Migration: Nicht jeder Flüchtling will nach Europa
Seit dem Jahr 2015 ist in der öffentlichen Wahrnehmung der Eindruck entstanden, dass alle MigrantInnen und Geflohenen weltweit nach Europa kommen wollten. Doch dieser Eindruck täuscht.
Der größte Teil der weltweiten Migrationsbewegungen findet auf regionaler Ebene und häufig sogar innerhalb bestehender Grenzen statt. Dies zeigt die neue Studie von SÜDWIND, in der Migrationsbewegungen in der Demokratischen Republik Kongo und Ghana analysiert werden.
„Die Demokratische Republik Kongo (DRK) und Ghana liegen zwar beide im Tropengürtel Afrikas, doch könnten Motive und Ausprägungen von Migration unterschiedlicher kaum sein“ stellt Friedel Hütz-Adams, der Autor der Studie fest. In der DRK sind kriegerische Auseinandersetzungen die Hautantriebskraft für Migration innerhalb der Landesgrenzen. Die Wurzeln dieser Auseinandersetzungen reichen weit zurück bis in die Kolonialzeit. Aber auch seit der Unabhängigkeit des Landes hat eine Abfolge von Bürgerkriegen, Diktaturen, und neu entstehenden ethnischen Konflikten dazu geführt, dass viele Menschen immer wieder auf der Flucht sind und unter teilweise verheerenden Umständen versuchen müssen, zu überleben. Im September 2017 wurde die Zahl der Binnenflüchtlinge in der Demokratischen Republik Kongo auf 3,9 Mio. Menschen geschätzt.
Ganz anders die Migrationsbewegungen in Ghana. Dort gingen und gehen Menschen aus dem trockenen, ärmeren Norden in die südlichen Gebiete, um dort Arbeit zu suchen. Eine treibende Kraft dabei war und ist dabei die Ausweitung des Anbaus von Kakao. Die Bedingungen haben sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten aber verschlechtert, da der Kakaopreis deutlich gefallen ist. Eine Migration in den den Kakaosektor ist somit nicht mehr so attraktiv wie früher.
Die Analyse der Migrationsbewegungen zweier Länder zeigt schon die vielfältigen Facetten hinter dem Begriff »Migration«. Friedel Hütz Adams verweist darauf, dass auch die Ansatzpunkte zur Verbesserung der Situation von MigrantInnen dementsprechend unterschiedlich sind: „In der Demokratischen Republik Kongo ist internationaler Druck zur Gewährleistung von Reformen und freien Wahlen nötig. Darüber hinaus benötigt das Land dringend Unterstützung bei der Versorgung der Flüchtlinge. Für viele MigrantInnen in Ghana gegen hat der Preis von Kakao einen großen Einfluss darauf, ob sie existenzsichernde Einkommen erzielen.“
Die Ergebnisse sind damit auch ein Hinweis darauf, dass in der Diskussion über Migration sachlich und differenziert über Herausforderungen und Chancen diskutiert werden muss. Nur dann kann eine ausgewogene und an Menschenrechten orientierte Migrationspolitik entwickelt werden.
Die Studie wurde von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein Westfalen finanziert und kann hier oder über info@suedwind-institut.de bestellt werden.