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TU Wien | Rohstoffkarte Wien als Bestandteil einer nationalen Rohstoffstrategie – Mineralische Rohstoffe (z.B. Beton, Ziegel, Mörtel) im Wiener Gebäudepark.

© TU Wien | Rohstoffkarte Wien als Bestandteil einer nationalen Rohstoffstrategie – Mineralische Rohstoffe (z.B. Beton, Ziegel, Mörtel) im Wiener Gebäudepark.

Die Deponie ist keine Endstation

Die Rohstoffe, die wir nutzen, verbrennen oder deponieren sind nicht verloren. Ein europäisches Expertennetzwerk arbeitet an Konzepten, aus der sogenannten „Anthroposphäre“ Rohstoffe zurückzugewinnen.

Von Sand und Kies im Beton bis zu Goldkontakten im Computerchip – die Rohstoffe, die wir verwenden, sind endlich. Sie werden abgebaut, verarbeitet, genutzt und irgendwann weggeworfen. Doch je größer die Rohstoffmengen werden, die wir aus der Erde (der Geosphäre) in unseren Einflussbereich (die Anthroposphäre) verschieben, umso interessanter wird die Frage, ob nicht die Anthroposphäre selbst zur zukünftigen Rohstoffquelle wird.

Statt ausschließlich auf primäre Rohstoffquellen zu setzen und die Materialien aus der Erde zu holen, soll man in Zukunft auch anthropogene Quellen nutzen – Deponien, Halden oder auch abgerissene Gebäude. Ein europäisches Expertennetzwerk (COST Aktion), geleitet von der TU Wien, soll nun untersuchen, wie das gelingen kann. Entscheidend ist, Information über die anthropogenen Rohstoffquellen zu sammeln und aufzubereiten, damit sie in Zukunft genauso wirtschaftlich bewertet und vorausschauend beurteilt werden wie Goldminen oder Erdölfelder.

Erheben, klassifizieren, bewerten

„Für die natürlichen Rohstoffvorkommen gibt es ein gut etabliertes Berichtswesen“, sagt Ulrich Kral vom Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, TU Wien. „Jeder Minenbesitzer muss abschätzen, welche Rohstoffmenge ihm noch zur Verfügung steht, und wie viel davon auf wirtschaftlich gewinnbringende Weise abgebaut werden kann.“ Ob und wie man anthropogene Ressourcen auf ähnliche Weise klassifizieren und bewerten kann, ist bisher noch nicht geklärt. Dabei wären Richtlinien wichtig, um beurteilen zu können, ob es ökologisch und wirtschaftlich sinnvoller ist, Primärrohstoffe abzubauen, oder Sekundärrohstoffe aus nicht mehr benötigten Produkten und Gütern zurückzugewinnen.

Diese Lücke soll nun die COST Aktion „Mining the European Anthroposphere“ schließen. Die TU Wien – Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft – hat das Projekt initiiert, Ulrich Kral ist wissenschaftlicher Projektleiter, insgesamt arbeiten Forschungsteams über 20 europäischen Staaten an dem Projekt.

„Unser Hauptaugenmerk liegt auf drei Fallstudien“, erklärt Ulrich Kral. „Wir beschäftigen uns mit Ressourcen, die in Gebäuden verbaut sind, mit Mülldeponien und mit festen Rückständen aus der Müllverbrennung – drei ganz unterschiedliche anthropogene Quellen. Daher ist diese Kombination wissenschaftlich besonders interessant.“ Aus den Erfahrungen soll eine robuste Methode zur Klassifizierung von anthropogenen Rohstoffen entwickelt werden, die auf internationaler Ebene im Einklang mit den Vorgaben der Vereinten Nationen steht.

Wenn Häuser abgerissen werden, kann man allerlei wertvolles Material wiederverwenden: Gestein und Schutt kann man für andere, neue Gebäude nutzen, aber auch Bauholz, Metall oder Fensterglas lassen sich wiederverwerten. „Man kann Landkarten erstellen, aus denen ersichtlich ist, welcher Rohstoff wo in welchem Ausmaß enthalten ist“, sagt Kral. „So kann man dann zum Beispiel auf einen Blick erkennen, wo in Wien große Mengen Kupfer verbaut sind und ob damit zu rechnen ist, dass dieses Kupfer in den nächsten Jahrzehnten zurückgewonnen werden kann.“

Auch Deponien müssen keine Rohstoff-Endstation sein. Sie können wertvolle Metalle enthalten, andere Bestandteile lassen sich verbrennen, um Energie zu gewinnen. „Und selbst die Rückstände der Müllverbrennung können noch genutzt werden“, erklärt Jakob Lederer. In manchen europäischen Ländern werden sie im Straßen- und Deponiebau als Kiesersatz eingesetzt und es können noch Metalle zurückgewonnen werden.

International forschen: Das COST-Programm

Das COST-Rahmenprogramm der EU fördert die europäische Vernetzung nationaler wissenschaftlicher Forschungsprojekte. Das ist gerade für die Forschung an anthropogenen Ressourcen besonders wichtig – schließlich sollen langfristig europäische Konzepte und Regeln für den Umgang mit unseren Rohstoffen erarbeitet werden. Das COST-Programm legt nicht nur auf Internationalität besonderen Wert, sondern auch auf die Förderung der jüngeren Generation in der Forschung und auf Förderung von Frauen. Gestartet wurde das Projekt „Mining the European Anthroposphere“ im März 2016 und ist auf 4 Jahre ausgelegt.

An der TU Wien wird seit Jahren mit Erfolg an diesem Thema geforscht – das COST-Projekt geht aus dem CD-Labor „Anthropogene Ressourcen“ hervor, das unter Leitung von Johann Fellner ebenfalls am Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft angesiedelt ist.

Quelle

Technische Universität Wien 2016

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