Die 20 größten deutschen Fleisch- und Milchproduzenten schädigen das Klima massiv
Germanwatch hat kürzlich mit einer neuen Studie zur Tierhaltung große mediale Aufmerksamkeit erregt. Von Hans-Josef Fell
Demnach haben 2022 die je 10 größten Fleisch- und Milchproduzenten Deutschlands mehr als 60 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen. Laut Umweltbundesamt wurden 2022 etwa 746 Millionen Tonnen emittiert. Damit sind allein 20 Unternehmen der Fleisch- und Milchindustrie für etwa 8 % aller Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich.
Zum Vergleich: Dies entspricht etwa 61% der Emissionen des PKW-Verkehrs im Jahr 2022 in Deutschland.
Ursache sind vor allem tierquälende Massentierhaltungen, aus denen diese großen Fleisch- und Milchproduzenten ihre Produkte beziehen. In der Massentierhaltung und der intensiven Futtermittelproduktion werden enorme Mengen an Kohlendioxid, Methan und Lachgas freigesetzt, die erhebliche Aufheizungswirkungen in der Atmosphäre entfalten.
Aufschrei und Zurückweisung des betroffenen Verbandes
Der Verband der Fleischwirtschaft zeigte sich entrüstet über diese Germanwatch-Studie:
„Im vergangenen Jahr hat das Bundesumweltamt festgehalten, dass der Sektor Landwirtschaft inklusive der Tierhaltung sein Klimaziel übererfüllt hat“, teilte Hauptgeschäftsführer Steffen Reiter mit. Die deutsche Nutztierhaltung sei im internationalen Vergleich „einer der Klimaweltmeister“.
Link zur Studie
Doch dürfte die geringfügige Senkung der Klimagasemissionen in der deutschen Landwirtschaft weniger mit zusätzlichen klimaschützenden Maßnahmen der Fleisch- und Milchproduzenten zu tun haben, sondern viel mehr mit dem seit Jahren anhaltenden, erfreulichen Trend des Rückgangs des Fleischkonsums in Deutschland , insbesondere beim Schweinefleisch.
Entlarvend für die Lebensmittelgroßindustrie ist auch ihre jüngste Kampagne zur Beeinflussung der Bundestagswahl, wie das Umweltinstitut München gerade aufgedeckt hat.
Mit einer aufwendigen Kampagne zur Bundestagswahl 2025 versuchen Lebensmittelkonzerne aktuell, die demokratischen Wahlen zu beeinflussen. Das Ziel von Nestlé, Danone, Tönnies und Co.: Ein Wahlergebnis, das ihrem umweltschädlichen Geschäftsmodell möglichst keinerlei Grenzen setzt.
Die Entrüstung der großen Fleischproduzenten und die völlig gegensätzliche Sichtweise zur Germanwatch-Studie ist komplett verfehlt, zeigt aber mehrfache Problemlagen auf:
Zum einen sind die deutschen und die internationalen Klimaschutzziele auch in der Tierhaltung, sowie der Fleisch- und Milchproduktion völlig unzulänglich. Wie sonst könnten sich die Fleischproduzenten als Klimaschützer bezeichnen? Zum anderen zeigt dies auch einen in der gesamten Gesellschaft und auch in der Klimabewegung weit verbreiteten Denkfehler auf.
Offenbarung eines großen gesellschaftlichen Denkfehlers
Dieser Denkfehler liegt darin, dass man schon Klimaschutz betreiben würde, wenn die Klimagasemissionen vermindert werden. Eine Verminderung bedeutet ja nicht, dass die Emissionen ganz gestoppt werden, sondern dass es eben weiterhin Emissionen gibt.
Auch verminderte Emissionen erhöhen jedoch den Anteil von Klimagasen in der Atmosphäre weiter, und mit steigender Klimagaskonzentration heizt sich die irdische Temperatur sogar beschleunigt auf.
Und so kommt es, dass selbst bei sinkenden Emissionen die Erdtemperatur schneller ansteigt.
Leider haben an diesem Denkfehler auch viele Klimaforscher seit Jahrzehnten ihren Anteil, weil sie fast immer nur auffordern, die Emissionen zu senken, statt sie komplett zu beenden und das Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.
Die bloße Aufforderung zur Emissionsreduktion hat jedoch auch dazu geführt, dass viele, darunter auch Fleischunternehmen, sich beruhigt fühlten, wenn sie nur geringfügig Emissionen reduzierten. So kommt es, dass trotz des Beschlusses von Paris von 2015, der die Weltgemeinschaft zur schnellen Emissionsreduktion aufforderte, die Emissionen sogar stiegen – im Jahre 2024 auf ein nie dagewesenes Rekordniveau.
Mit ihren geringfügigen Emissionsminderungen halten sich sehr viele für Klimaschützer, emittieren auf einem etwas niedrigeren Niveau jedoch weiter, lehnen sich zurück, und in Wirklichkeit heizt sich die Atmosphäre beschleunigt auf, während der kollektive Marsch auf dem Pfad in die Klimahölle immer schneller wird.
Es geht auch anders
Mit entsprechenden Anbaumethoden der Futter- und Lebensmittel kann die negative Klimabilanz sogar in wirksamen Klimaschutz umgedreht werden. Mit Bioanbau, regenerativer Landwirtschaft und artgerechter Tierhaltung können sogar Kohlenstoffsenken durch den Aufbau von Humus geschaffen werden. Damit steigt auch die Bodenfruchtbarkeit, wodurch klimaschädlicher Mineraldünger vermieden werden kann.
Viele Biobauern machen dies seit Jahrzehnten vorbildlich vor. Doch leider ist die große Masse der Landwirte immer noch in den klimaschädlichen Erzeugungsmethoden verhaftet, wie sie der Bauernverband fördert und politisch zementiert. Die Bauernproteste des letzten Jahres haben genau die Beibehaltung der klimaschädlichen Landwirtschaftsmethoden gefordert: hohe Subventionen für fossilen Agrardiesel, Wegfall von gesetzlichen Regelungen für eine artgerechte, am Tierwohl orientierte Tierhaltung und klimaschützende Anbaumethoden.
Würden die 20 großen Fleisch- und Milchunternehmen in Deutschland einen ökologischen Weg komplett gehen, würden sie alleine nicht nur die 8 % der deutschen Klimagasemissionen vermeiden, sondern sogar noch große Mengen Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen und in immer fruchtbarer werdende Böden stecken. Ein positiver Nebeneffekt wäre eine steigende Volksgesundheit, denn dann würden auch krankmachende Pestizide oder Antibiotika in der Nahrung weitgehend verschwinden.
Auch für die direkte Senkung des Methanausstoßes aus Rindermägen haben Wissenschaftler längst gute Methoden entwickelt: Eine Zufütterung von Rotalgen zum Rinderfutter verringert den Methanausstoß erheblich.
Sofern diese Kühe dann artgerecht auf der Weide gehalten werden, wird über deren Exkremente Humus aufgebaut, und die Kuh wird so vom viel gescholtenen Klimakiller zum Klimaschützer. Nicht die Kuh ist der Klimakiller, sondern der Bauer, der sie tierquälerisch in Massentierhaltungen hält und mit Soja aus Urwaldabholzungsregionen füttert.
Konsequenzen: Was heißt das für uns Verbraucher?
Fleischlose, am besten vegane Ernährung, ist ein besonders wirksamer Beitrag, um die Klimagase aus der Nahrungsindustrie zu verringern. Man muss aber nicht völlig auf Fleisch oder Milchprodukte verzichten, wenn die Produkte aus biologischem Anbau und aus der heimischen Region kommen.
Verbraucher können ja selbst darauf achten, indem sie Biolebensmittel und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung nur aus der näheren Region kaufen. Dann würden zudem die hohen Emissionen in der Verteilung der Lebensmittel mit Flugzeugen oder Lkw wegfallen. Erfreulich: Die Selbstvermarktung auf dem Bauernhof, gerade bei Biobauern in Deutschland, wächst zunehmend, ebenso wie die regionalen Ecken von Bioprodukten in den Supermärkten. Je mehr wir als Kunden dort einkaufen, umso mehr gehen klima- und gesundheitsschädliche Produktionsmethoden zurück.
Die Verbraucher hätten es also selbst in der Hand, wenn sie nicht mehr die Produkte der 20 größten Fleisch- und Milchproduzenten kaufen, sondern Biofleisch und Biomilchprodukte vom Biobauern aus dem Nachbardorf.
Politiker sind aufgefordert, endlich gesetzlich die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass regional erzeugtes Biofleisch, Biomilch und Biogemüse sich durchsetzen. Sie sollten endlich die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass klimaschützende und gesunde Nahrungsmittel im Supermarkt und anderen Märkten billiger sind als die vergleichbaren klimaschädlichen konventionellen Nahrungsmittel.
Dann würden auch die hohen gesellschaftlichen Kosten, die durch große ökologische Schäden an Böden, Wasser und Luft verursacht werden, verringert. Vor allem aber würden die hohen, immer mehr unbezahlbaren Kosten des Gesundheitssystems reduziert, weil wir Menschen dann einfach weniger Krankheiten hätten, wenn wir uns gesünder ernähren, sauberere Luft atmen und saubereres Wasser trinken.
- Große Fleisch- und Milchkonzerne in Deutschland mit hohen Emissionen | Neue Germanwatch-Studie: Große deutsche Schlacht- und Milchkonzerne tragen erheblich zur Klimakrise bei.
Quelle
Hans-Josef Fell 2025 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG