Klare Warnung vor Folgen von Überfischung und Klimakrise
Industrielle Fischerei und Erderhitzung gefährden Artenvielfalt im Ozean – 2022 Jahr der handwerklichen Fischerei und Aquakultur.
Anlässlich des internationalen Fischereitags am heutigen Sonntag, dem 21. November, warnt die Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) vor den Auswirkungen überfischter Meere auf Natur und Menschen rund um den Globus.
„Weltweit sind mehr als ein Drittel der Fischbestände überfischt, weitere 60 Prozent sind am Limit. Dazu kommt die Klimakrise, die viele Meeresarten bedroht“, berichtet Simone Niedermüller, Meeresbiologin beim WWF Österreich. Betroffen sind vor allem Entwicklungsländer. Doch gerade die dort praktizierte handwerkliche Kleinfischerei ist umso wichtiger für die Ernährungssicherheit. Sie versorgt kleine Gemeinden auch dann mit Nahrung, wenn andere Lieferketten zusammenbrechen. „Fisch ist eine essenzielle Nahrungsquelle für fast die Hälfte der Weltbevölkerung. 800 Millionen Menschen leben direkt oder indirekt von Fischerei. Die Überfischung wird für diese Menschen zur existentiellen Bedrohung“, warnt WWF-Expertin Simone Niedermüller.
Frauen in der Fischerei
In der öffentlichen Wahrnehmung wird Fischerei immer noch vor allem mit Männern assoziiert. Tatsächlich werden jedoch rund die Hälfte der mit dem Fischereisektor verbundenen Tätigkeiten von Frauen verrichtet, oftmals jedoch schlechter oder gar nicht bezahlt. In der Verarbeitung und dem Verkauf machen Frauen sogar 70 bis 90 Prozent der Beschäftigten aus. Als oft unbezahlte Arbeitskräfte leisten Frauen in vielen Bereichen, etwa bei der Aufbereitung und im Verkauf oder der Pflege der Netze unverzichtbare Arbeit. Die nicht-industrielle Fischerei ist eine Tätigkeit, in die oft die gesamte Familie mit einbezogen ist.
Dabei wäre eine bessere Einbindung der im Fischereisektor tätigen Frauen ein Weg zu mehr Nachhaltigkeit. „Wo Frauen und Männer gleichermaßen in die Bewirtschaftung der Ernährungsgrundlagen eingebunden werden, kann das nachweislich zu einem schonenderen Umgang mit den Ressourcen führen“, sagt WWF-Expertin Simone Niedermüller mit Verweis auf ein WWF-Positionspapier. „Um als Facharbeiterinnen eine Schlüsselrolle zu spielen und abgesichert zu sein, brauchen sie entsprechende Ausbildungen, Anerkennung und Möglichkeiten.“ Der WWF arbeitet in mehr als 40 Orten im Mittelmeer, um handwerkliche Fischer*innen in nachhaltiges Ressourcenmanagement einzubinden, ihnen zu helfen, ihren Fisch durch bessere Vermarktung aufzuwerten und alternative Einkommensquellen aufzubauen. Das Ziel ist, dass die Betroffenen weniger Fischen müssen und dennoch gut leben und ihre Kultur erhalten können.
Neben der Überfischung ist die Klimakrise die größte Bedrohung für die Artenvielfalt im Meer. Gerade im globalen Süden gefährdet die Erderhitzung die Fischbestände. Deshalb fordert der WWF die Einführung von Schutzgebieten auf 30 Prozent der Meeresfläche bis 2030: „Schutzgebiete sind überlebenswichtiger Erholungsraum für bedrohte Tierarten und helfen ihnen bei der Anpassung an die Folgen der Erderhitzung“, erklärt Simone Niedermüller. Außerdem müsse gerade in den Industriestaaten der Fischkonsum reduziert werden. Österreich importiert ganze 95 Prozent seines Fischbedarfs. „Wir müssen unseren Konsum von Fisch deutlich einschränken, damit der Fisch als wertvolle Nahrungsquelle dort erhalten bleibt, wo er am dringendsten gebraucht wird“, fordert WWF-Expertin Simone Niedermüller.