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Fotolia.com | MarcoGusella

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Es führt nur ein Weg nach Rom

Warum das neue Klimaschutzgesetz den Kohleausstieg bis 2030 und eine Verdreifachung der Erneuerbaren Energien nötig macht.

Wie Deutschland das neue, gesetzlich verankerte 2030-Klimaziel von minus 65 Prozent Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 erreichen kann, wird im laufenden Wahlkampf kontrovers diskutiert. Dabei ist zumindest im Stromsektor klar, was in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode angestoßen werden muss.   

Ein Vergleich der verschiedenen Szenarien (Titelbild: Nettostromerzeugung nach Energieträgern 2020 und in verschiedenen Szenarien im Einklang mit dem Klimaschutzziel von minus 65 Prozent bis 2030), die die Ziele des Europäischen Green Deals beziehungsweise des neuen Klimaschutzgesetzes als Grundlage ihrer Modellierung nehmen, zeigt: Die Gutachter:innen sind sich in mindestens zwei Punkten einig, was in den kommenden Jahren im Stromsektor passieren muss.

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Erstens: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss erheblich beschleunigt werden. Je nach Szenario braucht Deutschland zwischen 435 und bis zu 554 Terawattstunden Strom (netto) aus Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft, um das deutsche Klimaziel 2030 zu erreichen. Das entspricht knapp einer Verdopplung gegenüber 2020 (243 Terawattstunden). Dafür muss die Bundesregierung die Installationszahlen bei Windkraft und Solarenergie gegenüber dem aktuellen Niveau etwa verdreifachen, auf 5 bis 6 Gigawatt Windkraft an Land und 15 Gigawatt Solarenergie jedes Jahr.

Zweitens: Der Ausstieg aus der Kohleverstromung muss bereits bis 2030 nahezu vollständig abgeschlossen sein. In allen Szenarien sinkt die Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken auf 10 bis maximal 28 Terawattstunden ab, das entspricht zwischen ein und maximal fünf Prozent an der gesamten Netto-Stromerzeugung. Der Kohleausstieg im Stromsektor ist damit bis 2030 in allen klimagesetzkonformen Szenarien weitgehend abgeschlossen.

Nicht ganz einig sind sich die verschiedenen Gutachter:innen über die mittelfristige Rolle von Erdgas. Je nach Szenario sinkt die Erdgas-Stromerzeugung bis 2030 um 25 Terawattstunden oder steigt um bis zu 65 Terawattstunden im Vergleich zu 2020. Die Abweichung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Anteil von Erdgas am deutschen Strommix stark abhängig von den jeweils getroffenen Annahmen zur Entwicklung des Stromverbrauchs und dem Strommix in den Nachbarländern ist: Je nachdem, welche Annahmen die Szenarien über die Verfügbarkeit von günstigerem Strom aus dem Ausland treffen, variiert der Anteil von Erdgas am Strommix.

Fest steht jedoch, dass aufgrund des begrenzten CO2-Budgets und der stetig sinkenden Emissionsobergrenzen kein signifikanter Anstieg der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken zu erwarten ist. Spätestens ab Anfang der 2030er Jahre wird der Anteil von Erdgas am Strommix kontinuierlich sinken – bis er dann im Jahr 2045, dem Jahr der Klimaneutralität, bei null liegt.

Die Szenarien lassen keine Zweifel daran, wie eine wasserdichte Klimapolitik für die Energiewirtschaft aussieht: Die Bundesregierung muss sowohl die Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie verdreifachen als auch den Kohleausstieg bis 2030 sicherstellen – auch um den Regionen eine verantwortungsvolle Planung zu ermöglichen.

Hinweis: Den hier betrachteten Szenarien liegen zum Teil die Deutschen und zum Teil Europäischen Klimaschutzzielen zugrunde. Das bedeutet, dass die Szenarien dem 2030-Sektorziel der Energiewirtschaft unterschiedlich nahekommen:

  • Nach Angaben der Autor:innen wird das 2030-Sektorziel der Energiewirtschaft im Wasserstoff-Szenario der Langfristszenarien (LS_H2-G) leicht untererfüllt.
  • Im Elektrifizierungs-Szenario der Langfristszenarien (LS_Strom), im KNDE45-Szenario und im AuroraNZ-Szenario wird das Sektorziel der Energiewirtschaft erfüllt.
  • In den Szenarien enervisGD und PIKGD wird das Sektorziel der Energiewirtschaft übererfüllt.
Quelle

Agora Energiewende 2021 | Philipp Litz, Dr. Patrick Graichen

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