Kenia kämpft gegen Dürre und für Klimasicherheit
Kenia erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Die Auswirkungen treffen besonders die Verletzlichsten: lokale und indigene Gemeinden. Dabei ist es ihr Wissen, das zur richtigen Klimaanpassung beitragen kann.
Keshoe Isaiah sah seine Mutter auf der Suche nach Wasser immer weitere Strecken zu Fuß zurücklegen. Er sah auch, wie seine Brüder die Schule abbrechen mussten, um mit den Rindern, Ziegen und Schafen kilometerweit zu laufen, bis sie eine Wasserquelle und Weideland fanden. Und doch verdursteten die Tiere.
Heute bleibt der Familie nur noch eine kleine Herde. Die Maasai, eine indigene Gemeinschaft im Südwesten Kenias, sind Dürren gewohnt, aber nicht in diesem Ausmaß.
Isaiahs Heimatland Kenia erlebt die dramatischste Dürre seit 40 Jahren. Zum fünften Mal in Folge haben die Regenfälle am Anfang des Jahres nicht ausgereicht, in den letzten Jahren sind sie zum Teil sogar ganz ausgeblieben.
„Wenn man die Dauer der Dürre im Jahr 2007, als ich noch jung war, mit der heutigen vergleicht, dann sieht man, dass sich die Jahreszeiten durch den Klimawandel verändert haben“, sagt Isaiah. „Früher dauerte eine Dürre einen Monat, heute dauert sie teilweise drei Monate.“
Die Verletzlichsten trifft die Dürre am stärksten
Laut Klimaforschung werden Hitzewellen und langanhaltende Dürren aufgrund des Klimawandels nicht nur wahrscheinlicher, sie dauern auch länger. Auch Starkniederschläge und Überschwemmungen werden schon bei einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad zunehmen.
Die Auswirkungen treffen besonders die verletzlichsten und am wenigsten entwickelten Länder. Zwischen 2010 und 2020 sind in den stark gefährdeten Regionen 15‑mal mehr Menschen durch Hochwasser, Dürren und Stürme gestorben als in Regionen mit sehr geringer Gefährdung.
In besonders großer Gefahr sind indigene Gemeinschaften – wie die Maasai. Die Halbnomaden leben von der Viehzucht. „Wenn das Vieh stirbt, haben die meisten Familien Schwierigkeiten, ihr Leben zu finanzieren“, erklärt Isaiah. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen sind 3,5 Millionen Menschen in Kenia aufgrund der Dürre von akuter Ernährungsunsicherheit bis hin zu Unterernährung bedroht.
Besonders betroffen sind laut Bericht Frauen und Mädchen. Sie sind diejenigen, die die Familie versorgen und gleichzeitig immer weitere Strecken für Feuerholz und Wasser zurücklegen müssen. Die Dürre zwingt sie teilweise, in fremde Territorien zu gehen, wo sie zunehmender Gewalt, Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind.
Laut dem UN-Bericht hat in einigen Gemeinden die Zahl der Kinderheiraten zugenommen: Statt in die Schule zu gehen, müssen junge Mädchen heiraten, um das Überleben ihrer Familien zu sichern. „Ich möchte dafür sorgen, dass kein Kind mehr die Schule verpassen muss und kein junges Mädchen mehr verheiratet wird, weil die Familie so verzweifelt ist“, erklärt der junge Maasai Isaiah.
Größter See Afrikas wird zur Bedrohung
Knapp 200 Kilometer weiter nördlich, direkt am Victoriasee, wuchs Isaiahs Freund Clive Donnley auf. Auch er erlebte, wie Regenzeit und Trockenzeit sich verändert haben. In seiner Heimatregion leben viele Menschen von der Landwirtschaft und nutzen dafür traditionelle Anbausysteme als einzige Möglichkeit, auch in der Regenzeit zu pflanzen. „Wenn sich der Zyklus von Regen- und Trockenzeit verschiebt, können sie nichts mehr anpflanzen“, erklärt Donnley.
Aber nicht nur die Dürre gefährdet die Versorgung von Donnleys Gemeinde mit sauberem Trinkwasser und Nahrung. Der Victoriasee, größter See Afrikas und zweitgrößter Süßwassersee der Welt, soll Trinkwasser spenden, Fisch liefern und als Transportweg dienen. Stattdessen wird er zur Bedrohung.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Laura König) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!