‹ Zurück zur Übersicht

© Sonnenseite

Den Blick nach vorne richten

Eicke R. Weber fordert, von einer überhasteten Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes abzusehen. Die Zeiten sind härter geworden für die die Photovoltaik (PV). Vor zehn Jahren noch war sie der Liebling sogar der Ölindustrie: Die meisten Ölfirmen hatten PV-Ableger, wie Mobil Solar oder BP Solar. Diese harmonische Situation dauerte an, solange die hohen Kosten von Sonnenstrom die Geschäfte der Ölfirmen und Stromlieferanten nicht gefährdeten. Ein Kommentar von Eicke R. Weber

Durch das Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) von 2002/2003 begann sich die Situation grundlegend zu ändern: Es war eine geniale Idee, durch finanziell attraktive Einspeisetarife den Aufbau einer veritablen PV-Industrie zu ermöglichen. Diese schaffte es dann, in enger Zusammenarbeit mit der PV-Forschung die viel zu hohen Kosten deutlich zu senken. Die Chance auf rentable Investitionen, zog private Mittel in unerwarteter Höhe an, allein 2011 in Deutschland etwa 25 Milliarden Euro.

Vor allem Firmen in China nutzten die von der Staatsführung für diese Schlüsseltechnologie bereitgestellten Kreditlinien zum raschen Aufbau von Kapazitäten. Diese bedienten in den vergangenen Jahren bei rasch fallenden Preisen zunehmend den kräftig wachsenden Weltmarkt: 2012 werden von global circa 30 Gigawatt (GW) nur noch circa ein Viertel, etwa sieben GW, in Deutschland installiert.

In vielen Ländern der Erde kann nun Solarenergie lukrativ zum Ersatz von fossilen Kraftwerken eingesetzt werden: Tagsüber wird der Sonnenstrom eingespeist. Auch ohne Speicher können nachts die existierenden Dieselgeneratoren oder Öl- und Gaskraftwerke – besser natürlich Hydroenergie aus Talsperren – Strom liefern und so den CO2-Ausstoß wie auch den Verbrauch fossiler Brennstoffe gewaltig senken.

Der rasche Ausbau der Produktionskapazitäten führte in den vergangenen zwei Jahren zu einer neuen Situation: Heute stehen dem Weltmarkt von ungefähr 30 GW Installationen pro Jahr eine Produktionskapazität von über 60 GW gegenüber, davon nur rund drei GW in Deutschland. Doch über die Hälfte dieser Kapazität wurde von hiesigen Anlagebauern geliefert.

Durch das Überangebot ergibt sich eine Todesspirale für Solarfirmen: Die Preise verfallen, und sinkende Kassenstände zwingen Firmen, Lagerbestände selbst zu Preisen unter Herstellungskosten zu verkaufen. Dies betrifft deutsche Solarfirmen wie auch chinesische Produzenten. Einige dieser chinesischen Produzenten werden wohl durch staatliche Kredithilfen aufgefangen. Diese Möglichkeit steht deutschen Firmen nicht offen. Dadurch ergibt sich eine unfaire Wettbewerbssituation für unsere Hersteller.

Die Frage ist nun, wie es mit dieser für eine nachhaltige Energiewirtschaft so wichtigen Technologie in Zukunft weitergeht. Die Herausforderung, zu heutigen Modulpreisen von etwa 0,50 Euro/Watt noch profitabel zu produzieren. Dies erfordert dreierlei: modernste, hocheffiziente PV-Technologien, die bei uns in den vergangenen Jahren bereits entwickelt wurden, eine hochautomatisierte Produktion und Produktionsvolumen im Gigawatt Maßstab. Derartige Fabriken werden in etwa einem Jahr nachgefragt werden. Ein Großteil der bestehenden Produktion ist einfach unwirtschaftlich.

Deutschland und Europa sollten der führende weltweite Maschinenbauer der PV bleiben. Dazu benötigen wir strategische Allianzen der Anbieterfirmen, die Angebote im Milliarden-Maßstab machen können. Wir benötigen auch eine Referenzfabrik in Europa, am liebsten in Deutschland, um diese neue Technologie auch im erforderlichen Maßstab zu demonstrieren. Doch Siemens, ein idealer Partner, um PV-Kraftwerke anzubieten, hat leider gerade seinen Rückzug aus der Solarenergie erklärt.

Das EEG wurde von Umweltminister Peter Altmaier gerade im Sommer novelliert. Jetzt schon wieder eine EEG-Novelle zu planen, vermindert das Vertrauen der Märkte, dass Deutschland sich weiterhin in der ersten Reihe dieser Zukunftstechnologie aufstellen möchte. Altmaier sollte ausdrücklich unterstützt werden, vor der Bundestagswahl nicht schon wieder ein überhastetes EEG-Änderungsgesetz durchzubringen. Die neuen Degressionsregeln der Einspeisetarife bremsen bereits jetzt den Zubau der PV in Deutschland spürbar.

Wir sollten den Blick nach vorn richten und politisch alles tun, eine Spitzenstellung in der PV-Technologie zu erhalten und so an der in den nächsten zehn bis 15 Jahren erwarteten, weiteren Verzehnfachung des globalen PV-Marktes den uns gebührenden Anteil an Wertschöpfung – und auch Arbeitsplätzen – zu erhalten.

Quelle

Eicke R. Weber 2012Der Autor ist Direktor des Fraunhofer- Instituts für Solare EnergiesystemeErstveröffentlichung „Badische Zeitung“ | 03.11.2012

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren