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© Credit: DLR (CC BY-NC-ND 3.0) | Solartürme des DLR in Jülich – Die DLR-Solartürme sind eine in Europa einzigartige Großforschungsanlage. Mit ihr lassen sich auch Anlagen im industriellen Maßstab gut abbilden, was praxisnahe Forschung auch gemeinsam mit Unternehmen ermöglicht.

DLR zeigt erstmals autonomen Betrieb von Solarturmkraftwerk

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat ein Konzept entwickelt, um solarthermische Kraftwerke in Zukunft weitgehend autonom zu betreiben.

  • Das DLR hat ein Konzept entwickelt, um solarthermische Kraftwerke weitgehend autonom zu betreiben.
  • So kann Strom und Prozesswärme aus erneuerbaren Quellen mit solchen Anlagen effizienter, zuverlässiger und wirtschaftlicher erzeugt werden.
  • Das autonome System wertet konstant, schnell und zuverlässig eine sehr große Menge an Messdaten und komplexen Vorgängen aus.
  • Auf diese Weise kann die Automation in jeder Situation den jeweils optimalen Betriebszustand anfahren.
  • Schwerpunkte: Energie, Solarthermie, Prozesswärme

Erfolgreich erprobt haben die Forschenden das Konzept mit dem solaren Turmkraftwerk des DLR in Jülich. Der autonome Betrieb solcher Anlagen hat das Potenzial, sie effizienter, zuverlässiger und wirtschaftlicher zu machen.

Solarthermische Kraftwerke konzentrieren Sonnenstrahlung mit Spiegeln, sogenannten Heliostaten, auf eine kleine Fläche an einem Solarturm. Dort können Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius entstehen. Damit wird ein Wärmeträger-Medium erhitzt. Diese Wärme kann genutzt werden für industrielle Prozesse oder zur Stromerzeugung. Alternativ lässt sie sich speichern, um Wärme in Zeiten ohne Sonne, zum Beispiel nachts, bereitzustellen.

Kraftwerksbetrieb: Autonome Systeme entlastet Menschen in komplexen Situationen

„Bisher steuert man solche Kraftwerke weitgehend manuell. Anhand von Wettervorhersagen, aktueller Wetterlage, Zustand der Anlage und benötigter Leistung wird geplant, wann man sie hoch- und runterfährt und wie die Heliostaten ausgerichtet werden, um einen bestimmten Temperaturbereich zu halten“, beschreibt Projektleiterin Inga Miadowicz vom DLR-Institut für Solarforschung. Dabei gilt es, eine Vielzahl an Kontroll-, Kamera- und Messsystemen ständig im Blick zu behalten. Denn nur so kann man schnell reagieren, wenn sich die Wetterbedingungen ändern. Das ist wichtig, damit die Zieltemperatur für die Wärmeerzeugung konstant gehalten werden kann. Gleichzeitig müssen die Komponenten der Anlage vor Überhitzung bei besonders intensiver Sonneneinstrahlung oder zu schnellem Abkühlen bei Bewölkung geschützt werden.

Für den autonomen Betrieb haben die DLR-Forschenden ein Gesamtkonzept entworfen, das vier Ebenen verbindet. Dazu zählen das solarthermische Kraftwerk einschließlich aller Komponenten, umfangreiche Mess- und Kontrollsysteme in Form von Sensoren und Kameras, eine digitale Plattform, um die große Menge an Daten zu verarbeiten, alles zu vernetzen, zu visualisieren und zu überwachen und schließlich ein sogenannter intelligenter Agent. Dieser plant auf Grundlage der vorliegenden Daten den Betrieb des Kraftwerks und führt ihn selbstständig, schnell und zuverlässig durch. Das Anlagen-Personal überwacht den autonomen Betrieb nur noch und muss nicht mehr vor Ort sein. Denn grafische Oberflächen geben Einblicke in die wichtigsten Prozesse und Betriebsdaten und ermöglichen das Eingreifen aus der Ferne.

Vorteile des autonomen Kraftwerksbetriebs

Einen wichtigen Pluspunkt des autonomen Betriebs sehen die Expertinnen und Experten des DLR in der erhöhten Effizienz: „Softwarelösungen optimieren den Betrieb kontinuierlich und werten dazu umfassende Messdaten aus. So kann für jede Situation der jeweils beste Betriebszustand angefahren werden. Ein Mensch kommt angesichts der großen Datenmenge und komplexen Vorgänge schnell an seine Grenzen“, erklärt Inga Miadowicz. Außerdem erfassen eine Vielzahl von Messsystemen den Zustand aller Anlagenteile während des Betriebs sehr detailliert. Intelligente Algorithmen erkennen Fehler oder potenzielle Ausfallrisiken und regeln den Betrieb möglichst effizient und materialschonend. Das gilt nicht nur für große solarthermische Kraftwerke zur Stromerzeugung, sondern auch für kleinere Anlagen, die Prozesswärme mit hohen Temperaturen erzeugen. Letztere werden vermehrt von Unternehmen genutzt, um Wärme aus erneuerbaren Quellen verlässlich zu erzeugen. Vor allem hier bieten autonome Systeme den Vorteil, dass sich der Personaleinsatz vor Ort minimieren lässt.

Digitaler Zwilling als Voraussetzung

Damit der Kraftwerksbetrieb weitgehend autonom erfolgen kann, hat das DLR-Team zunächst die ganze Anlage digital nachgebildet und zu einem Gesamtsystem verbunden. Es beinhaltet die vielfältigen Komponenten unterschiedlicher Hersteller, die komplexen Abläufe und die jeweils wetterabhängige Umgebungssituation. „Denn nur mit solch einem ‚digitalen Zwilling‘ lassen sich die Potenziale des automatisierten Betriebs umfassend nutzen“, sagt Miadowicz. „Gleichzeitig war das eine der größten Herausforderungen im Projekt.“

Entsprechend stolz war das Team dann auch, als es im Herbst 2025 erstmals den vollständig autonomen Betrieb der Solartürme in Jülich zeigen konnte – einer in Europa einzigartigen Großforschungsanlage, die Anlagen im industriellen Maßstab gut abbilden kann. Das Kraftwerk war insgesamt 30 Stunden vollständig autonom bei unterschiedlichen Wetterbedingungen in Betrieb. Dabei konnte das DLR-Team umfassende Daten sammeln, um das autonomen Kraftwerkkonzepts zu evaluieren. lm nächsten Schritt wollen die Forscherinnen und Forscher die Effizienzgewinne messen, um das Potenzial ihres Konzepts besser beurteilen und ausbauen zu können. Die Methoden und Lösungsansätze, die das DLR für das Solarturmkraftwerk entwickelt hat, liefern zudem wertvolle Impulse, um autonome Steuerungssysteme für unterschiedliche industrielle Anwendungen voranzutreiben.

Quelle

Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) 2025 | Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

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