Industriestrompreis fördert fossilen Strom
Die Einführung eines Industriestrompreises wäre ein massiver Eingriff in den Strommarkt zugunsten der fossilen Erzeugung und würde die Energiewende abbremsen. Schon heute werden die Strompreise für energieintensive Unternehmen stark subventioniert.
Die Debatte um den Industriestrompreis entwickelt sich zum politischen Dauerbrenner. Im Frühjahr dieses Jahres kam die folgende Erzählung auf: Vor der vom Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise habe die Industrie etwa sieben Cent für die Kilowattstunde Strom bezahlen müssen. Dieser Preis sei dann auf ein Mehrfaches gestiegen, seitdem zwar wieder gesunken, aber nicht genügend.
Aktuell kostet die Kilowattstunde an der Börse – Stromlieferung 2024 – ungefähr 13 Cent. Kurzfristig ist Strom für acht oder neun Cent zu haben.
Hohe Stromkosten um die 13 Cent, so geht die Erzählung weiter, gefährden Unternehmen, die viel Strom verbrauchen, wie Stahl- und Aluminiumwerke, Chemie-, Glas- und Papierfabriken oder Raffinerien.
Schon im Frühjahr hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reagiert und vorgeschlagen, betroffenen Unternehmen für 80 Prozent ihres Stromverbrauchs einen reduzierten Preis von sechs Cent pro Kilowattstunde zu gewähren.
Eine noch stärkere Reduzierung auf nur fünf Cent sah ein Mitte April vom SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Westphal vorgelegtes Konzept vor. Für zwei Jahre sollte dieser „Transformationsstrompreis“ gelten und dann evaluiert werden, schrieb der Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft der SPD-Fraktion.
Die fünf Cent finden sich auch in einem vergangene Woche von der SPD-Bundestagsfraktion beschlossenen Positionspapier für „wettbewerbsfähige Strompreise“.
Im Unterschied zu Habeck will die SPD nicht nur energieintensive Branchen unterstützen, sondern auch Hersteller von Batterien, von Wind- und Solaranlagen, Wärmepumpen und Wasserstoffelektrolyseuren sowie Unternehmen, die CO2 verwerten oder speichern.
Große Unternehmen genießen schon heute viele Privilegien
Der Vorschlag, Strom-Großverbraucher zu subventionieren, birgt etliche Probleme. Das erste: Viele große Unternehmen erfreuen sich jetzt schon einer Vielzahl von Privilegien, mit denen sie ihren Strompreis drücken, etwa geringere bis gar keine Steuern und Abgaben auf den Stromverbrauch.
Zudem werden stromintensiven Netznutzern, die 10.000 Megawattstunden Strom an mindestens 7.000 Stunden im Jahr abnehmen, bei den Netzentgelten Abschläge von bis zu 90 Prozent gewährt. 2021 zahlten durchschnittliche Haushaltskunden 75,20 Euro je Megawattstunde an Strom-Netzentgelten – die Kosten für Industriekunden lagen mit 26,70 Euro nur bei rund einem Drittel, zitiert ein jetzt erschienener Greenpeace-Report Angaben der Bundesnetzagentur.
Mit Stromlieferanten schließen Großverbraucher in der Regel Sonderverträge ab, deren Konditionen strengstes Geschäftsgeheimnis sind. Auch haben energieintensive Betriebe oft eigene Kraftwerke, deren preisliche Kalkulation kaum bekannt ist.
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Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!