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GLOBAL 2000 kritisiert jahrzehntelange Fehleinschätzung von Pestiziden

Das weltweit gebräuchlichste Insektizid Chlorpyrifos feiert seinen 50. Geburtstag – kein Grund zur Freude.

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 nimmt den heutigen internationalen „Tag gegen Pestizide“ (Day of no pesticide use) zum Anlass, um auf ein bedenkliches Jubiläum hinzuweisen: vor 50 Jahren wurde das Insektizid Chlorpyrifos vom US-amerikanischen Pestizidhersteller Dow Agro Science auf den Markt gebracht.

Chlorpyrifos ist das weltweit am häufigsten verwendete Insektizid. Es wird z.B. gegen Blattläuse, Schildläuse oder Vorratsschädlinge eingesetzt. Anwendungen finden sich im Obst-, Gemüse-, Acker- und Weinbau, in Forst und Grünland sowie im Vorratsschutz und bei Zierpflanzen.

„Chlorpyrifos ist ein Nervengift. Wissenschaftlichen Studien zufolge ist es fortpflanzungsschädigend beim Menschen und zudem hochgiftig für Vögel, Bienen und Fische“, erklärt Dr. Waltraud Novak, Expertin für Pestizidreduktion von GLOBAL 2000. „Es steht außerdem in Verdacht, bereits in geringen Dosen das Hormonsystem zu stören, ADHS zu fördern, bei exponierten Kindern wurden sogar Veränderungen im Gehirn festgestellt“, so Novak weiter.

GLOBAL 2000 hält es für bedenklich, dass häufig Rückstände dieses Pestizids auf Äpfeln, Birnen und Zitrusfrüchten gefunden werden. Gemäß Daten des deutschen Labors CVUA Stuttgart (2014) kam es bei Kernobst durch Chlorpyrifos sogar in über drei Prozent der Untersuchungen zu Überschreitungen des gesetzlichen Höchstwertes. Weltweit führt das Pestizid bei AnwenderInnen immer wieder zu Vergiftungserscheinungen.

Nichtsdestotrotz betont Dow Agro Science, dass Chlorpyrifos zu den am besten untersuchten Pestiziden gehört und demnach unbedenklich ist.

Nach 50 Jahren endlich ein Grund zum Feiern?

GLOBAL 2000 arbeitet schon seit über 13 Jahren im Rahmen des PestizidReduktionsProgramms daran, den Einsatz und die Rückstände von Pestiziden wie Chlorpyrifos zu reduzieren. Die europäische Umweltbehörde EFSA hat nun endlich den Wirkstoff genauer unter die Lupe genommen und die toxikologischen Grenzwerte drastisch abgesenkt. Obwohl dies für Umwelt- und KonsumentenschützerInnen ein Grund zum Feiern wäre, bleibt ein bitterer Beigeschmack, denn die Absenkung kommt um viele Jahre zu spät – so hat zum Beispiel die amerikanische Gesundheitsbehörde US-EPA bereits 2011 die Werte für Chlorpyrifos um das 20-fache gesenkt.

Forderung nach Entzug der Zulassung

2012 hat die EFSA noch festgestellt, dass die Werte gerechtfertigt sind und man bestimmte gesetzliche Höchstwerte sogar erhöhen kann. 2015 empfiehlt die EFSA endlich, bei mehreren Produkten die gesetzlichen Grenzwerte zu senken bzw. die Zulassung bei einigen Produkten ganz zu entziehen.

„Chlorpyrifos wurde jahrzehntelang unterschätzt und jetzt ist es plötzlich 20-mal giftiger. So etwas darf im Sinne des Verbraucher- und Umweltschutzes nicht passieren“, erklärt Novak. „Wir fordern daher eine Verbesserung des Zulassungsverfahrens. Es kann nicht sein, dass ein Pestizid jahrelang falsch eingeschätzt und auf Grund eines solchen Fehlers womöglich die Gesundheit von LandwirtInnen und KonsumentInnen gefährdet wird! Ein ähnlicher Fall liegt beim Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat vor. Dieses Pestizid wurde kürzlich von der WHO offiziell als „wahrscheinlich für den Menschen krebserregend“ eingestuft. Dennoch beharren die Zulassungsbehörden weiterhin auf der angeblichen Unbedenklichkeit dieses Pestizids. „Wir fordern die EU auf, alle Zulassungen für Chlorpyrifos zu entziehen, so wie dies auch die US-EPA plant“, so Novak.

Die beste Alternative zur Chemie-intensiven konventionellen Landwirtschaft ist die biologische Produktionsweise. „In der biologischen Landwirtschaft werden überhaupt keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt“, führt Novak aus, „deswegen fordert GLOBAL 2000 Bundesminister Rupprechter auf, die Forschung für Alternativen zu forcieren und alle Zeichen auf Vorrang für Bio zu stellen.“

Quelle

GLOBAL 2000.at | lisa.radda 2015

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