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© unsplash.com | gitte-winter | Die Destabilisierung des grönländischen Eisschildes ist ein Beispiel für Veränderungen, die sich auf mehrere Kipppunkte des Erdsystems auswirken.

Vier zentrale Klimakomponenten des Erdsystems verlieren an Stabilität

Vier wichtige, miteinander verbundene Teile des Klimasystems der Erde destabilisieren sich laut einer neuen Studie, an der das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt ist.

Die Forschenden untersuchten die Zusammenhänge zwischen vier Kippelementen: dem grönlandischen Eisschild, der Atlantischen Meridionalen Umwälzströmung (AMOC), dem Amazonas-Regenwald und dem südamerikanischen Monsunsystem. Alle vier zeigen Anzeichen eines Verlusts an Widerstandsfähigkeit – womit sich das Risiko abrupter und möglicherweise irreversibler Veränderungen erhöht.

„Wir haben jetzt überzeugende beobachtungsbasierte Belege dafür, dass mehrere miteinander verbundene Teile des Erdsystems sich destabilisieren“, sagt der Leitautor der Studie Niklas Boers vom PIK und der Technischen Universität München. „Das bedeutet, dass diese Systeme sich kritischen Schwellenwerten nähern könnten, deren Überschreiten abrupte und irreversible Veränderungen mit schwerwiegenden Folgen auslösen könnte.“ Die größte Sorge der Forschenden ist, dass diese Klimasysteme nicht isoliert sind. Sie sind Teil eines größeren miteinander verbundenen Systems von Kippelementen, die über die Ozeane und die Atmosphäre miteinander interagieren.

Um Anzeichen einer Destabilisierung zu erkennen und zu verfolgen, analysierte das internationale Team langfristige Beobachtungsdaten und entwickelte eine neue mathematische Methode, um zu bewerten, wie sich die einzelnen Komponenten nach Störungen erholen. Eine verminderte Fähigkeit, sich von Störungen wieder zu erholen, ist ein deutliches Zeichen für eine abnehmende Stabilität. Über alle Datenquellen und Analysetechniken hinweg führten die Ergebnisse zu derselben Schlussfolgerung: Mehrere dieser Klimakomponenten verlieren an Stabilität.

Signale im gesamten Erdsystem

Während Klimamodelle diese Dynamik noch nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit simulieren können, sind die Veränderungen anhand empirischer Daten bereits sichtbar. Der grönländische Eisschild beispielsweise wird durch Rückkopplungen destabilisiert, die das Schmelzen beschleunigen. Die AMOC ist durch den zunehmenden Süßwassereintrag aus schmelzendem Eis und Niederschlägen bedroht, wodurch der Salzgehalt und die Dichte des Oberflächenwassers, ein wichtiger Treiber der Zirkulation, verringert werden. In Südamerika schwächt der Klimawandel in Verbindung mit der Entwaldung den Amazonas-Regenwald. Und das südamerikanische Monsunsystem ist mit dem Risiko abrupter Veränderungen der Niederschlagsmengen konfrontiert, wenn der Feuchtigkeitskreislauf des Waldes gestört wird.

„Mit jedem Zehntel Grad zusätzlicher Erwärmung steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Kipppunkt zu überschreiten“, betont Boers. „Das allein sollte ein starkes Argument für sofortige und entschlossene Reduktionen der Treibhausgasemissionen sein.“

Da die genauen Schwellenwerte der Kipppunkte weiterhin ungewiss sind, betonen die Forschenden die Notwendigkeit, ein globales Überwachungs- und Frühwarnsystem zu entwickeln, um erste Anzeichen einer Destabilisierung erkennen zu können. Satellitengestützte Beobachtungen, insbesondere zu Vegetation und Eisschmelze, könnten in Kombination mit langfristigen Klimadaten und modernen Techniken des maschinellen Lernens eine Echtzeit-Verfolgung der Widerstandsfähigkeit kritischer Kippelemente möglich machen.

Quelle

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 2025

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