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Depositphotos | petovarga

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Mit Recy-Commerce entsteht ein neues Geschäftsmodell

Mehr Recycling ist machbar und gefordert. Aber nicht mit den althergebrachten Strukturen, denn deren Recyclingquoten liegen weit hinter den im kommenden Jahr geltenden EU-Forderungen zurück.

Die Chance, die Anforderungen zu erfüllen und den Ruf als „Recyclingweltmeister“ zu sichern, bietet die aktuelle Novelle der Bundesregierung zum Elektroaltgerätegesetz. Hierin liegt – fast versteckt – der Weg zu einem neuen Geschäftsmodell, das den Anreiz zu hochwertigem Recycling deutlich erhöht.

Jeder Bundesbürger produziert gut 23 kg Elektro- und Elektronikschrott pro Jahr. Damit liegt Deutschland in der Weltspitze des Pro-Kopf-Aufkommens. Nur Amerikaner und Australier produzieren noch mehr von den teilweise gefährlichen und gleichzeitig wegen ihres Rohstoffgehaltes auch wertvollen Abfällen. Mit den bisherigen, rein kommunalen Sammelstrukturen sind die von der EU geforderten Recyclingquoten nicht zu schaffen. Dem bestehenden deutschen System mangelt es an Effizienz. Während in Norwegen und Schweden regelmäßig bis zu 20 kg pro Einwohner und Jahr recycelt werden, schafft das deutsche System nicht einmal die Hälfte dieser Menge. Es darf also nicht verwundern, wenn der Gesetzgeber nach nordischem Vorbild nun auch den Handel in die Rücknahmeverpflichtung einbezieht.

So ist schon in neun Monaten neben dem stationären auch der Onlinehandel verpflichtet, Elektroaltgeräte von seinen Kunden zurückzunehmen. Und zwar kostenlos, soweit nicht die Abholung des Altgerätes am Haushalt vereinbart wird. Eine Aufgabe, auf die viele Onlinehändler noch gar nicht vorbereitet sind.

Nach E-Commerce und Re-Commerce eröffnet ihnen der Gesetzgeber aber ein neues Geschäftsmodell, das Recy-Commerce, eine Wortschöpfung aus Recycling und E-Commerce. Während beim Re-Commerce noch die Beibehaltung oder Wiederherstellung der Produkteigenschaft zum Weiterverkauf im Vordergrund steht, ist das Ziel beim Recy-Commerce die Komponenten- oder Rohstoff-Rückgewinnung. Dabei bietet das Internet über spezialisierte Onlineplattformen zur Inzahlungnahme von Elektroschrotten die Chance, artikelgenau ausgemusterte Produkte und die darin gebundenen Rohstoffe für das Recycling zu erschließen. Technisch nach dem Vorbild der erfolgreichen Re-Commerce Plattformen wie Rebuy oder Momox. Qualitativ kann da die gemischte Erfassung auf kommunalen Wertstoffhöfen nicht mithalten.

Ein Schlüssel zum Erfolg für höhere Sammel- und Recyclingquoten: Kunden für die Rücksendungen von Elektroaltgeräten belohnen, oder einfacher: Aufräumen und Geld verdienen. Das ist sehr häufig die Motivation zum Verkauf gebrauchter Waren im Internet. Zu diesem Ergebnis kam die Sempora Re-Commerce Studie mit dem Titel „Alt ist das zukünftige Neu: Der Markt für gebrauchte Ware boomt“ schon im Jahr 2012. Das gilt heute für Elektroschrott genauso. Fast jeder zehnte Euro wird aktuell schon im Internet ausgegeben und im Bereich der Consumer-Elektronik wird mittlerweile fast jedes fünfte Gerät im Internet gekauft.

Und dahin könnten sie auch zurückgehen. Laut einer aktuellen Befragung der Suchmaschine für digitales Sparen deals.com in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Ispsos aus dem Mai diesen Jahres, würden sechzig Prozent der gut Tausend Befragten von entsprechenden Rücknahmeangeboten des Onlinehandels Gebrauch machen. Recy-Commerce, der noch fehlende Baustein im Internethandel, wird sich als Geschäftsmodell etablieren und die Wertschöpfungskette am Produktlebensende schließen. Spätestens dann, wenn die Rohstoffwerte der Elektroschrotte die Logistikkosten der Rücksendungen übersteigen. In Anbetracht der sich verknappenden Rohstoffe dürfte das schon bald der Fall sein.

Quelle

Clover Consulting GmbH & Co.KG | Stefan R. Munz (Partner) 2015

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