Sonnenspeicher- statt Nachtspeicherheizungen
Die Stadtwerke Wunsiedel und der Hersteller Glen Dimplex haben ein System vorgestellt, mit dem sie die Integration fluktuierender Photovoltaik- und Winkraft-Anlagen verbessern wollen.
In einem Netzversuch werden die Nachtspeicherheizungen ersetzt und umfunktioniert. Nachtspeicherheizungen sind nicht gerade ein Sinnbild für die moderne Energiewelt. Streicht man das „Nacht“ und ersetzt es durch „Wärme“, sieht das nach Ansicht von Marco Krasser, Geschäftsführer der Stadtwerke Wunsiedel ganz anders aus. Er hat das ein Wohnlabor eröffnet, das zeigen soll, wie die Wärmespeicherheizungen, also Stromheizungen, der Energiewende dienen können.
Die Stadtwerke wollen – gefördert vom der bayerischen Landesregierung – testen, wie sie einerseits zentral die Heizgeräte so an- und ausschalten können, dass die schwankende Einspeisung von Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen besser ins Netz integriert werden kann, und andererseits die Bewohner keine Komforteinbußen haben. Meist wird über Wärmepumpen oder eventuell Heizstäbe diskutiert, die Warmwasserspeichern von Zentralheizungen heizen, wenn die Sprache auf Power-to-Heat kommt. Direkte Stromheizungen wie in Wunsiedel, bei denen die Wärme direkt mit Strom im Heizkörper erzeugt und dort gespeichert wird, sind eigentlich viel ineffizienter. Trotzdem wird es sie „in 30 Jahren immer noch geben“, sagt Krasser.
Markt mit vier Millionen Geräten
Grund dafür ist, dass es viele Bestandswohnungen mit Nachtspeicherheizungen gibt. „Rund 1,4 Millionen Anlage mit ungefähr vier Millionen Einzelspeicherungsgeräte“, sagt Ewald Beckstein, „mit über vier Terawattstunden Speicherkapazität“. Das entspricht der Kapazität von vielen Millionen Home-Batteriespeichern. Beckstein ist Entwicklungsleiter für elektrische Heizgeräte bei dem Hersteller Glen Dimplex, der die Stromheizungen und die Regelung in Wunsiedel geliefert hat. Es stehe oft nicht zur Wahl, die Geräte gegen eine Zentralheizung zu tauchen, sagt er. Dafür müsse aufwendig das ganze Haus saniert werden. Ziehen nur einzelne Mieter aus, sei die sinnvollste Möglichkeit, die alte Nachtspeicherheizung gegen eine neue Stromheizung auszutauschen.
Das Prinzip der neuen Stromheizungen ist das gleiche wie das der alten Nachtspeicherheizungen. Beckstein sagt, die neuen sähen besser und moderner aus und könnten die Wärme besser halten. Die Bewohner können über einen Lüfter steuern, wann sie die gespeicherte Wärme nutzen, um den Raum zu heizen. Durch die Vernetzung mit der Leitstelle der Stadtwerke könne außerdem besser geregelt werden, wie viel Wärme gespeichert wird, in Abhängigkeit von Außentemperaturen und Prognosen. Dadurch seien die neuen Modelle etwa 25 Prozent effizienter als die alten.
Im Unterschied zu den alten Nachtspeicherheizungen, die einfach nachts mit Energie geladen werden, sollen die neuen Stromheizungen dann beladen werden, wenn es sinnvoll ist, Solarstrom- und Windstromerzeugung abzufangen.
Smart Home für Mieter
Der Knackpunkt ist die Steuerung und die Frage, wie sinnvoll die Geräte für die Energiewende wirklich sind. Dimplex setzt zum ersten mal ein neues System ein, das es „Smart Eco“ nennt. Es bezieht nicht nur die Raumheizung ein, sondern auch das Warmwasser und auf Wunsch zusätzliche Verbraucher, die geschaltet werden könne. Per Internet kommuniziert es mit den Stadtwerken. Beckmann sagt, es gebe zwar auch andere Modellprojekte, bei denen ähnliche Lösungen eingebaut seien. Diese seien aber oft „zusammen gebastelt“. Das Dimplex System sei viel näher an der Serienreife. Wichtig sei auch, dass die Bewohner es einfach bedienen können, zum Beispiel über Apps auf Smartphones oder Tablets. Damit bringt das System Funktionalitäten des Smart Home in Mietwohnungen.
© Glen Dimplex | Die Steuerung für Mietwhnungen erlaubt auch, einzelne Verbraucher ein- und auszuschalten. Zusätzlich regelt sie die Raum- und Wassertemperatutr und koordiniert das Beladen der Strom-Wärmespeicher mit der Leitstelle.
© Glen Dimplex | Eine Leitstelle steuert je nach Stromangebot und -nachfrage, wann die Strom-Wärmespeicherheizgeräte aufgeladen werden.
Damit ist das jetzt vorgestellte System eine Alternative zu den Smart Meter, über deren Rollout derzeit viel diskutiert wird. Wenn dieses kommt, werden Nutzer von Stromspeicherheizungen definitiv über dem Verbrauchslimit liegen, ab denen die neuen Zähler verpflichtend sind. Dann würde die Kommunikation zwischen der Smart Eco Box vermutlich über sie laufen. Bis dahin geben aber auch die jetzt eingesetzten Smart Ecos die volle Funktionalität.
Motivation für die Stadtwerke
Die Stadtwerke haben derzeit noch keinen direkten finanziellen Anreiz, solche Smart Grid Systeme auszuprobieren. Um die Netze für noch mehr erneuerbare Energien auszubauen, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder Leitungen ausbauen oder Netze intelligenter machen. In dem Beispiel des Versuchs mit den Stromheizungen ist das die Lastverschiebung, mit der die Erzeugungsspitzen der erneuerbaren Erzeuger aufgefangen werden sollen. Die Kosten für den Leitungsausbau können über die Netzumlage finanziert werden, die Kosten für „intelligentere Netze“ nicht. Auch sonst gibt es noch Hürden. Das Unbundling, also das strikte Trennen des Stadtwerke-Teils, der für die Versorgung zuständig ist, und dem Teil, der das Netz betreibt, macht solche Konzepte umzusetzen.
Im Netzgebiet von Wunsiedel sind übrigens zehn Megawatt Photovoltaikanlagen installiert, dazu acht Megawatt Windkraftanlagen und 2,4 Megawatt Biomassekraftwerke. Die Verbraucher benötigen zwischen sechs uns 16 Megawatt Leistung, je nach Jahres- und Uhrzeit. (Michael Fuhs)
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