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Kanadas Waldbrände zählen zu weltgrößten CO₂‑Quellen

Forscher:innen fanden heraus, dass die kanadischen Waldbrände letztes Jahr mehr klimaschädliche Emissionen verursachten als die fossile Verbrennung fast jeder Industrienation. Schon länger mahnt die Wissenschaft, sich nicht auf natürliche CO2-Senken zu verlassen.

Über 15 Millionen Hektar Wald fielen in Kanada letztes Jahr dem Inferno zum Opfer. In nur einem Jahr gingen damit vier Prozent des gesamten kanadischen Waldes in Flammen auf, eine Fläche so groß wie alle Waldgebiete Deutschlands und Österreichs zusammengenommen.

230.000 Menschen mussten evakuiert werden, Millionen Nordamerikaner litten unter der Luftverschmutzung. Zeitweise verhüllten die Rauchschwaden die Tausende Kilometer entfernte Metropole New York.

Doch die Brände verschlangen nicht nur Häuser und verschmutzten die Luft, sie heizten auch dem Klima unheimlich ein. Das zeigt eine kürzlich in der Fachzeitschrift Nature erschienene Studie.

Die überwiegend US-amerikanische Forschungsgruppe um den Kohlenstoffkreislauf-Experten Brendan Byrne schätzt, dass insgesamt 647 Millionen Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre entwichen.

Der Studie ist nicht zu entnehmen, inwiefern sich der freigesetzte Kohlenstoff in Kohlendioxid (CO2) und Kohlenmonoxid (CO) aufteilt. 647 Millionen Tonnen Kohlenstoff würden aber umgerechnet 2.373 Millionen Tonnen CO2 entsprechen. Kohlenmonoxid entsteht bei unvollständiger Verbrennung unter Sauerstoffmangel und wird in der Atmosphäre überwiegend in CO2 umgewandelt.

In nur fünf Monaten verursachten die Waldbrände damit viermal so viel klimaschädliche Emissionen wie Kanada über ein ganzes Jahr durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas – eine Menge vergleichbar mit den fossilen Emissionen Indiens.

Nur China und die USA setzten durch das Verfeuern fossiler Brennstoffe deutlich mehr Kohlenstoff frei als die kanadischen Waldbrände. Andere Industrienationen wie Russland, Japan oder Deutschland emittierten erheblich weniger.

Heißes und trockenes Wetter führten zu Megafeuern

Waldbrände sind auch in Kanada durchaus normal und erfüllen wichtige Funktionen für die Ökosysteme. So können sich die Zapfen mancher Baumarten nur durch die hohen Temperaturen des Feuers öffnen.

Treten die Brände allerdings zu häufig auf oder dauern zu lange, kann sich das Ökosystem davon nicht erholen. Durch die besonders heißen und niederschlagsarmen Klimabedingungen des letzten Jahres waren die Nadelwälder und Böden so ausgetrocknet, dass selbst junge Wälder von den Feuern ergriffen wurden.

Das ist ungewöhnlich, weil es in jungen Wäldern kaum abgestorbenes Holz und anderes Brennmaterial gibt. Wie die Studienautor:innen zeigen, war die verbrannte Fläche siebenmal so groß wie das durchschnittlich jährlich durch Waldbrände zerstörte Gebiet der letzten 40 Jahre.

Für die Studie nutzten die Wissenschaftler:innen Satellitendaten, die Aufschluss über die Menge an Kohlenstoffmonoxid in den Rauchfahnen über Kanada geben. Anschließend rechneten sie „zurück“ auf die Gesamtmenge des emittierten Kohlenstoffs, die nötig gewesen wäre, um diese Menge an CO zu erzeugen.

„Wir fanden heraus, dass die Feueremissionen größer waren als alles, was in Kanada jemals beobachtet wurde„, sagte Hauptautor Brendan Byrne. Sie hätten dann verstehen wollen, warum. Als Hauptursache identifizieren die Autor:innen ungewöhnlich heißes und gleichzeitig trockenes Wetter.

Die Zahl der einzelnen Feuer war laut Studie kaum höher als der mehrjährige Durchschnittswert. Aufgrund der heiß-trockenen Bedingungen konnten sich viele der Brände aber zu sogenannten Megafeuern entwickeln. Das sind Waldbrände über eine Fläche von mehr als 10.000 Hektar.

Wälder verlieren ihre CO2-Aufnahmekapazität

Während derartige Verhältnisse heute noch vergleichsweise selten sind, werden sie den Forscher:innen zufolge selbst in moderaten Klimaszenarien schon in etwa drei Jahrzehnten die Norm sein.

Die Waldbrände verdeutlichen erneut, weshalb viele Wissenschaftler:innen warnen, sich zu sehr auf natürliche CO2-Senken zu verlassen. Zwar wachsen die verbrannten Wälder Kanadas auch wieder nach, aber es wird Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern, bis sie den gesamten verlorenen Kohlenstoff wieder binden können.

Auch andere Regionen leiden unter Waldbränden, aber ebenso unter Hitzestress und Schädlingen. Immer mehr Untersuchungen legen nahe, dass auch Wälder in Europa und Sibirien ihre Kapazität zur CO2-Aufnahme einbüßen.

Teile des Amazonas-Regenwaldes setzen schon heute mehr CO2 frei, als sie aufnehmen. Wie höchst komplexe Ökosysteme auf ein sich rasant veränderndes Klima reagieren, ist mit dem heutigen Forschungsstand in den meisten Fällen schlicht nicht abzusehen.

Auch dieses Jahr hat Kanada mit anhaltender Trockenheit und hohen Temperaturen zu kämpfen. Bereits im Mai mussten mehrere tausend Menschen evakuiert werden. Expert:innen warnten vor einer weiteren katastrophalen Waldbrandsaison.

Das Schlimmste blieb bisher aus. Die Waldbrände waren zwar auch dieses Jahr größer als im langjährigen Durchschnitt, aber bei Weitem nicht so zerstörerisch wie letztes Jahr.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (David Zauner) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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