Shell greift nach Ökostromanbieter Lichtblick
Der niederländische Energieversorger Eneco wird privatisiert. Betroffen von dem Verkauf sind auch Beteiligungen und Tochterunternehmen in Deutschland, beispielsweise Lichtblick, Next Kraftwerke und Thermondo. Zum Kreis der Eneco-Interessenten gehört Shell.
Bislang ist der niederländische Versorger Eneco, der konsequent auf nachhaltige Energie setzt, in der Hand von 53 Städten und Gemeinden. Im Dezember 2018 haben sich die Gesellschafter darauf geeinigt, das Unternehmen zu privatisieren – sie sind optimistisch, den Verkauf im Laufe des Jahres 2019 abwickeln zu können. Spätestens 2020 soll Eneco in neuer Hand sein. Bei dieser neuen Hand könnte es sich um den niederländischen Mineralöl- und Erdgaskonzern Shell handeln. Dieser hat gemeinsam mit dem niederländischen Pensionsfonds PGGM in einem offenen Schreiben bekräftigt, mit den Anteilseignern, dem Aufsichtsrat und dem Management Gespräche über eine mögliche Übernahme aufnehmen zu wollen.
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint: Eine niederländische Angelegenheit wäre dieser Deal nicht. Fast zeitgleich mit dem Entschluss zur Privatisierung hat Eneco seine Beteiligung an Lichtblick aufgestockt und den deutschen Ökostromanbieter zu seiner 100-prozentigen Tochtergesellschaft gemacht. Eneco und Lichtblick arbeiten beim Energiehandel zusammen und entwickeln außerdem gemeinsam digitale Lösungen im Bereich Smart Home, Batterien und Elektromobilität. Außerdem hält Eneco in Deutschland Anteile an Next Kraftwerke, dem Betreiber eines der größten virtuellen Kraftwerke in Europa, sowie an dem Berliner Start-up Thermondo, einem Wärmeanbieter.
„Mit ihren Wurzeln in der niederländischen Gesellschaft verstehen sowohl PGGM als auch Shell die einzigartige Position von Eneco, wenn es um die Herausforderungen und Chancen der Energiewende geht“, schreiben Shell und PGGM, die sich als Konsortium für die Eneco-Übernahme interessieren: „Die Energiewende bietet gute Möglichkeiten für langfristige Investitionen in eine nachhaltigere Wirtschaft, und wir glauben, dass Eneco eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung der gemeinsamen Ambitionen des Konsortiums spielen kann.“ Das Geschäft von Eneco passe perfekt zu den Aktivitäten und Ambitionen von Shells Geschäftsbereich New Energies – im Februar hatte Shell beispielsweise die Übernahme des Allgäuer Speicherspezialisten Sonnen mitgeteilt. Und PGGM betrachte Nachhaltigkeit als einen Eckpfeiler seiner Anlagepolitik für niederländisches Rentenkapital.
Lichtblick ist trotzdem von den Shell-Ambitionen wenig begeistert. Zwar wird noch eine Weile offen bleiben, in wessen Hand Eneco tatsächlich übergehen wird – zum Kreis der Interessenten gehören neben Shell und anderen auch der französische Ölkonzern Total und der italienische Energiekonzern Enel. Aber „wenn Lichtblick jetzt von Shell übernommen wird, frisst die Revolution ihre Kinder“, sagte Lichtblick-Gründer Heiko von Tschischwitz dem Handelsblatt. 2017 sei das Unternehmen froh gewesen, mit Eneco einen passenden Partner gefunden zu haben. Wenn Eneco jetzt von einem Ölkonzern geschluckt werde, würde sich das jedoch fundamental ändern. „Das empfände ich schon als sehr bitter“, zitiert das Blatt von Tschischwitz.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion
„pv-magazine“ (Petra Hannen) 2019 verfasst
– der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Petra Hannen 2019 weiterverbreitet
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