Ernteausfälle wegen Dürre: Landwirtschaft nicht nur Opfer
Der Sommer 2018 wird in Erinnerung bleiben als einer der bislang schwerwiegendsten Dürresommer Deutschlands. Nach Einschätzung von Experten werden Wahrscheinlichkeit und Heftigkeit von Wetterextremen in Zukunft noch zunehmen.
Was ein Einzelereignis nicht zeigen kann, zeigt der Blick auf Rekordhitze und Wetterextreme weltweit. Der Klimawandel ist in vollem Gange. Ernteausfälle, unwiederbringliche Schäden an natürlichen Ressourcen und damit einhergehend eine Destabilisierung von landwirtschaftlichen Höfen sind die folgenschweren Auswirkungen des extremen Wetters.
Doch die Landwirtschaft ist nicht nur Opfer, sondern auch mitverantwortlich für einen wichtigen Teil der Treibhausgas-Emissionen. Um die Folgen des Klimawandels zu minimieren und die Ernährungssicherheit langfristig zu sichern, muss auch die Landwirtschaft Treibhausgase reduzieren. Die meisten Treibhausgase stammen aus der industriellen Massentierhaltung und den dafür notwendigen Futtermitteln.
Eine Transformation des Sektors fordert die Klima-Allianz Deutschland mit ihren Mitgliedsorganisationen Bioland, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie Germanwatch vor dem „Praktikerdialog Klimaschutz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft“ am Donnerstag, zu dem Bundesumweltministerin Schulze einlädt. Gleichzeitig ist es nach Ansicht des zivilgesellschaftlichen Bündnisses wichtig, Landwirte aktiv auf den unvermeidbaren Klimawandel vorzubereiten. Insbesondere der Ökolandbau hat Werkzeuge dafür: Richtig angewendet ist er ein Modell für den Ausbau einer klimafreundlichen und anpassungsfähigen Landwirtschaft.
Was kann die Landwirtschaft tun?
Gerald Wehde, Leiter Agrarpolitik von Bioland e.V.: „Der ökologische Landbau muss vorangetrieben werden. Je mehr Betriebe auf nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden zurückgreifen, desto besser ist das für unser Klima. Maßnahmen sind hier eine an die Fläche angepasste Zahl von Tieren und vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker. Denn durch einen häufigen Wechsel der angebauten Pflanzen bleibt die Fruchtbarkeit der Böden besser erhalten. Es geht außerdem um die Rückbindung von CO2 in den Böden, das gelingt über den Humusaufbau. All dies hat den positiven Nebeneffekt, dass die Böden aufnahmefähiger für Wasser sind und dieses entsprechend besser und länger speichern können. So sind die Pflanzen besser versorgt und es kommt zu weniger Überschwemmungen in Folge von Starkregen.“
Die Politik muss endlich handeln
„Nicht nur wegen der Dürre wird immer deutlicher, dass wir dringend eine Agrarwende brauchen. Weg von instabilen und anfälligen Hochleistungssystemen hin zu agrarökologischen Anbaumethoden, die Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft bieten und unsere Ernährung sichern“, sagt Antje von Broock vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). „Die Bundesregierung ist jetzt dringend gefordert, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und der Landwirtschaft zu helfen, ihre Bewirtschaftungssysteme nachhaltig und grundlegend zu verändern. Der Ruf nach kurzfristigen Finanzhilfen darf nicht davon ablenken, dass wir einen mittelfristigen Umbau benötigen. Mit den Milliarden der EU-Agrarpolitik könnte bereits ab 2021 mit dem Umbau begonnen werden.“
Industrielle Tierhaltung größtes Problem für Klima und Regenwald
„Die industrielle Tierhaltung ist für den Großteil der Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich“, ergänzt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Sie setzt die Treibhausgase einerseits direkt frei, aber vor allem indirekt über Regenwaldabholzungen für Sojaimporte aus Südamerika. Es ist unverantwortlich, wie viel Landfläche Deutschland in Entwicklungsländern für solche Futtermittelimporte belegt. Die deutsche Landwirtschaftspolitik sollte aufhören, auf Exporte von Fleisch und Milchprodukten in alle Welt zu setzen. Sie schädigt damit das Klima und setzt die bäuerlichen Betriebe hier einem ruinösen Preiswettbewerb gegen Billiganbieter in aller Welt aus.“
Hintergrund:
Rund zehn Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen in der EU rechnen Klimaforscher der Landwirtschaft an, die vor allem in der Tierhaltung, bei der Lagerung von Hofdüngern und bei der Düngung der Böden entweichen. Weitere Emissionen entstehen bei der Futtermittelproduktion außerhalb der EU, bei der Produktion von Agrochemikalien, bei Verpackung, Transport und Lagerung von Lebensmitteln sowie durch Lebensmittelabfälle. So entfallen auf den gesamten Ernährungssektor wesentlich mehr Emissionen. Je nach Modell gehen Wissenschaftler von einem Anteil von mindestens 33 bis 50 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen aus.
Das Pariser Klimaabkommen verantwortet alle Emittenten von Treibhausgasen, also auch die Landwirtschaft, ihre Emissionen bis 2050 so zu reduzieren, dass eine maximale globale Erwärmung von 2 Grad, möglichst unter 1,5 Grad, eingehalten werden kann. Dementsprechend hat die EU vorgegeben, dass bis 2050 insgesamt 80 bis 95 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden sollen.