Photovoltaik: Kosten senken statt Ausbauziele kürzen
10-Punkte-Plan der Stiftung Klimaneutralität zur Weiterentwicklung der PV-Politik
Die Stiftung Klimaneutralität (SKN) empfiehlt eine nachhaltige Neuausrichtung der Solar-Förderung.
„So erfreulich der rasante Zuwachs an Solaranlagen in den letzten Jahren gewesen ist, er hat auch
Probleme geschaffen, die dringend gelöst werden müssen. Der weitere Ausbau der Photovoltaik
muss kosteneffizient, sozial gerecht und netzdienlich gesteuert werden“, fordert Rainer Baake, Di-
rektor der Stiftung. Zugleich kritisierte er die Absicht von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Rei-
che, die Ausbauziele für Photovoltaik zu senken: „Nicht die Ausbauziele müssen gekürzt werden,
sondern die Kosten!“
Photovoltaik (PV) ist die günstigste Form der Stromerzeugung. Jede zusätzliche PV-Anlage verdrängt
fossile Energieerzeugung, senkt unsere Importabhängigkeit und vermeidet CO2. „Die gesetzlich fest-
gelegten Ausbauziele bleiben deshalb richtig. Sie können aber zu geringeren Kosten erreicht werden“,
so Baake. Wichtig sei außerdem eine gerechtere Verteilung der Netzkosten zwischen Stromkunden mit
und ohne PV-Eigenerzeugung durch zeitvariable Netzentgelte. Zudem müsse eine aktive Steuerung der
Anlagen konsequent durchgesetzt werden, damit Risiken für die Netzstabilität gar nicht erst entstehen
und negative Strompreise zu Lasten des EEG-Kontos vermieden werden.
In ihrem 10-Punkt-Plan schlägt die Stiftung Klimaneutralität zunächst vor, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte Zielvorgabe für Freiflächenanlagen von 50 auf 65 Prozent des PV-Ausbaus zu erhöhen. Durch eine stärkere Ausrichtung auf Freiflächen und die Fokussierung der Gebäude-PV auf Neubauten und ohnehin geplante Sanierungsvorhaben könnten die Erzeugungskosten des Ausbaus um rund ein Viertel gesenkt werden. Der Grund: Die Kosten für Freiflächen-PV sind signifikant
geringer als die Kosten von Gebäude-PV. Während die Investitionskosten von Freiflächen-PV heute bei etwa 450 EUR je Kilowattstunde liegen, fallen für die Installation auf bestehenden Gebäuden 700 bis 1500 EUR je Kilowattstunde an, also etwa eineinhalb bis dreimal so viel.
Die Kosten ließen sich mit einem noch höheren Anteil von Freiflächenanlagen weiter senken, so die
Experten der Stiftung Klimaneutralität. Sie empfehlen jedoch einen ausgewogenen Ansatz, der auch
gewichtige Aspekte wie Flächenverbrauch, Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern an der Energie-
wende und Reduktion von Netzkosten durch den Ausbau der PV in urbanen Gegenden berücksichtigt.
Als weitere Maßnahme zur Kostensenkung schlägt die Stiftung Klimaneutralität vor, die Ausschrei-
bungsmengen für PV-Freiflächenanlagen auf 14 GW pro Jahr anzuheben. Dadurch werde der PV-Aus-
bau insgesamt kostengünstiger. Zudem solle die Einspeisevergütung für PV kurzfristig auf 10 ct/kWh
gedeckelt und bis 2030 stufenweise auf 7 ct/kWh abgesenkt werden. Baake: „Die langfristig planbare
Herabsetzung der Vergütung setzt der mittelständisch geprägten Branche der Anlagenbauer Anreize
zur Kostensenkung. Damit sinkt auch der Förderbedarf.“
Darüber hinaus empfiehlt die Stiftung Klimaneutralität, die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie zu
nutzen, um PV-Anlagen im Neubau und bei Sanierungen zum Standard zu machen. Die EU-Gebäude-
richtlinie, die bis Mai 2026 in nationales Recht umzusetzen ist, enthält eine PV-Pflicht für öffentliche
Gebäude, sowie für Neubauten und Sanierungen. Durch eine standardisierte Integration in Planungs-
und Bauprozesse könnten die PV-Kosten signifikant gesenkt werden. Dabei solle es Ausnahmen für
nachweislich unwirtschaftliche Installationen geben.
Weitere Vorschläge der SKN:
- Wirkung der Direktvermarktung stärken und auf kleine PV-Anlagen (>2 kW) ausweiten.
Direktvermarkter sollen ihre Vertragspartner in Zukunft über den finanziellen Schaden eines Wei-
terbetriebs bei negativen Preisen unverzüglich informieren. Bis 2030 soll die Grenze für die Direkt-
vermarktungspflicht für neue Anlagen gestuft gesenkt werden. So könne ein marktdienliches Ver-
halten der Einspeiser, insbesondere eine zeitliche Verschiebung der Einspeisung mit Hilfe von Bat-
terien oder Abregelung in Zeiten negativer Strompreise, unterstützt werden. - Anreize für einen Wechsel in die Direktvermarktung beschleunigen.
Durch das im Solarpaket angelegte sogenannte „Pauschalmodell“ erhalten PV-Bestandsanlagen
mit Speicher einen Anreiz, in die Direktvermarktung zu wechseln. Doch eine massentaugliche Um-
setzung erfordert Festlegungen der Bundesnetzagentur und ist damit nach aktuellen Plänen frü-
hestens im April 2027 anwendbar. Die erforderliche Arbeit der BNetzA und der Verteilnetzbetrei-
ber sollte beschleunigt werden, so dass eine massentaugliche Umsetzung bereits im April 2026
ermöglicht wird. - Barrieren für netzdienliches Verhalten beseitigen.
Zeitvariable Netzentgelte sollen für alle Stromkunden mit PV-Anlagen, Wärmepumpen oder Elek-
trofahrzeugen bis 2028 ganzjährig und verpflichtend eingeführt werden. Hierdurch würden Kun-
den gezielt Anreize für einen dem Verteilnetz dienlichen Stromverbrauch erhalten. Zeitvariable
Netzentgelte für Eigenerzeuger minderten zudem in vielen Netzgebieten unerwünschte Vertei-
lungseffekte der Netzkosten zwischen Konsumenten mit und ohne PV-Eigenerzeugung. - Smart Meter Rollout durch einklagbaren Rechtsanspruch und pauschalierte Entschädigungsre-
gelung beschleunigen.
Es soll ein mit Fristen konkretisierter Rechtsanspruch für alle Netzkunden zum Einbau von Smart
Metern eingeführt werden. Smart Meter sind die zentrale Voraussetzung für die Digitalisierung
und Flexibilisierung kleiner Stromverbraucher. Werden die Fristen vom zuständigen Messstellen-
betreibern nicht eingehalten, solle der Netzkunde einen pauschalierten Mindestschadensersatz
erhalten. - Digitales Netzmonitoring und Steuerungsfähigkeit von PV-Anlagen durch Verteilnetzbetreiber
sicherstellen.
Verteilnetzbetreiber sollen verpflichtet werden, ab 2028 einen jährlichen Nachweis der Steuerfä-
higkeit von PV-Anlagen auf Basis von Echtzeitmonitoring ihres Netzes zu erbringen. Eine Nicht-
Erfüllung dieser Verpflichtung solle automatisch zu entrichtende Strafzahlungen zu Folge haben. - Anschlussverfahren für Großbatteriespeicher maximal beschleunigen.
Batteriespeicher sollen aus dem Anwendungsbereich der Kraftwerksnetzanschlussverordnung
(KraftNAV) explizit herausgenommen und damit das bisherige „Windhundverfahren“ abgeschafft
werden. Es soll vom Gesetz- und Verordnungsgeber oder der Bundesnetzagentur ein neues regel-
basiertes Reservierungsverfahren eingeführt werden, mit dem schnell zu verwirklichende Projekte
priorisiert und die Anschlusskapazitäten maximal genutzt werden. Kommerziellen Großbatterie-
speichern jenseits von Netzengpässen soll das Laden in Zeiten von Redispatch untersagt werden.
- Die Politikempfehlungen der Stiftung Klimaneutralität zur Neuausrichtung der PV-Politik mit ausführ-
lichen Begründungen stehen unter diesem Link zum kostenlosen Download zur Verfügung.