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Abschalten geht heute anders

Zunehmende Vernetzung und steigende Mediennutzung bestimmen den Stromverbrauch

Abschalten wird immer schwieriger. Weil zunehmend mehr Geräte jederzeit und von jedem Ort aus gesteuert werden, sind sie ständig in Bereitschaft – und wir mit ihnen. Experten sprechen von „vernetztem Bereitschaftsbetrieb“. Und das hat Folgen. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der durch den „vernetzten Bereitschaftsbetrieb“ verursachte Energieverbrauch von 2010 auf 2020 um mehr als 67 Prozent steigt. Weltweit seien laut Internationaler Energieagentur IEA bereits heute rund 14 Milliarden Geräte mit dem Netz verbunden. 2020 werden es rund 50 Milliarden sein.

Mit Blick auf den einzelnen Privathaushalt in Deutschland werde der Stromverbrauch trotz immer effizienterer Geräte daher nicht automatisch spürbar sinken, fasst Dr. Dietlinde Quack, Projektleiterin der Verbraucherplattform EcoTopTen des Öko-Instituts, die Entwicklungen zusammen. Zwar reduziere die europäische Ökodesign-Richtlinie den maximal zulässigen Leerlauf-Stromverbrauch pro Gerät auf im Schnitt 0,5 bis 1 Watt, aber dafür steige die Anzahl elektrischer Geräte in den Haushalten. Auch ließen ihre immer intensivere Nutzung und ihre Vernetzung den Stromverbrauch nicht sinken, ergänzt Florian Henle vom unabhängigen Ökoenergieversorger Polarstern. Vor allem beim Internet steigt die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer; stark getrieben durch die vielen mobilen Kommunikationsgeräte.

„Der gesamte Bereich der Informations-, Telekommunikations- und Unterhaltungsmedien wird in den nächsten zehn Jahren bis zu 35 Prozent des Stromverbrauchs privater Haushalte ausmachen“, prognostiziert er. „Um Strom zu sparen ist auch künftig das Abschalten elektrischer Geräte eine zentrale Maßnahme.“ Vor allem nachts und im Urlaub, lohne es sich, ohne dass auf Komfort verzichtet werden muss. „Mit einer Zeitschaltuhr oder einer Master-Slave-Steckdose ist das ganz einfach möglich“, sagt der Energieexperte. Um Strom zu sparen, sei es außerdem wichtig zu überlegen, ob man jedes Gerät brauche oder einige Geräte überflüssig geworden seien.

Kopf abschalten nicht vergessen

Nicht nur hinsichtlich des Stromverbrauchs auch mit Blick auf das eigene Wohlbefinden sind „Offline-Zeiten“ durchaus sinnvoll, erzählt Erholungsforscher Dr. Gerhard Blasche. Bei ständigem Surren, Piepsen, Blinken und Leuchten von elektrischen Geräten komme man nur schwer zur Ruhe, weiß Dr. Gerhard Blasche. Elektrische Geräte senden oft akustische oder optische Reize, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und gewisse Handlungen einfordern, beispielsweise das Piepsen einer fertigen Waschmaschine oder der Empfang einer Kurzmitteilung auf dem Handy. 

Sich von Verpflichtungen für eine gewisse Zeit mental zu distanzieren, sei der Schlüssel einer erfolgreichen Erholung. Und das sei auch notwendig, um die eigenen Batterien wieder aufzuladen. „Die neuen Techniken und Geräte versetzen uns in einen fast dauerhaften Bereitschaftsmodus“, sagt Dr. Gerhard Blasche. Man könne so beispielsweise nur schwer vom Job abschalten, weil man ja stets erreichbar sei. „Es ist dabei egal, ob man arbeitet oder an die Arbeit denkt – beides führt zu ähnlichen Belastungsgefühlen und -reaktionen.“ Um sich heute bewusst zu erholen, müsse man sich der vielen „fordernden Reize“ bewusst sein, um sie eindämmen zu können. „Einfach mal die Geräte ausschalten und in die Natur gehen“, das biete laut Gerhard Blasche übrigens die beste Erholung; natürlich ohne Handy in der Tasche.

* Quellen: Die Expertengespräche wurden im März/April 2015 geführt.

Quelle

Polarstern 2015

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