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Leistungsfähigkeit begrünter Dächer

Nachhaltiges Bauen mit Dachbegrünung. In dem Informationsportal www.nachhaltigesbauen.de des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind verschiedene Erläuterungen und ein Leitfaden zum ökologischen Bauen zu finden. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) vergibt ein Zertifikat dazu, wenn bestimmte Vorgaben erfüllt worden und durch einen unabhängigen Auditor überprüft worden sind.

Unter anderem spielen auch Dachbegrünungen eine Rolle, wenn es um nachhaltiges Bauen geht. In diesem Beitrag soll aufgezeigt werden, in welche Bereiche das Gründach eingeordnet werden kann und welche Funktionen es dabei übernimmt. In Deutschland werden Dachbegrünungen schon seit über 30 Jahren professionell ausgeführt – die schon damals aktiven Firmen sind heute die Marktführer, und das nicht nur in Deutschland. Heute sind es wahrscheinlich über 10 Millionen Quadratmeter Dachfläche, die jährlich in Deutschland neu begrünt werden.

Grundlagen: Dachbegrünung nach dem Stand der Technik

Schon früh in den Anfängen der Dachbegrünung in Deutschland, wurden Untersuchungen in den verschiedensten Themenbereichen vorgenommen und diese Erkenntnisse und Praxiserfahrungen in der „Richtlinien zur Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen“ kurz „Dachbegrünungsrichtlinie“, der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) als „Stand der Technik“ zusammengefasst. Damit sind die begrünten extensiven und intensiven Dächer ausreichend behandelt, doch in Deutschland trägt man der aktuellen Entwicklung genutzter Dächer Rechnung und hat 2005 erstmals auch die „Empfehlung zu Planung und Bau von Verkehrsflächen auf Bauwerken“ veröffentlicht. Die „Hinweise zur Pflege und Wartung begrünter Dächer“ von FLL, BGL (Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. und FBB Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. ergänzen die Schriften zur Dachbegrünung. Für den Bereich Dachabdichtung bei Gründächern gibt es das FLL-Prüfverfahren zur Wurzelfestigkeit, die Flachdachrichtlinien des ZVDH und die DIN 18531 bzw. DIN 18195.

Wirkungen begrünter Dächer

Die vielen positiven Wirkungen und Funktionen begrünter Dächer sind in den meisten Bereichen erforscht und mit Zahlen hinterlegt:

  • Schutz der Dachabdichtung
  • Wärmedämmung im Winter und Hitzeschild im Sommer
  • Erhöhung des Wirkungsgrades von Photovoltaikanlagen
  • Wasserrückhaltung und Minderung der Spitzenabflüsse
  • Verbesserung des Umgebungsklimas
  • Ökologische Ausgleichsflächen
  • Verbesserung der Luftschalldämmung
  • Filterung von Luftschadstoffen und Feinstaub. Minderung von Elektro-Smog.
  • Verbesserung des Arbeits- und Wohnumfeldes, zusätzliche Wohn- und Nutzflächen
  • Aufwertung der Gebäudearchitektur, Imagewerbung, „Grün am Bau“

In Deutschland spielen für die Dachbegrünung zwei Gesetzesvorgaben eine große Rolle: die Eingriffs-Ausgleichs-Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (nach § 19) und die Entwicklung der Berechnung der Abwassergebühren, die früher oder später in allen Bundesländern durch eine gesplittete Abwassergebühr erhoben werden. In der Praxis heißt das, dass viele Dächer aufgrund von Bau- und Naturschutzauflagen begrünt werden müssen und immer mehr Dächer freiwillig begrünt werden, weil Niederschlagswassergebühr eingespart werden kann.

Der reine Dachbegrünungsaufbau ist derzeit noch nicht im Sinne der Wärmeschutzverordnung als definierte Dämmschicht anrechenbar. Als Grund wird angeführt, dass der Gesamtaufbau phasenweise durchfeuchtet ist, was zu Kältebrücken führen kann. Untersuchungen u.a. von KOLB (1988), KÖHLER (2006) und MINKE (2009) haben dagegen gezeigt, dass begrünte Dächer durchaus nennenswerte Wärmedämm- und Hitzeschutzeigenschaften besitzen. Hier besteht also auf jeden Fall noch Handlungs- und Forschungsbedarf – in den Bereichen „Lärmschutz“ und „Feinstaubbindung“ ebenso.

