Umfrage: Bevölkerung will raus aus der Massentierhaltung
Mehrheit der Deutschen befürwortet strengere Gesetzgebung, Lebensmittelkennzeichnung und Verzicht auf Reserveantibiotika.
Eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung befürwortet grundsätzliche Veränderungen bei der Nutztierhaltung. Das geht aus einer aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hervor.
Demnach sprechen sich mehr als zwei Drittel der Befragten dafür aus, strengere Vorschriften zur artgerechteren Haltung von Nutztieren wie Schweinen oder Hühnern einzuführen. Außerdem befürworten vier von fünf Bundesbürgern eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für alle tierischen Lebensmittel, die zeigt, wie die Tiere gehalten wurden.
Ebenso viele Bundesbürger sind für ein Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung. Reserveantibiotika sind Medikamente, die bei Menschen eingesetzt werden, wenn normale Antibiotika aufgrund von Resistenzen nicht mehr wirken. Werden Reserveantibiotika aber in der Nutztierhaltung verwendet, können resistente Keime entstehen, die auch in den menschlichen Organismus gelangen können. Infolgedessen kann es passieren, dass Reserveantibiotika unbrauchbar werden, weil sie im Notfall beim Menschen nicht mehr wirken.
„Ein Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung ist überfällig. Tiere, die gut gehalten werden, brauchen keine Antibiotika und schon gar nicht solche, die für die menschliche Gesundheit essenziell sind“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Am Beispiel von Reserveantibiotika zeigt sich überdeutlich, dass die Nutztierhaltung in Deutschland dringend reformiert werden muss“, so Weiger.
Um Transparenz im Bereich der Nutztierhaltung zu schaffen, fordert der BUND eine verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung, die es Verbrauchern ermöglichen würde, sich aktiv für mehr Umwelt- und Tierschutz zu entscheiden. Die von Agrarminister Christian Schmidt vorgestellten Kriterien für ein staatliches „Tierwohl“-Label hält der BUND für unzureichend. „Das von Minister Schmidt vorgestellte Label ist viel zu lasch und verdient den Namen Tierwohl nicht. Es bringt kaum mehr für den Tierschutz als die gesetzlichen Standards jetzt schon vorschreiben“, sagte Weiger.
Stattdessen schlägt der BUND eine verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung mit deutlich strengeren Kriterien vor, ähnlich der bereits bei Eiern bestehenden. Diese habe zu einem geschärften Bewusstsein bei Verbrauchern geführt und letztlich auch dazu, dass Eier aus Käfighaltung ausgelistet wurden. „Verbraucher können durch ihr Kaufverhalten die Haltung von Nutzieren verbessern, vorausgesetzt sie können erkennen, woher Fleisch, Milch und Käse kommen. Eine verpflichtende Kennzeichnung für alle tierischen Produkte könnte sich an der Eier-Kennzeichnung orientieren, von 0 für Bio bis 3, dem gesetzlichen Standard“, so Weiger.
Von der nächsten Bundesregierung erwartet der BUND eine Kehrtwende in der Landwirtschaft und einen Umbau der Nutztierhaltung. „Die nächste Bundesregierung muss endlich dem Willen der Verbraucher nach mehr Tierschutz Rechnung tragen. Der Umbau unserer Landwirtschaft hin zu ökologischerer Tierhaltung, tiergerechten Ställen und mehr Weidehaltung ist unumgänglich. Die Bundesregierung darf die Agrarwende auch im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz nicht verschleppen“, forderte Weiger.
Quelle
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) | 2017