Solares Heizen im Mehrfamilienhaus immer lukrativer
Mit großen Solarwärmeanlagen lassen sich in Mehrfamilienhäusern und Geschosswohnungsbauten beträchtliche Energiekosten einsparen.
Mit der hohen Förderung im Marktanreizprogramm können die Anlagen preislich mit anderen Heizsystemen mithalten. Zugleich bieten sie langfristig niedrige, kalkulierbare Energiekosten und sie schützen das Klima.
Je größer eine Solarthermieanlage ist, desto wirtschaftlicher ist sie. Denn dem Prinzip der Skalierung entsprechend sinken die Kosten mit steigender Anlagengröße. Nimmt man die lukrative Förderung im Marktanreizprogramm für Solarwärmeanlagen, die mindestens 50 Prozent des Wärmebedarfs im Gebäude solar decken, noch dazu, so ergeben sich Wärmekosten, die große Solarthermieanlagen in Mehrfamilienhäusern und Geschosswohnungsbauten konkurrenzfähig und lukrativ machen. Dies zeigen zwei Projektbeispiele von Mitgliedern des Sonnenhaus-Instituts, einem international tätigen Kompetenznetzwerk für Sonnenhäuser und solares Bauen.
Niedrigere Heizkosten als bei Wärmepumpensystem
KHB-Creativ Wohnbau errichtet gerade in Obersulm im Landkreis Heilbronn ein Mehrfamilienhaus (KfW-Effizienzhaus-Standard 55) mit sechs Wohnungen und 520 Quadratmeter Wohnfläche. 75 Quadratmeter Solarkollektoren werden die Hälfte des Wärmebedarfs für die Raumheizung und die Warmwasserbereitung solar erzeugen. Die Solarkollektoren werden auf dem Dach und an der Fassade montiert. Der Pufferspeicher ist knapp fünf Meter hoch und fasst 10,5 Kubikmeter Wasser. Das zeigt, dass die Größe der Wärmespeicher sinkt, je mehr Wohneinheiten solar versorgt werden. „In einem Mehrfamilienhaus wird ständig Wärme abgenommen, deshalb kann der Speicher hier kleiner dimensioniert werden“, sagt Rainer Körner, Geschäftsführer von KHB-Creativ Wohnbau. Als Zusatzheizsystem baut er einen Gas-Brennwertkessel ein.
Um die Wirtschaftlichkeit zu demonstrieren, hat Körner eine Vergleichsrechnung der Sonnenhaus-Heizung mit einer Wärmepumpenheizung erstellt. Als Kosten für die Heiztechnik mit der großen Solarheizung, Gas-Brennwertkessel und Flächenheizung hat er 96.900 Euro errechnet. Davon hat er 15.000 Euro BAFA-Förderung für die Kollektoren und 2.500 Euro Förderung für den Speicher abgezogen. Die Kosten für die Sonnenhaus-Heizung belaufen sich somit auf 79.400 Euro.
Zum Vergleich hat Körner ein Haus mit KfW Effizienzhaus-Standard 55 mit einer Wärmepumpenheizung kalkuliert. Der KfW-Standard würde eine 1,5 kW-Photovoltaikanlage erfordern, die er deshalb mitberechnet hat. Die Gesamtanlage würde 63.000 Euro kosten.
Unter Berücksichtigung der höheren Kollektorförderung ist die Sonnenhaus-Heizung also nur 16.400 Euro teurer. „Auf sechs Wohneinheiten heruntergebrochen sind die Mehrkosten aber schnell wieder erwirtschaftet“, resümiert Körner, der hier als Bauträger fungiert. Die Heizkosten für die tatsächlich eingebaute Heizung hat er mit 1,75 €/m² jährlich errechnet. Bei der Wärmepumpenheizung würden sie sich auf 5,96 €/m² jährlich belaufen.
Sonnenhaus-Wohnanlage auf ehemaligem Geflügelhof
Auch Markus Rupp, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens in Großostheim bei Aschaffenburg, setzt auf das Sonnenhaus-Konzept im Mehrfamilienhausbereich. Von den 20 von ihm gebauten Sonnenhäusern sind die meisten Mehrfamilienhäuser.
Die Wohnanlage in Großostheim veranschaulicht die Wirtschaftlichkeit. Hier hat Rupp für einen Kunden auf dem Gelände eines ehemaligen Geflügelhofs drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 16 Wohnungen gebaut. Das erste Haus ist 2013 fertig geworden, die anderen beiden 2014. Die beheizte Wohn- und Nutzfläche beträgt 1.614 Quadratmeter, sie wird zu 66 Prozent solar beheizt. Die 238 Quadratmeter Solarkollektoren sind auf zweien der drei Gebäude montiert. Überschüssige Wärme aus der Solarthermieanlage wird in einem Pufferspeicher mit 66.900 Liter Fassungsvermögen eingelagert. Er steht dort, wo früher der Futtersilo stand. Für die Trinkwasserbereitung installierte der Bauunternehmer eine Frischwasserstation und einen separaten Trinkwasserspeicher mit 1.800 Liter Inhalt.
Für die Nachheizung in sonnenarmen Zeiten hat Rupp einen Hackschnitzelkessel mit 50 Kilowatt Leistung eingebaut. Er wird aber nur selten benötigt. Im Winter 2016 / 2017 hat er gerade einmal 57 Kubikmeter Hackschnitzel verfeuert. Das entspricht für die 16 Wohneinheiten etwa € 2.000 Heizkosten im Jahr.
Finanzielle Vorteile für Mieter und Vermieter
„Die Sonnenhaus-Heizung ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich“, betont Rupp. Die Mieter der Wohnanlage profitieren von einer „Heizflatrate“. Sie zahlen je nach Größe ihrer Wohnung zwischen 8,50 und 9,30 Euro je Quadratmeter Miete warm. Das ist in dem Ortsteil 1,20 Euro/Quadratmeter mehr als bei anderen Neubauten. Doch dafür sind die Heizkosten gleich inklusive. Die Mieter profitieren somit von geringen Nebenkosten, der Vermieter erwirtschaftet mit dem Solar-Biomasse-Heizsystem jedes Jahr einen Überschuss von 12.000 Euro.
Für Genossenschaften bietet sich das Sonnenhaus-Konzept ebenfalls an, da sie bestrebt sind, ihren Mitgliedern erschwinglichen Wohnraum mit bezahlbaren Nebenkosten zu bieten. Hier hat die gemeinnützige Baugenossenschaft Selbsthilfe Salzachkreis im bayerischen Laufen bereits Erfahrungen gesammelt. 2009 waren die ersten beiden solar beheizten Mehrfamilienhäuser bezugsfertig.
Aufgrund des guten Erfolgs beschloss die Genossenschaft, zwei weitere zu bauen. Seit Mai dieses Jahres sind sie bezugsfertig. Das Herzstück der Wärmeversorgung sind 320 Quadratmeter Kollektorfläche. Wärme, die nicht direkt verbraucht werden kann, wird in zwei Speichern mit einem Volumen von jeweils 82.000 Kubikmetern vorgehalten. Zusätzlich zu der Solarheizung werden die beiden Gebäude an ein bestehendes Nahwärmenetz mit einer Heizzentrale für Holzhackgut angeschlossen.
Die baulichen Voraussetzungen für das Sonnenhaus-Konzept in größeren Immobilien sind die gleichen wie bei Einfamilienhäusern. Das gut gedämmte Gebäude sollte nach Süden orientiert sein, das Grundstück sollte im Winter verschattungsfrei sein, und die Solarkollektoren sollten möglichst steil montiert werden können, um die dann tief stehende Wintersonne gut auszunutzen. Reicht die Dachneigung nicht aus, sind auch Fassadenkollektoren möglich. Da die Warmwasserbereitung einen Großteil des Heizbedarfs ausmacht, bietet es sich an, die Bäder eng am Speicher zu platzieren, so dass die bei Speichern immer anfallenden Wärmeverluste den Bädern zugute kommen.
Hohe BAFA-Förderung
Künftige Energiekosten-Einsparungen durch Solarwärme sind ein finanzieller Vorteil der Sonnenhaus-Heizung. Bauherren profitieren aber auch von staatlichen Anreizen. So gibt es im Marktanreizprogramm (MAP) hohe Zuschüsse für Sonnenhaus-Heizungen. Für Bauherren ist die „Innovationsförderung“ im MAP besonders interessant. Diese gibt es für Solarwärmeanlagen in Gebäuden mit drei und mehr Wohneinheiten sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei letzteren muss der solare Deckungsgrad mindestens 50 Prozent betragen und die Dämmung KfW-Effizienzhaus-Standard 55 entsprechen. Bei Neubauten gibt es für heizungsunterstützende Solarthermieanlagen mit 20 bis 100 Quadratmeter Kollektoren einen Zuschuss von 150 €/m². Im Gebäudebestand gibt es 200 €/m².
Alternativ zur größenabhängigen Innovationsförderung, bei welcher der Zuschuss nach der Kollektorfläche berechnet wird, gibt es die Variante „Ertragsförderung“. Sie soll dazu motivieren, leistungsstarke Kollektoren zu nutzen. Im Neubau ist die Ertragsförderung in der Regel die attraktivere Variante. Dies konnte Rainer Körner bei seinem Bauprojekt in Obersulm mit 75 Quadratmeter Solarkollektoren feststellen. Über die größenabhängige Förderung hätte er 150 €/m² Kollektorfläche BAFA-Zuschuss erhalten. Der Bauunternehmer hat sich aber für die Ertragsförderung entschieden und deshalb für die Kollektorfläche einen Zuschuss von 15.000 € bekommen. Das entspricht 200 €/m² bzw. 33 Prozent mehr, als es bei der größenabhängigen Förderung der Fall gewesen wäre. Rund die Hälfte der Kosten für die Solarthermie-Anlagen konnte er somit mit der BAFA-Förderung abdecken.
„Bauherren sind gut beraten, wenn sie diese Förderung nutzen. Zusammen mit günstigen KfW-Krediten, Tilgungszuschüssen und niedrigen Bauzinsen können sie kostensparend ökologisch bauen und sich langfristig niedrige und kalkulierbare Energiekosten sichern“, resümiert Rainer Körner.