NO2-Grenzwerte werden auch in München dauerhaft überschritten
Wenn es um Luftverschmutzung geht, wird hierzulande viel mit dem Finger auf China, Indien oder Polen gezeigt. Doch auch in Deutschland liegt in vielen Städten die Luftverschmutzung weit über den von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Grenzwerten.
Über etwa zwei Monate hat die Ludwig-Bölkow-Stiftung mit Unterstützung von Green City e.V. im Herbst 2016 an 50 verschiedenen Messpunkten die Durchschnittskonzentration von Stickstoffdioxid in der Stadt München gemessen.
Erschreckend: An mindestens 15 Orten im Stadtgebiet überschreiten die Werte teils deutlich die gesetzlichen Grenzen. Der in Deutschland gültige Grenzwert für den Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die WHO empfiehlt ebenso wie das Umweltbundesamt einen Jahresmittelwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht zu überschreiten. Ab diesem Wert müssen gesundheitliche Auswirkungen erwartet werden, wie zum Beispiel Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislaufprobleme. Besonders Kinder und Asthmatiker können davon betroffen sein.
Die Messergebnisse legen die Vermutung nahe, dass in der gesamten Innenstadt bis auf wenige Ausnahmen durchschnittlich eine Konzentration von um oder über 30 Mikrogramm pro Kubikmeter herrscht. Dr. Werner Zittel, promovierter Physiker bei der Ludwig-Bölkow-Stiftung und Chairman der Energy Watch Group, erläutert: „Unsere Messungen lassen den Schluss zu, dass fast in der gesamten Innenstadt dieser gesundheitsrelevante Schwellenwert dauerhaft überschritten wird. Außerdem ist davon auszugehen, dass München auch den gesetzlichen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter an vielen weiteren Stellen nicht einhält.“ (eine Kurzfassung des Berichts finden Sie hier, weitere Informationen zu der Massiere hier)
Das von Green City e.V. initiierte „Bündnis für saubere Luft in München“ fordert über ein Bürgerbegehren („Sauba sog i“), dass die Stadt wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen soll, damit bis zum Jahr 2025 circa 80 Prozent aller Wege in München mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad, zu Fuß oder in Elektroautos zurückgelegt werden. Der Münchner Stadtrat hat am 25. Januar 2017 auf Antrag der SPD die Forderung in den Luftreinhalteplan der Stadt übernommen.
In vielen anderen Städten werden allerdings nur die Forderungen nach Autofrei erhoben, die seit Jahrzehnten nichts bewegen. Das zeigen die weiter hohen Belastungen der Luft. Im Mittelpunkt der kommunalen Handlungen muss deshalb neben den Maßnahmen für Verkehrsreduktion auch die Umstellung von Bussen, Bahnen und Autos auf emissionsfreie Antriebe stehen. Doch hier blockieren Umweltverbände und selbst viele Grüne Kommunalpolitiker die Umsetzung der inzwischen in der Straßenverkehrsordnung eröffneten Markteinführungen mit Privilegien.
Ein Autoverbot in Städten geht eben nicht weit genug: Selbst, wenn die Innenstädte frei von Autos sind, werden Busse, Lieferverkehr, Baumaschinen und andere noch erhebliche Emissionen verursachen. Autofrei ist nur eine kleine Teillösung des Problems der Luftverschmutzung. Nullemissionsantriebe sind die entscheidende Maßnahme. Daher müssen sich die kommunalen Maßnahmen stärker auch darauf konzentrieren.
Quelle
Hans-Josef Fell 2017 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG