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Depositphotos.cm | Vadyuhin | Windrad Rückbau

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Rückbau und Recycling von Windgeneratoren

Es ist eine Gretchenfrage in der Windenergienutzung: Was machen wir mit ausgemusterten Rotorblättern?

Die Entsorgung und das Recycling der riesigen Bauteile aus Verbundstoffen stellen noch immer eine problematische Aufgabe dar. In einem aktualisierten Papier des Bundesverbandes Windenergie (BWE) zu Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen räumt der Verband ein, dass die Verwertung von Verbundmaterialien der Rotorblätter weiterhin eine Herausforderung dar. Glasfaserverstärkte Kunststoffe aus Rotorblätterkönnten derzeit thermisch verwertet, also verbrannt, werden oder als Silikatsubstitut in der Zementindustrie Verwendung finden. Die Verwertung von karbonfaserverstärkten Kunststoffen ist hingegen problematischer – nur wenige Unternehmen befassen sich damit, weitere Forschung sei nötig, schreibt der BWE.

Das angeblich mangelhafte Recycling von Windenergieanlagen (WEA) wird immer häufiger als Argument gegen den Ausbau der Windenergie in Stellung gebracht. Dabei wird auf vermeintlich schädliche Umweltauswirkungen bei der Herstellung und Ressourcenverwendung abgestellt. Mittlerweile sind jedoch zwischen 80 und 90 Prozent der Gesamtmasse einer WEA in etablierten Recyclingkreisläufen verwertbar. Mit Bestandteilen aus Stahl und anderen Metallen werden sogar Primärrohstoffe eingespart und weniger Energie für die Aufbereitung als die Neuherstellung verwendet.

Die gesamte Branche ist sich der Verantwortung bewusst und nimmt diese wahr. Bei der Verwertung von Rotorblättern gibt es die größte Herausforderung, da hier oft nur eine thermische Verwertung in Frage kommt. Die Hersteller arbeiten allesamt an komplett recyclingfähigen Lösungen für die Zukunft. Für bereits verbaute Rotorblätter bestehen verschiedene Forschungsvorhaben, um eine echte Weiterverwendung verbauter Bestandteile zu erreichen. Auch wenn durch die Windenergie an Land bei weitem nicht die meisten Abfälle im Bereich der glasfaser- und kohlenstoffverstärkten Kunststoffe produziert werden, wird hier an einer Verbesserung der Entsorgungssituation gearbeitet.
Internationale oder mindestens europäische Standards für das Recycling können helfen, ein einheitliches Vorgehen zu stärken. Dabei ist es besonders wichtig, nicht auf einseitige nationale Regeln zu setzen, da diese spezifischen Anforderungen für den deutschen Markt verursachen würden und somit weiteren Aufwand für die Hersteller bedeuten würden. Europäische Rahmensetzungen sind hingegen geeignet, eine stärkere Berücksichtigung des Recyclingaspekts in allen Mitgliedsstaaten zu stärken. Für die Hersteller würde damit ein einheitlicher Markt gesichert, auf dem sich Skaleneffekte stärker realisieren lassen.
Das vorliegende Informationspapier bildet den aktuellen Stand der Technik ab und verweist auf Forschungsvorhaben und Wege zur Verbesserung des Recyclings insgesamt.

Eine moderne WEA besteht aus vielen Bestandteilen, welche sich hauptsächlich in mineralische und metallische Komponenten sowie in verschiedene Kunststoffarten unterteilen lassen. Größtenteils setzt sich das Gewicht einer markttypischen Anlage wie folgt zusammen:

  • Anlagen mit Betonturm zu ca. 80 bis 90 Prozent aus Beton2 (Turm und Fundament)
  • Anlagen mit Stahlturm zu ca. 20 bis 25 Prozent aus Beton (Fundament)

Insgesamt spielen Stahlkomponenten mit 30 bis 35 Prozent Gewichtsanteil eine weitere wichtige Rolle bei der Anlagenkonstruktion. Neben der Verwendung im Stahlbeton im Turm findet sich das Material z.B. in der sog. Nabe, an welcher die Rotorblätter befestigt sind und im Maschinenhaus, in dem der Triebstrang mit Rotorwelle, Generator sowie ggf. das Getriebe untergebracht sind. Bei getriebelosen Anlagenkonstruktionen ist kein Getriebe verbaut, der Generator jedoch deutlich größer.

Die Rotorblätter selbst sind in der Regel aus modernen Faserverbundstoffen gefertigt, die regelmäßig auch in Flugzeugen, Zügen oder Autos verbaut werden. Zudem werden Boote aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) hergestellt.

Besonders zwei Verbundstoffarten finden in WEA Verwendung: GFK sowie in deutlich geringerem Maße kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK). Bei der Produktion werden die einzelnen Fasern (Glas- oder Kohlenstofffaser) in eine sog. Matrix, in der Regel aus duroplastischen Kunststoffharzen wie z.B. Epoxid-, Polyester-, Vinylester- oder einem Polyurethanharz, eingebettet. Die Blattschale selbst ist zudem in sog. Sandwichbauweise konstruiert. Ähnlich einer Fachwerkkonstruktion garantiert die Sandwichbauweise bei geringem Gewicht eine gleichzeitig hohe Steifigkeit. Solche Sandwichmaterialen können Balsaholz oder Kunststoffschäume aus beispielsweise Polyvinylchlorid (PVC) sein. Seit kurzem sind recycelte PET-Sandwichmaterialien verfügbar, die jedoch bei den aktuell zu entsorgenden Anlagen keine Rolle spielen.
Kabelstränge, elektrische Leitungen aus Kupfer, Verkleidungen aus Aluminium oder Gfk stellen einen nur geringen Anteil am Gesamtgewicht einer WEA dar, sind aber im Recyclingprozess wegen ihrer hohen Rohstoffwertigkeit von Bedeutung. Darüber hinaus werden weitere Kupferbauteile im Generator, Transformator und Umrichter verbaut.

In nur geringem Anteil findet sich PVC in einer WEA. Anwendung findet es als Grundstoff für Rohre, als Isoliermaterial für Elektrokabel oder auch im „Sandwich-Kern“ der Rotorblätter in Form von PVC-Schaum.
Zuletzt kommt den Betriebsflüssigkeiten eine wichtige Funktion zu. Hier sind vor allem Öle und Schmierstoffe sowie Hydraulikflüssigkeiten zu nennen, welche den reibungslosen Ablauf der Anlage garantieren und im Rahmen des Rückbaus sachgerecht entsorgt werden müssen. In geringen Mengen sind bei einigen wenigen Anlagen auch glycolhaltige Flüssigkeiten im Kühlkreislauf der Betriebsaggregate enthalten.

Der Rückbau einer WEA läuft in mehreren Einzelschritten ab. Die Rotorblätter werden an der Baustelle unter Schutzmaßnahmen (temporäre Einhausungen und Filtermatten auf dem Boden, Wassernebel) in Einzelteile zersägt und zur weiteren Verwertung abtransportiert.

Das danach folgende Runterbrechen des Turms, sofern es sich um einen Betonturm handelt, erfolgt mit in der Abbruchbranche vorhandenen Geräten und muss sich an den örtlichen Gegebenheiten orientieren. Bei einigen WEA ist das Zerteilen des Anlagenturms in Ringsegmente möglich, die mittels eines Krans heruntergehoben werden. Voraussetzung hierfür ist eine freiliegende, nicht vergossene Abspannung der Segmente. Hierzu sind die Demontagehinweise der Hersteller zu berücksichtigen.

Ein Betonturm kann mittels Abrissbirne oder Abbruchschere abgebrochen werden, die eine effiziente und präzise Bearbeitung des Turms ermöglichen. Das Fallsprengen der Betontürme hat sich als weitere Möglichkeit beim Rückbau etabliert. Voraussetzung sind im Vorfeld durchgeführte Erschütterungsgutachten, wenn Schutzgüter (z.B. Gebäude) in der Nähe der Abbruchstelle vorkommen. Bei der Fallsprengung wird ein Keil in den Betonsockel gesprengt, um den Turm kontrolliert zu Fall zu bringen. Die Möglichkeit der Vollsprengung (Zusammenstürzten des Turms an Ort und Stelle) führt dagegen zu einer deutlich höheren Staubbelastung und wird deshalb nur sehr selten eingesetzt bzw. aus diesen Gründen überhaupt genehmigt.

Das nach dem eigentlichen Abriss freigelegte Fundament wird in der Regel durch einen Hydraulikmeißel in Einzelteile zerlegt. Unter Umständen vorhandene Pfahlgründung aus Betonrammpfählen oder gar Schüttpfählen würden bei Ihrer Entfernung zu unverhältnismäßiger Störung der Bodenstruktur führen und verbleibt daher in der Regel in den tiefen Bodenschichten. Teilweise kommt auch die Lockerungssprengung, besonders bei Fundamenttiefen von mehr als zwei Metern, als sinnvolle Option zum Einsatz.

Zur Zerlegung der Blätter sind Diamantseil- oder Kreissägen, Wasserstrahlschneider oder hydraulische Scheren geeignet. Die anfallenden GFK-Stäube und -Schlämme werden aufgefangen, in dem z.B. Filterfließe unter den Arbeitsbereichen im Vorfeld verlegt wurden und Wassernebel beim Zerteilen eingesetzt wird. Abgeschlossen wird der Rückbauprozess durch das Abtransportieren der zurückgebauten Bestandteile und der Renaturierung der umliegenden Fläche.

Einem abgeschlossenen Rückbauprozess schließt sich die Frage der Verwertung der jeweiligen Stoffe an. Im Allgemeinen werden fast 90 Prozent der zurückgebauten Bestandteile einer WEA, bezogen auf die Gesamtmasse, einem geordneten Verwertungsprozess zugeführt. Im Groben wird zwischen Zweitnutzung, stofflicher und thermischer Verwertung und der Deponierung unterschieden. Die nachfolgenden Punkte informieren über die jeweilige Verwertung der einzelnen Stoffgruppen.

Quellen:

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „SOLARIFY“ 2023 verfasst! 

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