‹ Zurück zur Übersicht
Depositphotos | rustonwayne

© Depositphotos | rustonwayne | „Global ist die Temperatur bereits um über 1 Grad gestiegen, aber was wir heute schon erleben, wäre bei einer ungebremsten Klimakrise nur der Anfang,“ heißt es in dem von den Grünen formulierten Papier.

Stirbt die Artenvielfalt? Welche Tiere sind bedroht? Welche konnten gerettet werden? 4/8

Während die reichen Staaten für den Klimawandel verantwortlich sind, müssen die armen Länder als erste die Folgen ausbaden.

UNO-Forscher warnen vor apokalyptischen Szenarien und Dürren, Überflutungen, Artensterben und den größten Flüchtlingsströmen der Menschheitsgeschichte. Inseln werden verschwinden und Millionenstädte könnten ertrinken – zuerst auf der südlichen Erdhalbkugel – aber später auch im Norden. Doch zunächst mal spaltet der Klimawandel die Welt.

Die gute Nachricht der neuen weltweiten Klimadebatte: Nur noch wenige Betonköpfe leugnen den Klimawandel. 

Doch der Klimawandel ist schon da, es ist nicht nur eine Horrorvision in der Zukunft. Die Vorboten der letzten Jahre allein in Mitteleuropa:

  • 1999: Sturm Lothar mit Toten und Milliardenschäden
  • 2002: Sommerhochwasser mit einigen Dutzend Toten und über 10 Milliarden Euro Schäden
  • 2003: Hitzesommer mit 35.000 Toten in Westeuropa
  • 2005: Sommerhochwasser in Bayern und Österreich
  • 2006: Wir haben den heißesten Juli und sofort danach den kältesten August seit 150 Jahren
  • 2007: Der Weltklimarat stellt fest, dass die wärmsten 11 Jahre seit 1850 in den letzten 12 Jahren waren.
  • 2008  war der Monat März der heißeste seit 150 Jahren.

Die Zeichen mehren sich! Was ist für die Zukunft absehbar?

Wenn Grönlands Eis auftaut, könnte der Meeresspiegel langfristig um sieben Meter ansteigen.

  • Die Niederlande liegen schon heute mit 25 % ihrer Landfläche tiefer als der Meeresspiegel. Die Überschwemmungen werden zunehmen. Deshalb werden jetzt die ersten schwimmenden Häuser gebaut – Amphibienhäuser, die mit dem Hochwasser in die Höhe schwimmen. Ein solches Leichtbauhaus kostet über 300.000 Euro. Für Indien und Bangladesh ist eine solche Lösung aber zu teuer.
  • In der Schweiz versucht die Kommune Andermatt mit „Frischhaltefolien“, ihren abnehmenden Gletscher zu schützen. Auch in Österreich und auf der Zugspitze sollen Folien das Abschmelzen der Gletscher verhindern. Das sind eher Symbole unserer Hilflosigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels.
  • In Afrika werden noch mehr Millionen Menschen verhungern und verdursten. Schon heute sind auf unserem Nachbarkontinent 485 Millionen Menschen von Dürre, Wassermangel und Wüstenbildung betroffen. In Afrikas Seen geht die Zahl der Fischarten zurück. Fisch ist für Millionen Afrikaner das Hauptnahrungsmittel.
  • Der Himalaya schmilzt und wird schneefrei. Das hat an Asiens großen Flüssen, die alle im Himalaya entspringen und von dort Schmelzwasser beziehen, Auswirkungen für mehrere hundert Millionen Menschen in China, Indien, Bangladesh und Nepal.
  • Im Süden, Osten und Südosten Asiens sind viele Millionenstädte durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht: zum Beispiel Shanghai, Singapur, Hongkong, Mumbai, Chittagong, Seoul. Hunderte Millionen Asiaten könnten von den Küsten ins Binnenland fliehen. Die zunehmenden Überflutungen führen zu immer mehr versalzten und damit unfruchtbaren Böden und Hunger. Das Salzwasser dringt immer weiter ins Land und tiefer ins Grundwasser. Reisanbauflächen und Arbeitsplätze verschwinden. Die UNO-Wissenschaftler rechnen allein in Bangladesh mit über fünf Millionen Umweltflüchtlingen, wenn der Golf von Bengalen um nur 45 Zentimeter steigt.
  • Pazifik-Inseln sterben. Inseln wie Tuvalu oder die Malediven sind schon heute vom Meeresanstieg bedroht. Die ersten Menschen dort bitten um Asyl in Australien und Neuseeland.

Nochmal: Diese Prognosen sind keine einzelnen Außenseiter- oder Minderheitsvoten mehr, sondern die Summe der Erkenntnis von über 2.000 Klimaforschern. Und viele dieser Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Klimaberichte der UNO die Gefahren eher unterbewerten, weil die Abschlussberichte von 150 Regierungen einstimmig gebilligt werden müssen. 

Um die beschriebenen Probleme zu lösen, ist jeder Einzelne, aber natürlich auch die Politik gefordert. Die Schweiz ist wahrscheinlich das einzige Land der Welt, nach dessen Verfassung auch die Würde von Pflanzen zu achten ist. Im Artikel 120 ist von der „Würde der Kreatur“ die Rede und ein Gesetz von 2004 präzisiert, dass nicht nur Tiere, sondern auch Pflanzen als Kreaturen zu gelten haben. Das ist nur logisch, denn kein Mensch kann mit eigener Kraft auch nur einen einzigen Grashalm wachsen lassen.

