des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Wien und des Imperial College London ermittelt. Dafür kartierten die Wissenschaftler:innen sichere Gebiete, die sich für eine unterirdische Kohlendioxidspeicherung tatsächlich eignen.
Rund 1.460 Milliarden Tonnen CO2 könnten demnach weltweit sicher im Untergrund verstaut werden. Sollte dieses Potenzial vollständig ausgeschöpft werden, könnte die globale Erwärmung um 0,7 Grad zurückgedreht werden.
„Angesichts der aktuellen Trends, die auf eine Erwärmung um bis zu drei Grad in diesem Jahrhundert hindeuten“, erklärte Hauptautor Matthew Gidden vom IIASA, „würde selbst die Nutzung aller sicheren geologischen Speicherplätze nicht ausreichen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.“
Das Potenzial ist laut der im Journal Nature veröffentlichten Untersuchung um das Zehnfache geringer, als frühere Schätzungen angenommen haben.
Die Organisation Global CCS Institute errechnete in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr eine Speicherkapazität von rund 14.000 Gigatonnen. Damit würde sich die Erwärmung um astronomische sechs Grad senken lassen.
Im Gegensatz zu dem Thinktank, der Energieriesen wie Exxon und Shell sowie Zementproduzenten wie Holcim und Heidelberg Materials zu seinen Mitgliedern zählt, unterschieden die Forschenden zwischen dem, was theoretisch technologisch möglich wäre, und dem, was unter Berücksichtigung von Risiken vertretbar ist.
CO2-Injektionen können Erdbeben auslösen
Infrage kommen in erster Linie erschöpfte Erdöl- und Erdgaslagerstätten, sowie tief liegende, stabile und salzhaltige – damit für Trinkwasser ungeeignete – Grundwasserleiter. Ein hochwertiger geologischer Speicher muss laut Studie eine nach oben „undurchlässige Deckschicht haben und günstige petrophysikalische Eigenschaften“ aufweisen. Damit sind die physikalischen Eigenschaften des Gesteins gemeint, etwa die Porosität oder Durchlässigkeit des Materials.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (David Zauner) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!