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© Depositphotos | mechanik | Tropische Zyklone und Hurrikans werden durch El Niño wahrscheinlicher.

Ozeane warm wie nie: Droht ein „Super‑El‑Niño“?

Die gegenwärtige Erwärmung der Ozeane beunruhigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Neben unmittelbaren Folgen wie Artenschwund und Meeresspiegelanstieg erhöhen die Temperaturen auch die Gefahr eines „Super-El-Niños“. Die Folgen wären weltweit zu spüren.

So warm waren die Ozeane noch nie. Zumindest nicht so früh im Jahr. Laut der US-Wetterbehörde NOAA liegt die durchschnittliche Temperatur an der Meeresoberfläche seit Anfang April bei 21,1 Grad Celsius.  Damit ist der bisherige Rekord von 21 Grad aus dem Jahr 2016 knapp übertroffen.

In einigen Regionen waren die Unterschiede enorm. Im März lagen die Meeresoberflächen­temperaturen vor der Ostküste Nordamerikas um bis zu 13,8 Grad über dem 30-Jahres-Durchschnitt der Periode von 1981 bis 2011.

Doch warum die Aufregung? Jedes Jahr spült der Klimawandel ein paar neue Rekorde in die Zeitungen. Das Problem: Anders als vielleicht ein neuer Speerwurf-Rekord sind die Klimawandel-Rekorde nicht isoliert zu betrachten.

In unserem eng vernetzten Erdsystem hat jeder dieser Höchstwerte weitreichende Folgen. Das gilt ganz besonders für die Ozeane, die Wärmespeicher unseres Klimasystems. Sie leiden am stärksten unter dem energetischen Ungleichgewicht unseres Erdsystems.

Unsere Erde nimmt mehr Sonnenstrahlung auf, als sie eigene Strahlung abgibt. Dementsprechend akkumuliert sich im Erdsystem Wärme. Nichts anderes ist der Klimawandel.

Das alles passiert immer schneller. In den letzten 15 Jahren hat sich auf der Erde fast so viel Wärme angesammelt, wie in den vorangegangenen 45 Jahren, wobei der größte Teil der zusätzlichen Energie in den Ozeanen landet – etwa 89 Prozent.

Ein El Niño mit 80 Prozent Wahrscheinlichkeit

Marine Ökosysteme leiden unter dem Hitzestress. Es kommt zu großflächigen Artenmigrationen mit unabschätzbaren ökologischen Folgen. Andere Systeme, etwa Korallenriffe, kollabieren ab einer bestimmten Erwärmung.

Ein wärmerer Ozean braucht außerdem mehr Platz. Durch die sogenannte thermische Expansion steigt der Meeresspiegel und das wärmere Wasser beschleunigt die Eisschmelze an den Polen.

Auch die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse nimmt mit steigenden Meerestemperaturen zu, erläutert Dietmar Dommenget, Klimaforscher an der Monash-Universität im australischen Melbourne. Hurrikans und tropische Zyklone können mehr Energie aus dem aufgeheizten Ozeanwasser ziehen. Sie dauern dadurch länger an und werden stärker.

Besonders besorgt sind Forscher:innen dieses Jahr über das mögliche Auftreten eines El Niños (siehe Kasten unten). Manche sprechen gar vor einem sich anbahnenden „Super-El-Niño“. Der Chef der Weltwetterorganisation WMO, Petteri Taalas, warnte bei der Vorstellung des Klimazustandsberichts 2022 vor globalen Höchsttemperaturen im kommenden Jahr, ausgelöst durch einen El Niño.

Das australische Bureau of Meteorology gibt die Wahrscheinlichkeit für einen El Niño noch in diesem Jahr mit 50 Prozent an. Seine Modelle zeigen, dass die Meeresoberflächentemperaturen ab August die Voraussetzung für einen El Niño erfüllen.

Die El-Niño-Forschungsgruppe an der Columbia Climate School in New York, die die meisten relevanten Vorhersagen zusammenträgt, geht sogar von einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit für ein El-Niño-Ereignis aus.

Dietmar Dommenget, der in Melbourne zu El Niño und Extremwetterereignissen forscht, hält die Risikoeinschätzungen für etwas zu hoch gegriffen. „In den vergangenen Jahrzehnten hatten die Vorhersagezentren die Tendenz, El Niños vorherzusagen, und in Wirklichkeit kam kein El Niño oder er war viel schwächer als erwartet.“

Dürren, Überschwemmungen, tropische Stürme und Ausbruch von Krankheiten

Die Vorhersagen des Wetterphänomens sind schwierig. Denn bis heute konnte die Wissenschaft nicht endgültig klären, warum es zu diesem nicht regelmäßig auftretenden Phänomen kommt. Das wichtigste Element zur Vorhersage ist die Oberflächentemperatur im tropischen Pazifik.

„Die derzeitige Situation entspricht in etwa dem, was man vor einem großen El-Niño-Ereignis erwarten würde“, sagt Klimaforscher Dommenget. „Aber sie ist keine Garantie dafür, dass ein großes El-Niño-Ereignis eintritt.“

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ David Zauner) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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