Eine Schweizer Ethikkommission hat das Gebot nun in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzt. Pflanzen dürfen demnach nicht „willkürlich geschädigt“ werden. Mit der Einschränkung, dass die „ausreichende Ernährung“ des Menschen gewährleistet sein müsse. 

Ein weiteres positives Beispiel, das zeigt, dass Artensterben nicht unabwendbar ist: In Afrika ist Elefantenjagd seit vielen Jahren verboten. Elefanten dürfen nicht mehr geschossen werden. Vor 20 Jahren sah es so aus, als würden die Elefanten in Afrika aussterben. Doch heute – nur 20 Jahre später – gibt es im südlichen Afrika schon wieder eher zu viele Elefanten. Denn die zu vielen Elefanten fressen zu viele Bäume kahl und bedrohen jetzt die pflanzliche Artenvielfalt, so dass das natürliche Gleichgewicht zerstört wird. Deshalb werden Elefanten zwar nicht geschossen, aber Elefantendamen werden künstlich unfruchtbar gemacht. 

Weltweit werden Regenwälder gnadenlos abgeholzt. Die Hälfte aller Regenwälder wurde in den letzten 50 Jahren vernichtet und damit verschwanden Millionen von Tier- und Pflanzenarten.

Weltweit stirbt der Wald

Alle zwei Minuten gibt es ein fußballfeldgroßes Stück Urwald weniger. Tropisches Holz wird von einer zahlungskräftigen Kundschaft in den Industriestaaten für Gartenmöbel, Papier, Holzhäuser und Holzfenster verbraucht.

In Kanada, Finnland und Russland werden die letzten Urwälder gerodet. In Indonesien und Malaysia muss der Regenwald Plantagen weichen, die Palmöl für Seifen, Margarinen und Biosprit liefern.

In Deutschland kommt der staatliche Naturschutz nur langsam voran.Wir sehen ein zwiespältiges Bild: Einerseits finden zwar mehr Pflanzen und Tiere in neuen Nationalparks und anderen geschützten Plätzen Schutz. Aber andererseits sinkt die Zahl der bedrohten Arten kaum, manche Tier- und Pflanzenbestände nehmen sogar bedrohlich ab. Kiebitz, Feldlerche und der Wiesenpieper sind nur drei Beispiele für die Bedrohung der Arten.

2008 gelten in Deutschland 30 % der Tierarten und 27 % der Farn- und Blütenarten als gefährdet. Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, sagt: „Nach wie vor gibt es einen großen Bedarf an großen, ungenutzten und vor allem unzerschnittenen Flächen.“

In den letzten Jahren wurden in Deutschland um ein Drittel mehr Naturschutzfläche geschaffen. Mittlerweile gibt es fast 8.000 Naturschutzgebiete auf einer Fläche, die um über 30 % größer ist als noch 1997. Freilich: Mit 3,3 % der Gesamtfläche ist Deutschland noch immer Entwicklungsland beim Naturschutz.

Hinzu kommen allerdings noch 14 Nationalparks, 13 Biosphärenreservate und 97 Naturparks. Aber pro Jahr wird in Deutschland eine Fläche zubetoniert, die beinahe so groß ist wie der Bodensee. Jeden Tag werden hierzulande im Schnitt 113 Hektar Fläche versiegelt. Das Ziel der Bundesregierung liegt bei 30 Hektar pro Tag.

Fortschritte gab es in Deutschland seit Jahren beim Vogelschutz und in den Wäldern. Die deutsche Waldfläche ist in den letzten Jahren von etwa 30 % des Landes auf 33 % gewachsen. Hier wird wirklich nachhaltig gewirtschaftet – wie schon seit 250 Jahren im deutschen Wald. Vor allem amtliches und ehrenamtliches Engagement haben gefährdete Arten wie Seeadler, Wanderfalke, Uhu, Steinkautz oder Schwarzstorch erheblich geholfen. Umweltminister Gabriel macht darauf aufmerksam, dass in naturnäheren Wäldern seltenere Vogelarten immer öfter heimisch werden.

Zugleich aber warnt Gabriel vor „einer Koalition der Unwilligen aus Wirtschaft, Landwirtschaft und einigen Bundesländern“. Diese Koalition wolle den Naturschutz aufweichen. Und dadurch würden die geringe Artenvielfalt, die wir hier noch haben, weiter reduziert.

Wir haben weltweit zwischen 30 und 100 Millionen Tier- und Pflanzenarten. Ist es da so schlimm, wenn einige Arten verschwinden? – wird gelegentlich gefragt.

Erstens: Nicht einige wenige, sondern Millionen Arten sind bereits verschwunden. Und zweitens: Jede einzelne Art kann genau diese sein, die das Überleben einer anderen möglich macht. Und es kann sein, dass wir genau dieses Enzym, dieses Gen, dieses Bakterium in einigen Jahren für Medikamente oder neue Materialien brauchen.

Wir müssen also Artenschutz auch aus egoistischen Gründen betreiben. Auch wegen der wachsenden Weltbevölkerung sind wir künftig noch stärker auf die Daten der Natur angewiesen. Minister Gabriel: „Artensterben bedeutet: Wir löschen die Daten der Natur von der Festplatte. Der Artenschwund ist ein genau so großes Problem wie der Klimawandel.“ Nur wissen das die meisten Menschen nicht oder noch nicht.

Das Bewusstsein für den Artenschutz wird weltweit steigen.

Teil 5: Warum braucht das Leben Vielfalt statt Einfalt?

istockphoto
Quelle
Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren