Preiswerter Sonnenstrom mit Transatlantik-Kabel
Photovoltaik (PV) ist mit Abstand die global am schnellsten wachsende Technologie für Stromerzeugung, weil sie die geringsten Kosten je kWh aufweist. Allerdings schwankt die Erzeugung stark, sowohl im Tagesverlauf als auch zwischen den Jahreszeiten.
Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, Länder der nördlichen und südlichen Hemisphäre mittels Stromkabel zu verbinden, um die jahreszeitlichen Schwankungen auszugleichen. Eine solche Verbindung erscheint umso vorteilhafter, je stärker zusätzlich die Zeitzonen differieren.
- Zusammen mit Prof. Dr. Wolf Grossmann habe ich einen Vorschlag für ein Transatlantik-Kabel unterbreitet, welches die EU mit Südamerika verbindet.
Das Seekabel würde im Norden an die Stromnetze von Deutschland, Belgien und Portugal angeschlossen und im Süden an die von Brasilien, Uruguay und Argentinien. Auf diese Weise würde ein Stromhandel zwischen den Kontinenten mit einer Zeitzonendifferenz von 3 bis 4 Stunden ermöglicht.
Der Einsatz von im Meer verlegten Hochspannungsgleichstromkabeln ist in den letzten zwei Jahrzehnten exponentiell gewachsen und hat zu signifikanten Kostensenkungen geführt.
Nicht alles, was technisch machbar ist, ergibt ökonomisch Sinn. Vor diesem Hintergrund haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universität Graz eine umfangreiche ökonomische Analyse durchgeführt. Die Studie ermittelt die Kosten für flexibel abrufbare (steuerbare) Leistung, die durch eine Kombination aus Photovoltaik und Stromspeichern bereitgestellt wird.
Die Studie zeigt, dass sogenannte Dunkelflauten stark reduziert werden, wenn PV-Standorte in Nord- und Südhalbkugel zusammengeschaltet werden. Sommerliche PV-Überschüsse im Norden decken dann Winterdefizite im Süden – und umgekehrt.
Unser Vorschlag stellt keine Alternative zu dringend erforderlichen Backup-Kapazitäten für 2030 dar. Über diese sollte schnellstmöglich entschieden werden, damit sie einen zügigen Kohleausstieg ermöglichen. Ein oder mehrere Transatlantik-Kabel könnten allerdings in den 2030er und 2040er Jahren zusätzlich erforderliche Backup-Kapazitäten reduzieren oder sogar ersetzen. Die Kosten wären mindestens um den Faktor 5 kostengünstiger als mit klimaneutralem Wasserstoff betriebene Gaskraftwerke.
Photovoltaik ist heute an den meisten Orten weltweit die günstigste Form der Stromerzeugung. Für ein klimaneutrales Stromsystem bleibt jedoch die Herausforderung, dass Erzeugung und Nachfrage zeitlich auseinanderfallen – tagsüber und im Jahresverlauf. Speicher (inklusive Wasserstoff), Lastverschiebung und Netzausbau sind mögliche Lösungswege.
Unser Vorschlag eines Transatlantik-Kabels für einen Handel mit Solarstrom ergänzt diese Alternativen um eine ökonomisch und politisch interessante Variante. Die großen Vorteile entstehen aus der Verbindung von nördlicher und südlicher Erdhalbkugel und den unterschiedlichen Zeitzonen.
Im Übrigen sind Seekabel mit vertretbarem Aufwand zu reparieren. Anders als im Meer verlegte Erdgasleitungen laufen sie bei einer Durchtrennung nicht voll. Die Telekommunikationsindustrie mit ihren rund 600 interkontinentalen Seekabeln unterhält derzeit etwa 20 Schiffe, die die Kabel beständig reparieren
- Die vollständige Analyse „Combination of non-linear optimization methods for achieving rm electricity from renewables at low costs globally“ (pdf)
Quelle
Rainer Baake | Direktor der Stiftung Klimaneutralität 2025 | Wegener Center für Klima und Globalen Wandel 2025