Nachhaltiges Bauen

Nachhaltiges Bauen heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, damit nachfolgenden Generationen ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen werden kann. Für den Baubereich lassen sich aus diesen Dimensionen verschiedene Schutzziele ableiten. Dabei wird im Rahmen einer Lebenszyklusbetrachtung die Optimierung sämtlicher Einflussfaktoren über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – also von der Rohstoffgewinnung über die Errichtung bis zum Rückbau – angestrebt. Alle Lebensphasen eines Bauwerks müssen im Hinblick auf die unterschiedlichen Aspekte der Nachhaltigkeit analysiert und in ihrem Zusammenwirken optimiert werden. Ziel ist das Erreichen einer hohen Gebäudequalität mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt.

Die Beurteilungs- bzw. Bewertungsmaßstäbe der Nachhaltigkeit von Gebäuden beziehen sich auf drei vorrangige Schutzziele: 1. Ökonomie, 2. Ökologie, 3. Soziales und Kulturelles. Wie steht die Dachbegrünung dazu?

Ökonomie

  • Der erste Punkt, der zum Stichwort „Ökonomie“ kommt, ist oft die Frage nach der Rentabilität einer Dachbegrünung. Die bisher durchgeführten Kosten-Nutzen-Analysen von HÄMMERLE (1995 und 2002), KOLB (1997), MANSCHEK (1997), LIETCKE (1998), HOFFMANN (1999), KRUPKA (2001) und MANN (2003) lassen sich aufgrund unterschiedlicher Ausgangs nicht direkt miteinander vergleichen. Richtungsweisen war die Veröffentlichung von HÄMMERLE (1995), der als Erster eine ausführliche Analyse erstellte, die vielen Autoren als Leitfaden diente. In einem Punkt sind sich alle Autoren einig – begrünte Dächer rechnen sich – früher oder später. Einige nach nachfolgend angeführten Punkte betreffen direkt oder indirekt die mögliche Kosteneinsparung durch eine Begrünung.
  • Schutz der Dachabdichtung vor Extrembeanspruchung bei Spitzentemperaturen im Sommer und Winter und vor Wind- und Witterungseinflüssen wie Sturm, Hagel, UV-Strahlung – damit verlängerte Lebensdauer der Dachabdichtung gegenüber der unbegrünten Variante. Fachleute sprechen von einer doppelt so langen Zeit ohne Reparaturen oder Komplettsanierungen.
  • Wärmedämmleistungen im Winter und Hitzeschild im Sommer und damit ein Beitrag zur Energieeinsparung, auch wenn (noch) nicht mit Zahlen anrechenbar.
  • Erhöhung des Wirkungsgrades von Photovoltaikanlagen bei der Kombination Photovoltaik/Dachbegrünung. Photovoltaik und Dachbegrünung schließen sich im Gegensatz zum Vorgenannten Ansatz nicht aus – ganz im Gegenteil.
  • Die Dachbegrünung schützt die Dachabdichtung, so dass die geplante Nutzungsdauer der Dachfläche von 20-25 Jahren ohne zwischenzeitliche Reparatur- bzw. Sanierungsarbeiten erreicht wird.
  • Die Dachbegrünung bildet die Auflast der Solarmodule, so dass Durchdringungen in die Dachabdichtung vermieden werden können.
  • Die Dachbegrünung verbessert die Leistung der Photovoltaikanlage um etwa 4-5% durch die Kühlung der Solarmodule und trägt damit zur schnellen Rentabilität des Objektes bei.
  • Wasserrückhaltung – je nach Begrünungsart jährlich 30-99% des Niederschlags, und Minderung der Spitzenabflüsse – je nach Begrünungsart bis zu 100%. Damit Entlastung der Kanalisation mit den verbundenen Einsparungspotentialen bei der Rohr- und Kanaldimensionierung, Einsparung von Regenrückhaltebecken und mögliche Gebührenminderung bei Städten mit gesplitteter Abwassersatzung.

Ökologie

Hier finden sich die Punkte, die ökologischen Belangen gerecht werden.

  • Ökologische Ausgleichsflächen und Ersatz-Lebensräume für Tiere. Anerkannte Minderungsmaßnahme bei der Eingriffs-Ausgleichsregelung.
  • Je nach Begrünungsart und Vegetationsform sind dauerhafte Lebensräume mit hoher Artenvielfalt in Flora und Fauna möglich (MANN 1998) bzw. temporäre Rückzugsbiotope für Wildbienen, Schmetterlinge usw.
  • Ausgewählte Gründachsysteme mit ausgeglichener Ökobilanz, Produkte natürlichen Ursprungs bzw. aus Recyclingmaterial und einem dezentralen Substratkonzept, um Transportwege zu minimieren.
Quelle

Dr. Gunter Mann 2013Optigrün international AG 2013Erstveröffentlichung in „forum – Nachhaltig Wirtschaften“

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