Staatsfinanzen weniger nachhaltig als je zuvor
Das Thema Steuerpolitik nimmt wieder an Fahrt auf — doch die Debatte bleibt einseitig auf Steuererleichterungen begrenzt.
Neue Zahlen des FÖS legen nahe, dass alle Parteien vielmehr über die aktuelle Steuerstruktur diskutieren müssten. Insbesondere dank der derzeit komfortablen Haushaltslage könnte die Bundesregierung das Steuersystem auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit ausrichten.
„Das Thema Steuererleichterungen ist doch eine alte Leier — vor jeder Bundestagswahl werden dieselben Versprechungen gemacht. Stattdessen muss die nächste Bundesregierung reparieren, was durch jahrelanges Nichtstun am Steuersystem kaputtgegangen ist“, kommentiert Hans Eichel, Bundesfinanzminister a. D. und Vorsitzender des FÖS-Beirats. „Die Bundesregierung muss wieder hin zu einer gestaltenden Finanz- und Steuerpolitik, um beispielsweise ihre selbstgesteckten Ziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen“. Damit kommentiert Eichel die neue Veröffentlichung des FÖS zur gegenwärtigen Steuer- und Abgabenstruktur.
Die vorliegende Analyse für das Steueraufkommen des Jahres 2017 zeigt deutlich, dass insbesondere die Steuern und Abgaben auf Arbeit den Staatshaushalt finanzieren (63,3 %). Hingegen trägt die Besteuerung umwelt- und klimaschädlicher Aktivitäten, wie dem Abbau natürlicher Ressourcen, dem Verbrauch fossiler Energie oder dem Eintrag von Schadstoffen in Luft, Boden und Gewässer immer weniger zu den Staatsfinanzen bei (4,3 %). Damit setzt das deutsche Steuer- und Abgabensystem kaum Anreize, die Verschmutzung der Umwelt und den Verbrauch der Ressourcen zu reduzieren.
Daneben zeigt die Analyse, dass Deutschland keine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union einnimmt: Im Vergleich schneidet Deutschland mit seinem Umweltsteueranteil von weniger als 5 % unterdurchschnittlich ab und erreicht lediglich Platz 25 der EU-28-Staaten. Zur Einordnung: Die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ der Europäischen Kommission schlägt einen Richtwert von mindestens 10 % des jeweiligen nationalen Gesamtaufkommens vor. Auch die Große Koalition brachte in dieser Hinsicht keine Trendwende: Obwohl zwischenzeitlich sogar einzelne neue umweltbezogene Steuern eingeführt wurden, sinkt der Einnahmenanteil kontinuierlich.
„Mit dem Hintergrundpapier möchten wir einen Anstoß liefern für eine sinnvolle Steuer-Debatte, hin zu einer tragfähigen Steuerstruktur“, erklärt Björn Klusmann, Geschäftsführer des FÖS. Dabei nennen die Autoren konkrete Ansatzpunkte, was umweltbezogene Steuern leisten können. „Beispielsweise könnte mit einer Reform der Energiebesteuerung weitreichende, umweltschädliche Ausnahmen und Vergünstigungen abgebaut werden. Ein zentrales Element sollte ein gerechter und effektiver CO2-Preis von anfänglich 30 Euro pro Tonne sein, um den unzureichenden Emissionshandel zu ergänzen“. Weiter führt Klusmann an, dass ein Umweltsteueranteil in Höhe der von der EU empfohlenen 10 % jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 75 Mrd. Euro pro Jahr gegenüber dem Status Quo bedeuten würde.