Zehn Prozent weniger EU-Tierhaltung kann fehlende Weizenimporte aus Ukraine großteils ersetzen
Während Nordafrika eine Weizen-Preisschlacht und Hungersnot droht, wird Europas Weizen überwiegend verfüttert – Greenpeace fordert Sofortpaket von der EU.
Rund 18 Millionen Tonnen Weizen aus der Ukraine werden dieses Jahr voraussichtlich auf dem Weltmarkt fehlen. Besonders hart trifft dieser Ausfall Nordafrika und Westasien. Doch während den Ländern dieser Regionen ein gefährlicher Preiskampf und eine Hungersnot drohen, landet der Weizen in der EU großteils in den Futtertrögen unserer Nutztiere. Daher kann laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace der ukrainische Ernteausfall fast gänzlich und rasch durch Maßnahmen der EU behoben werden: Indem die EU zehn Prozent ihrer Viehbestände reduziert, werden 16 Millionen Tonnen Weizen für Menschen verfügbar, die sonst im Trog landen würden. So können fatale Folgekatastrophen des Ukraine-Kriegs verhindert und die steigenden Brotpreise in Nordafrika und Westasien entschärft werden. Daher fordert Greenpeace jetzt von der Europäischen Kommission als Sofortmaßnahme Zahlungen für LandwirtInnen, die bereit sind, ihre Anzahl an Nutztieren entsprechend zu reduzieren um sicherzustellen, dass der Weizen für Menschen verfügbar wird. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger muss sich in Brüssel für ein entsprechendes Programm stark machen.
“Derzeit landen unglaubliche 162 Millionen Tonnen an Getreide jährlich in der EU in den Futtertrögen, davon über 38 Millionen Tonnen Weizen. Wir steuern gerade auf eine Situation zu, in der europäische Schweine, Rinder und Hühner Unmengen an Getreide fressen, während Menschen in Nordafrika und Westasien hungern müssen. Das ist skandalös und vollkommen untragbar”, sagt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich. Da aber etwa ein Schwein rund drei- bis viermal mehr Kalorien in Form von Futtermitteln zu sich nehmen muss, als es am Ende in Form von Fleisch “produziert”, ist die EU-Nutztierhaltung an sich extrem ineffizient. Daher ist es deutlich effizienter, gesunde pflanzliche Lebensmittel direkt für uns Menschen anzubauen: Mit der selben Fläche können so deutlich mehr Menschen ernährt werden.
Um die weltweite Ernährungssicherheit zu gewährleisten, müssen mittelfristig weniger tierische Produkte wie etwa Fleisch produziert und konsumiert werden. Aber auch in der derzeitigen angespannten Situation kann eine rasche Reduktion als Sofortmaßnahme einen enormen Beitrag leisten. Würde die Europäische Kommission Geld in die Hand nehmen und LandwirtInnen für eine Reduktion der Tierhaltung ein Prämie auszuschütten, wäre das mit der Situation 2016 zur Stabilisierung der Milchpreise vergleichbar. “Die EU muss in dieser Krisensituation jetzt Verantwortung übernehmen. Unser komplett aufgeblähter Nutztiersektor entzieht der Welt Unmengen an wertvollem Getreide. Höchste Zeit, dass wir einen Teil davon zurückgeben”, fordert Theissing-Matei.
- Das Greenpeace-Factsheet “Ernteausfälle in der Ukraine, weltweiter Weizen-Mangel: Wie Folgekrisen vermieden werden können”
Quelle
Greenpeace.at 2022 | OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG