‹ Zurück zur Übersicht
pixabay.com | Gerd Altmann | Europa Wiese

© pixabay.com | Gerd Altmann | Umweltorganisationen wie WWF und Birdlife begrüßen Luenas Vorstoß in einem gemeinsamen Positionspapier.

Europa will Vorreiter beim Naturschutz werden

EU-Gesetz zur Renaturierung auf dem Weg. Die EU arbeitet am weltweit ersten Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.

Der Vorschlag der Europäischen Kommission geht Sozialdemokraten und Grünen im Umweltausschuss des EU-Parlaments nicht weit genug. Christdemokraten laufen aber schon gegen das Pestizidverbot in Schutzgebieten Sturm.

Noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zog der Nordseeschnäpel den Rhein, die Elbe, die Ems und die Weser zum Laichen herauf. Doch Überfischung, schlechte Wasserqualität und Flussbegradigungen setzten dem Wanderfisch, der nur im Wattenmeer vorkam, zu. Seit den 1940er Jahren gilt der Nordseeschnäpel als ausgestorben.

Später wurden große Hoffnungen auf die Schnäpel im dänischen Flüsschen Vidå gesetzt: Dort könnte eine Population aus der Nordsee erhalten geblieben sein. Ein Zuchtprogramm sorgte dafür, dass die Fische in Rhein und Treene wieder ausgesetzt werden konnten.

Doch es gibt auch Zweifel, ob diese Fische wirklich Nordseeschnäpel sind – manche Forscher:innen vermuten, dass es sich um den Ostseeschnäpel handeln könnte.

Der Nordseeschnäpel ist mit seinem Schicksal nicht allein. Vögel wie die Wüstengrasmücke und der Waldrapp sind wahrscheinlich in Europa ausgestorben und stehen exemplarisch für eine katastrophale Entwicklung: Europas Biodiversität schwindet in besorgniserregendem Tempo, denn viele Biotope sind schwer beeinträchtigt oder ganz zerstört. 81 Prozent der Lebensräume in der EU sind in einem schlechten Zustand, bilanziert die Europäische Umweltagentur EEA in einem Bericht.

Intensive Landwirtschaft nimmt vielen Arten den Raum – artenreiches Grünland wie Wiesen und Weiden, aber auch Hecken und Feldraine müssen immer häufiger für Ackerland weichen. Auch nicht nachhaltige Forstwirtschaft, Zersiedlung, invasive Arten und der Klimawandel tragen laut dem EEA-Bericht dazu bei, dass die Biodiversität abnimmt und immer mehr Pflanzen- und Tierarten gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht sind.

EU soll neues globales 30-Prozent-Ziel aufgreifen

Um das Artensterben aufzuhalten, will die EU mehr Flächen renaturieren – also einen möglichst natürlichen Zustand wiederherstellen. Einfach ist das nicht – die Renaturierung von geschädigten Ökosystemen ist aufwendig und kostet viel Geld. Tausende Hektar Moor müssen wiedervernässt werden, begradigte Flüsse wieder mehr Raum bekommen, verdichtete und degradierte Böden sollen aufbereitet und Wälder mit verschiedenen Arten durchmischt werden.

Mitte Januar hat sich der Umweltausschuss des EU-Parlaments mit dem Bericht des sozialdemokratischen Abgeordneten César Luena zum geplanten Renaturierungsgesetz befasst. Der spanische EU-Parlamentarier will den Vorschlag der EU-Kommission nachschärfen. Das angestrebte Ziel, 20 Prozent der Ökosysteme zu renaturieren, soll nach dem Willen von Luena auf 30 Prozent angehoben werden.

Auch Primär- und Urwälder müssten strenger geschützt werden. Beim Weltnaturgipfel in Montreal habe die EU dem neuen UN-Abkommen zugestimmt, mit dem 30 Prozent der Erdoberfläche unter Schutz gestellt werden sollen, sagte Luena in der Ausschusssitzung. Was auf internationaler Ebene vereinbart wurde, müsse sich auch in den Vorgaben der EU wiederfinden.

Besonders wertvolle Ökosysteme an Land und im Meer sollen durch Wiederherstellungsmaßnahmen vollständig in einen „guten Zustand“ versetzt werden, fordert der Abgeordnete – also zu 100 statt nur zu 90 Prozent, wie es die EU-Kommission vorschlägt. Auch der Verlust städtischer Grünflächen müsse gebremst werden. Während die Kommission vorschlägt, dass alle Städte bis 2050 auf mindestens zehn Prozent Baumbestand kommen sollen, will Luena 15 Prozent ansetzen.

Im vergangenen Sommer hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag für das Renaturierungsgesetz vorgelegt. Es wäre weltweit das erste Gesetz zur Wiederherstellung zerstörter Lebensräume. „Es gibt die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, aber dies ist das erste Mal, dass die EU die Natur als Gesamtheit in den Blick nimmt“, betonte Luena. Umweltorganisationen wie WWF und Birdlife begrüßen Luenas Vorstoß in einem gemeinsamen Positionspapier.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Sandra Kirchner) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren