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Flickr | Karen Marie Straume | NVE | Staudamm Norwegen

© Flickr | Karen Marie Straume | NVE | Staudamm Norwegen | Norwegische Wasserkraft und deutsche Windräder sollen sich durch Nordlink gut ergänzen.

Deutschland legt sich Stromspeicher in Norwegen zu

Es ist die längste Seekabel-Stromverbindung der Welt: Nordlink. Über 600 Kilometer Entfernung können Deutschland und Norwegen seit Donnerstag große Mengen Ökostrom tauschen, um die schwankende Erzeugung aus Wind und Sonne besser auszugleichen.

Freunde der Energiewende haben seit heute ein Argument mehr. Ein beliebter Einwand gegen ein hundertprozentig erneuerbares Stromsystem ist, dass die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht. Eine sichere Versorgung sei deshalb nur mit großen Energiespeichern möglich – mit Batteriekaskaden, großen Wärmespeichern oder wasserstoffgefüllten Kavernen. Und solange es diese Speicher nicht gebe, könnten wir auf fossile Energie – einige sagen, auch auf Atomkraft – nicht verzichten.

Verfechter der Erneuerbaren antworten dann, dass das Zusammenspiel von Wind und Sonne schon ungefähr 80 Prozent des Strombedarfs in Deutschland abdeckt – und wenn man das Ganze europaweit organisiere und noch Wasserkraft und Biomasse hinzunehme, steige der Anteil weiter.

Bei diesem Konzept kam das europäische Stromnetz am heutigen Donnerstag einen Schritt voran. Nach drei Jahren Bauzeit und rund zwei Milliarden Euro Kosten ging gestern Nordlink in Betrieb, die derzeit längste Seekabel-Stromverbindung der Welt.

Über mehr als 600 Kilometer werden die Stromnetze Deutschlands und Norwegens direkt miteinander verbunden. Per Gleichstrom kann eine Leistung von maximal 1.400 Megawatt übertragen und ins jeweils andere Netz einspeist werden.

Das sind zwar nur zwei bis drei größere Kraftwerksblöcke – der Hauptzweck von Nordlink ist aber gar nicht, maximale Strommengen zu übertragen.

Deutsch-norwegischer Stromtausch

Die lange Leitung soll eine Besonderheit der norwegischen Stromerzeugung ausnutzen: den hohen Anteil von Wasserkraft. Übers Land verteilt verfügt Norwegen über rund 1.600 Wasserkraftwerke, die etwa 90 Prozent des dortigen Stroms erzeugen.

Norwegische Wasserkraft sei ein „idealer Partner für deutsche Wind- und Solaranlagen“, wurde gestern bei der Inbetriebnahme ein ums andere Mal betont. Funktionieren soll das so: Gibt es in Deutschland um die Mittagszeit oder bei sehr windigem Wetter gerade im Norden ein Überangebot an Ökostrom, muss davon weniger abgeregelt werden, weil der dann besonders billige Überschuss-Strom per Nordlink nach Norwegen exportiert werden kann.

Dort werden dann die Wasserkraftwerke entsprechend gedrosselt, ihre Reserven werden geschont. Auch Norwegen verspricht sich davon mehr Sicherheit – für den Fall, dass die Stauseen in regenarmen Jahren nur wenig gefüllt sind. Eine Trockenperiode vor gut zehn Jahren soll in Norwegen den Anstoß zum Bau von Nordlink gegeben haben.

In den Fällen, wo die Sonne in Deutschland nicht scheint und der Wind nicht weht, läuft es dann umgekehrt. Dann kann der Wasserkraftstrom einspringen. Deutschland hat sich auf diese Weise praktisch einen Großspeicher für Ökostrom zugelegt.

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Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! (Foto: Karen Marie Straume/​NVE/​Flickr)

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