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Out of the Door – Die Natur „boomt“

Draußen Sport machen liegt im Trend, die Outdoor-Branche blüht und „grünt“. Seit die Bekleidung für die 8.000er dieser Welt nicht mehr nur funktional, sondern auch stylisch durchdesignt ist, schlendern auch Großstädter darin regelmäßig über die Einkaufsmeilen und fühlen sich „draußen zu Hause“. Verbunden mit diesem Boom sieht sich die Branche mit kritischen Fragen konfrontiert, die mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu tun haben.

Die breite Öffentlichkeit erreichte das Thema erstmals vor etwa zwei Jahren. Der Spiegel titelte Mitte 2010 „Outdoor-Hersteller fallen bei sozialer Verantwortung durch“. Auch die ZEIT fragte Ende 2010 provokant in Richtung Outdoor-Branche: „Lieber nackt als unfair?“ Beide Publikationen bezogen sich auf die Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben der Outdoor-Unternehmen in den Produktionsländern. Das Thema wurde unter anderem durch die internationale Kampagne für Saubere Kleidung aufgegriffen.

Wie groß aber ist der faktische Einfluss, den ein einzelnes Unternehmen auf tausende Kilometer entfernte Arbeitsbedingungen hat? „Gering“, sagt Rolf Schmid, CEO bei der Schweizer Mammut Sports Group AG. „Problematisch beim Thema soziale Arbeitsbedingungen in der Zulieferkette ist, dass wir als einzelner Hersteller kaum das nötige Gewicht haben, um direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen zu können.“ Schmid verweist auf die Fair Wear Foundation (FWF), die alle relevanten Outdoor-Anbieter an Bord habe. „Alles was wir als Einzelunternehmen bzw. als Branche tun können ist, dass wir entsprechende Initiativen koordinieren und harmonisieren.“ Aus seiner Sicht scheint dies in Europa mit der Fair Wear Foundation gelungen zu sein.

Neben den Arbeitsbedingungen sind natürlich weitere Faktoren relevant. Unter Nachhaltigkeitsaspekten kommt der eigentlichen Produktion eine sehr große Bedeutung zu. Mehr als 50 Prozent soll der Impact der Produktion im Produktlebenszyklus ausmachen. Um zu klären, ob die Branche nachhaltig agiert, muss also der gesamte Produktlebenszyklus betrachtet werden: Begonnen beim Rohmaterial über den Produktionsprozess, die Verpackung, den Transport, den Gebrauch bis hin zur Produktlebensdauer und ggf. dessen Recycling. Ein nach wie vor verbreiteter Trugschluss dabei ist, zu glauben, dass ein Naturprodukt wie Wolle grundsätzlich nachhaltiger ist, als ein synthetisches Produkt. Auch Faktoren wie Flächen- und Wasserverbrauch, Tierhaltungsbedingungen und Chemikalieneinsatz müssen hierfür betrachtet werden.

Nachhaltigkeit als Marketinginstrument

Im Vergleich zur sonstigen Bekleidungsbranche kann man den Outdoor-Unternehmen das Interesse an Nachhaltigkeit nicht absprechen. Dies bestätigt auch Peter Waeber, CEO der bluesign technologies ag: „Die Outdoor-Branche ist in diesem Bereich deutlich weiter als der Rest der Bekleidungsindustrie.“ bluesign hat einen Umweltstandard für textile Produkte eingeführt, der fünf Aspekte umfasst: Konsumentenschutz, Abwasser, Abluft, Arbeitssicherheit und Ressourcenproduktivität.

Neben der „Zwangsvermählung“ mit der Natur ist das Thema Nachhaltigkeit für die Branche aber auch aus Marketingsicht interessant – für Konsumenten wird Nachhaltigkeit immer mehr ein Kaufkriterium. Für die Branche ist eine negative Berichterstattung in diesem Bereich dramatisch! Eine kürzlich gelaunchte Kampagne von Patagonia veranschaulicht, dass beide Aspekte oft Hand in Hand gehen.

Es gibt verschiedene Versuche, das Nachhaltigkeitsverhalten der Unternehmen für Konsumenten transparent zu machen. Beispielsweise die Kampagne Fair Fashion der Erklärung von Bern oder Rank a Brand. Auch die fairwear.org (FWF) bietet auf ihrer Website eine „shopping list“, die bei der Recherche helfen kann.

Naturverbrauch durch Outdoor-Aktivitäten

Unter Nachhaltigkeitsaspekten hat der Outdoor-Boom noch einen zweiten Aspekt, der nicht mit den Unternehmen, sondern mit den Sportlern und den Outdoor-Regionen zu tun hat. Die Frage nämlich, wie groß der Naturverbrauch durch Outdoor-Aktivitäten ist. Der Schweizer Tagesanzeiger beispielsweise titelte: „Sind Schneeschuhwanderer Wildschutz-Hooligans?“

Obwohl keine validen Zahlen vorliegen, ist man sich einig: Die Zahl der Outdoor-Sportler ist in den letzten Jahren massiv emporgeschnellt. „Die Nachfrage nach Ausbildungskursen in den Sektionen des deutschen Alpenvereins (DAV) ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen“ sagt Jörg Ruckriegel, Ressortleiter Natur- und Umweltschutz beim DAV e.V. Das zeigen auch die wachsenden Mitgliederzahlen des Vereins. Auch Gaudenz Thoma, CEO Graubünden Ferien, bestätigt die Zunahme: „Gefühlt, also rein auf unsere Beobachtungen und Rückmeldungen aus den Orten bezogen, auf jeden Fall.“

Die Zunahme allein hat allerdings wenig Aussagekraft: Eine hohe Zahl an Sportlern, die in der Landschaft die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit respektiert, ist aus Umweltsicht unproblematisch, während eine geringe Zahl von Sportlern, die diese Grenzen missachtet, erhebliche ökologische Probleme verursacht (vgl. Handbuch Sport und Umwelt, 2000).

Auch in diesem Bereich sind Tendenzen erkennbar, dass die involvierten Gruppen aktiv werden. Unter respektiere-deine-grenzen.ch können Wanderer und Skitourengeher beispielsweise ihre geplanten Routen abgleichen mit Wildruhezonen. Hierin wird deutlich, dass auch Verbände und Regionen ihre Verantwortung tragen, auch über die Ausbildung touristischer Führer hinaus.

Trägt die Outdoor-Branche eine spezielle Verantwortung?

Mit dem Aufbau der Sustainability Working Group innerhalb der European Outdoor Group (EOG) zeigt die Branche ihren Willen zur Verantwortungsübernahme. Es wird klar kommuniziert, dass in den kommenden Jahren ein Fokus auf nachhaltige Entwicklung sowie Corporate Social Responsibility gelegt werden muss und in diesen Bereichen langfristig ernsthafte Veränderungen nötig sein werden. Mark Held, Generalsekretär der EOG, relativiert jedoch: „Speziell“ sei ein heikles Wort in diesem Zusammenhang. „Unsere Industrie ist nicht besser oder schlechter als jeder andere gewissenhafte Betrieb, aber was in unserem Bereich anders ist, ist die Tatsache, dass unsere Existenz von einer gesundem Umwelt abhängig ist, in der Outdoor-Aktivitäten ausgeübt werden.“

Die Branche kann diese Verantwortung aber auch als Chance verstehen! Geht man davon aus, dass Nachhaltigkeit auf Seiten der Verbraucher immer mehr auch Kaufentscheidungen beeinflussen wird, bieten sich für eine transparent agierende Branche erhebliche Potenziale für die kommenden Jahre. Der Hersteller Patagonia beispielsweise versucht sich mit seiner Common Threads Initiative in diesem Bereich zu positionieren. Nach dem Motto Reduzieren, Reparieren, Wiederverwenden, Recyclen sind nach Unternehmensangaben seit 2005 aus 45 Tonnen zurückgegebener Kleidung 34 Tonnen neue Kleidung entstanden. Um das Weiterverwenden gebrauchter Kleidung zu unterstützen, wurde gemeinsam mit eBay eine Verkaufsplattform ins Leben gerufen, über die Kunden gebrauchte Patagonia-Kleidung kaufen und verkaufen können. Bisher steht diese Plattform allerdings nur in den USA zur Verfügung.

Wie die Sportmesse ISPO 2012 gezeigt hat, ist die Branche für diesen Bereich sensibilisiert – sie diskutiert und schafft entsprechende Strukturen. Branchenintern wird begonnen, über „Systeme“ (Cradle to Cradle) zu sprechen. Klar ist aber: Der Weg von brancheninternen Verbänden zu einem einzelnem Unternehmen ist „lang und steinig“. Auch Outdoor-Unternehmen müssen Umsatz machen. Und dafür braucht es neben nachhaltig agierenden Unternehmen auch Kunden, die bereit sind, entsprechende Preise zu zahlen und Systeme (z. B. Recycling) anzunehmen.

Quelle

FORUM Nachhaltig Wirtschaften 2012Christian Dohm | Chefredakteur von outdoor.de 2012

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