E-Fahrzeug als Heimspeicher nutzen
Fraunhofer ISE erstellt Leitfaden zum bidirektionalen Laden. In Elektrofahrzeugen sind auf unseren Straßen Batteriespeicher mit einer Gesamtkapazität von etwa 50 Gigawattstunden unterwegs. Das ist fast das Fünffache der in Deutschland installierten stationären Batteriespeicher.
Wie die Fahrzeugbatterie als Speicher für den eigenen Haushalthalt genutzt werden kann, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE im Leitfaden »Bidirektionales Laden« untersucht. Dabei wurden verschiedene Haushaltstypen und Nutzungsmöglichkeiten betrachtet und miteinander verglichen. Das Forschungsteam untersuchte Eigenversorgungsquote und ökonomisches Potenzial sowie die technischen Anforderungen an das bidirektionale Laden. Die Studie wurde durch das Förderprogramm Sonnencent der Elektrizitätswerke Schönau ermöglicht.
Private PKW in Deutschland stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. Zumindest E-Fahrzeuge können in dieser Zeit sinnvoll zur Steuerung des Stromverbrauchs genutzt werden: Mit einer mittleren Speicherkapazität von 40 bis 100 Kilowattstunden haben sie eine rund 10-mal größere Kapazität als normale Heimspeicher. Auf deutschen Parkplätzen steht also eine Gesamtkapazität von etwa 50 GWh. In Zukunft, wenn bis zu 40 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland unterwegs sein werden, steigt diese Kapazität auf zwei Terawattstunden, etwa ein halbes Prozent des aktuellen deutschen Jahresstromverbrauchs.
Um ein E-Fahrzeug als Batterieheimspeicher nutzen zu können, muss es über bidirektionale Ladetechnik und eine geeignete Wallbox mit Stromfluss in beide Richtungen verfügen. So kann in Zeiten hoher Produktion aus der eigenen Solaranlage und gleichzeitig geringem Verbrauch der Strom in der Fahrzeugbatterie zwischengespeichert werden und abends oder nachts wieder das Haus speisen.
Anhand eines Einfamilienhauses mit Photovoltaik-Anlage und Wallbox untersuchte das Team, unter welchen Bedingungen sich die Nutzung der Fahrzeugbatterie als Speicher lohnt und wie gut dies mit einer heimischen Solaranlage abdeckbar ist. Betrachtet wurden unterschiedliche große Haushalte mit verschiedenem Nutzungsverhalten (z.B. Home-Office, Senioren, Office-Arbeitende), unterschiedliche Jahresfahrleistungen sowie verschieden große und unterschiedlich ausgerichtete PV-Anlagen. Daneben wurde das klassische unidirektionale Laden mit dem bidirektionalen verglichen.
Hohe Eigenversorgungsquote durch große PV-Anlage
Das Ergebnis: bidirektionales Laden erhöht aufgrund des erhöhten Energiebedarfs durch das E-Fahrzeug die Eigenversorgungsquote, insbesondere bei großen PV-Anlagen ab einer Größe von 10 kWp. Dies senkt in allen drei Fallbeispielen gleichzeitig die Stromkosten. Auch die Einspeisung ins öffentliche Netz oder die Nutzung als Notstromversorgung sind möglich. Erwartungsgemäß sind die Haushalts-Profile »Home-Office« und »Senior« prädestiniert für die Eigenstromnutzung. Besonders bei Haushalten mit geringer Eigenversorgung vom Typ »Office« kann mit einem bidirektionalen E-Fahrzeug (gegenüber unidirektionalem) die Eigenverbrauchs-Quote um bis zu 6 Prozentpunkte erhöht werden.
Regulatorische Rahmenbedingungen fehlen
Die für die praktische Umsetzung des bidirektionalen Ladens notwendigen Technologien und Standards können bereits weitestgehend erfüllt werden. Allerdings ist momentan nur sehr wenig bidirektionale Ladeinfrastruktur verfügbar. Aktuell mangelt es noch an der fehlenden Regulatorik, die die rechtlichen Rahmenbedingen für die Verwendung von bidirektionalem Laden festlegt.
Betrachtet man die Wirtschaftlichkeit, bietet sich nur ein marginaler Vorteil für bidirektionales Laden gegenüber unidirektionalem Laden. Eine Ursache ist hier, dass sich das Ladegerät (d.h. die Wallbox) bei der Speisung des Hauses aus dem Fahrzeug in einem niedrigen Teillastwirkungsgrad befindet. Diese Thematik ist bereits bekannt von stationären Batteriespeichern, und die Forschenden am Fraunhofer ISE gehen davon aus, dass es auch für bidirektionale Ladelösungen bald weitere technische Entwicklungen geben wird.
»Wenn es technisch gelingt, Bürger:innen nicht nur zu Produzent:innen von sauberem Strom zu machen, sondern ihre E-Fahrzeuge auch als flexible Speicher ins Energiesystem einzubinden, ist dies ein weiterer Schritt hin zu einer dezentralen Energiewende unter Beteiligung der Bürger:innen. Der Leitfaden erbringt hierzu wertvolle Erkenntnisse«, erklärt Stefanie Janssen, Leiterin des Förderprogramms Sonnencent der Elektrizitätswerke Schönau.